Marcus Scholz

17. November 2020

Es wäre wirklich leicht, heute ein weiteres Mal komplett über die Methodik des HSV zu sprechen. Zumal Frank Wettstein auf der Vereinshomepage ein interessantes Interview gegeben hat, in dem er noch einmal betont, wie vernünftig der HSV gewirtschaftet hat und wie sehr Corona alles aus den Fugen gehoben hat. „Bis zum Beginn der Pandemie waren wir mit dem Geschäftsverlauf sehr zufrieden und hatten alle unsere Prognosen übertroffen. Dem Ziel einer nachhaltigen schwarzen Null waren wir zu diesem Zeitpunkt sehr nahe“, so Wettstein via hsv.de im vereinsinternen Interview, an das man in Sachen kritischer Sichtweise keine Erwartung haben darf. Oder wie sagte mein Großvater immer: Der Veranstalter lobt immer die eigene Veranstaltung. Nein, Wettstein macht nicht mehr und nicht weniger als das, was er als Finanzvorstand machen muss: Er versucht das Positive an den Negativergebnissen maximal zu betonen und die Fehlplanungen minimal durchklingen zu lassen.  Und solange es intern kritischer zugeht, ist es hier nicht anders als bei jedem anderen großen Unternehmen.

 

Klar ist aber auch, dass der HSV nach zehn Jahren mit Minus-Bilanzen umdenken muss. Und wenn ich alles richtig verstehe, macht der HSV das gerade. Da weitere Anteilsverkäufe über 24,9 Prozent derzeit von den Mitgliedern nahezu sicher nicht positiv beschieden würden, streben die  Verantwortlichen wie schon vor zwei Jahren eine Umfirmierung der AG in eine KGaA an.  Die Diskussion über diese Rechtsform begann übrigens schon in der interimistischen Vorstandsvorsitzen-Phase Wettsteins Anfang 2018 und ist seither nicht verstummt. Wettstein in dem Interview: „Kapitalerhöhungen können nur dann durchgeführt werden, wenn der rechtliche Rahmen dies zulässt. Die aktuelle Satzung der HSV Fußball AG lässt umfangreiche Kapitalerhöhungen nicht zu und es liegt nicht in meiner Hand, dies zu ändern. Daher sind wir gut beraten, wenn wir uns weiterhin um alternative Lösungsansätze bemühen. Über allem steht immer die frühzeitige und dauerhafte Absicherung der Liquidität, um nicht alternativlose Entscheidungen bei Mitgliedern oder Kapitalgebern einzufordern.“

Beim HSV sind alle Mann wieder an Bord

Dazu muss man wissen, dass das Thema KGaA von Wettstein 2018 ebenso mit angeschoben wie nach Rücksprache mit AG-Anteilseigner Klaus Michael Kühne wieder ad acta gelegt wurde. Der Investor war damals nicht bereit, einfach so sein teuer erworbenes Stimmrecht abzugeben. Und ehrlich gesagt kann ich mir auch heute nicht vorstellen, dass Kühne dem einfach so zustimmen würde.  Nachvollziehbar! Und sollte er doch zustimmen, würden in den darauffolgenden Wochen viele Fragen danach gestellt werde, was Kühne als Gegenleistung dafür bekommt. Auch das zurecht! Aber ich vertiefe mich schon wieder viel zu sehr in diesem Thema, kommen wir lieber zurück zum Fußball, oder?

Denn heute wurde wieder auf dem Platz trainiert. Und trotz Länderspielpause war der Platz gut gefüllt. Ob alle Spieler fit sind? „Ja!“, freut sich Thioune, „es ist alles unverändert gut.“ Wobei das mit dem unverändert nicht ganz stimmt, denn auf dem Platz wurden zwei Talente gegen zwei andere U21-Talente getauscht. Jonah Fabisch (19) und Bryan Hein (19) fehlten, dafür rückten  Moritz Kwarteng (22) und Ogechika Heil (19) zu  den Profis hoch. Trainer Daniel Thioune: „Man muss auch ehrlich sein, dass weder Fabisch noch Hein jemanden überholt haben. Das ist aber die Voraussetzung.“ Und das gelte für alle – auch für Youngster, wenn sie sich besonders anbieten wollen. Leistungsprinzip eben.

 

Was sich Thioune von Heil und Kwarteng erhofft? „Sie sollen unbekümmert Fußball spielen sollen wie in den letzten Minuten gegen die Dänen. Wir haben gesagt, wir drücken von unten und ziehen von oben – und die beiden habe es sich mit guten Leistungen verdient. Beide haben ein Profil, das wir in der Form noch nicht haben. Wenn ich den Ogi Heil sehe, der einen kleinen, tiefen Schwerpunkt im Körper hat, ist das schon ein Bahn-Spieler, der vielleicht auch mal den einen oder anderen auf tiefem Geläuf ärgern kann. Und Kwartengs Stärken sind ja auch nicht ganz neu für uns.“

Auch Bakery Jatta wird am Sonntag gegen den VfL Bochum wieder eine Alternative sein, nachdem er zuletzt gegen Holstein Kiel in der Schlussphase schmerzlich vermisst worden war. Warum Thioune den pfeilschnellen Gambier nicht mitgenommen hatte? „Für den Kiel-Kader konnte er noch keine Option sein, nach den zwei Einheiten, die er mittrainiert hatte. Und ja, das Profil von ihm haben wir nicht. Im Nachgang hätten wir mit ihm ein paar mehr Möglichkeiten gehabt, auf Konter zu gehen. Allein schon durch seine Schnelligkeit. Aber ich freue mich jetzt, dass es jetzt wieder eine schwere Entscheidung wird.“ Letztgenanntes ist wirklich nicht unwichtig, angesichts der anstehenden sechs Spiele in vier Wochen. Zumal bei den nächsten drei Gegnern Bochum, Heidenheim und Hannover. „Die Aufgaben werden nicht leichter – aber vielleicht auch nicht schwerer. Die Intensität ist dauerhaft gegeben und wir haben einen großen Kader. Deshalb freuen wir uns auf die Aufgabe.“

Thioune warnt vor "Spitzenteam" VfL Bochum

Am Sonntag kommt Bochum. Ich war heute eigentlich mit Jan Gyamerah verabredet, aber er bat darum, erst nach dem Spiel gegen seine alten Kameraden zu sprechen, weil das Spiel für ihn eben doch keines ist, wie jedes andere. Und auch Thioune hatte den VfL vor der Saison als eines der Topteams auf dem Schirm. „Hätten sie gegen Fürth gewonnen, wären sie auf Platz zwei gewesen. Aufgrund der individuellen Qualität sind sie sehr, sehr hoch einzustufen. Da ist auch eine gewisse Breite im Kader, deswegen werden sie auf Strecke unter den Top-Sechs sein. Bochum will vieles fußballerisch lösen. Da muss man schon aufpassen - die können schon was.“

Stimmt. Aber der HSV muss sich nicht verstecken. Er muss allerdings einiges an Schwächen abstellen. Wie Thioune heute eingestand, muss der HSV im Umschalten von Mittelfeld auf Defensive ebenso wie bei Standards (54 Ecken, nur ein Tor)  deutlich zulegen. Aber nicht nur das. „Wir haben das Wochenende genutzt, um unsere Spiele zu analysieren. Und wir werden weiter daran arbeiten, unsere Schwächen abzustellen. Da ist auf jeden Fall noch Luft.“ Luft, die in den nächsten Einheiten – morgen wird zweimal trainiert – abgestellt werden sollen. Heute war es schon intensiv. Nach drei freien Tagen („Die  Belastung zuvor war sehr hoch, die freien Tage sind gerechtfertigt“) in Folge auch notwendig. Morgen geht es deshalb auch gleich zweimal auf den Platz. Und wir werden für Euch dabei sein!

Bis dahin!

Scholle

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