Lars Pegelow

11. Februar 2018

Das 0:2 in Dortmund war das beste der drei bisherigen Spiele unter HSV-Trainer Bernd Hollerbach. Das ist die positive Erkenntnis dieser Nullnummer, die allerdings nach der Partie auch reichlich überbetont wurde. Verteidiger Mergim Mavraj sprach von einem „Super-Auswärtsspiel“. Sportchef Jens Todt wies auf die „positive Entwicklung“ hin. Und Trainer Bernd Hollerbach fand die Partie einen Tag danach immer noch „sehr gut“ – man habe fußballerisch „viel, viel besser“ gespielt. Alles irgendwo richtig, und diese Einschätzungen sind natürlich auch nachvollziehbar. An irgendetwas musst du dich ja halten, wenn du neun Spiele in Folge in der Bundesliga nicht gewonnen hast. Tatsache bleibt aber auch, dass der HSV mit seiner chronischen Torungefährlichkeit absteigen wird, wenn sich daran nicht schnell etwas ändert.

 

Das Thema zieht sich ja nun schon seit Monaten durch, und auch Hollerbachs Vorgänger Markus Gisdol konnte die Schwäche im gegnerischen Strafraum nicht nachhaltig beheben. Obwohl der HSV die Partie über weite Strecken gut kontrollierte und im Ansatz torgefährliche Situationen erschaffen konnte, sind laut Statistik am Ende lediglich sieben Bälle auf den Kasten von Roman Bürki geflogen. Ein absolut unterdurchschnittlicher Wert, und die meisten dieser Schüsse waren dann auch noch harmlos. Da nützte es nichts, dass die Hamburger laut DFL-Statistik mehr als 124 Kilometer Laufdistanz zurückgelegt haben – über 7 Kilometer mehr als Gegner Borussia Dortmund.

Woran liegt diese wahnsinnige Abschluss-Schwäche (erst 17 Treffer in 22 Spielen)? Die bisherige Minus-Marke aus der Saison 2014/15 (25 Treffer) wackelt. Das Ganze hat mehrere Gründe. Da ist zum einen der lange Ausfall des besten Scorers der vergangenen Jahre Nicolai Müller. Am ersten Spieltag zog sich Müller beim Torjubel einen Kreuzbandriss zu. An dessen Folgen laboriert Müller heute noch, wobei Trainer Bernd Hollerbach einen Hoffnungsschimmer aufzeigte. Müller ist wieder bei der Mannschaft, absolviert Läufe und Krafttraining. „In den nächsten zwei Wochen könnte er an den Ball kommen“, sagt Hollerbach nun. „Er ist nicht besonders schwer, deswegen habe ich die Hoffnung, dass er schnell wieder fit werden könnte.“ Auf einen Zeitpunkt wollte sich Hollerbach nicht festlegen, doch seine Einschätzungen lassen den Schluss zu, dass der den „Mü“ eher als im April zurückerwartet, was bisher als Marke genannt wurde.

 

Die zwei Spieler, die eigentlich als Torjäger in vorderster Spitze geplant sind, treffen aktuell nicht. Bobby Wood ist nicht in Form. „Er hatte zuletzt sehr viele Negativerlebnisse, die an ihm nagen“, nimmt Hollerbach seinen Schützling in Schutz. „Bobby ist sehr sensibel, und bekommt seine Statistik immer wieder vorgehalten. Es fällt ihm nicht so leicht, das im Moment abzuschütteln.“ Erst ein Tor in dieser Saison sind erschreckend, da hatte sich der HSV viel mehr vorgestellt, zumal ja Woods Vertrag vor der Saison mit einer Gehaltsverdopplung bedacht wurde. Im Moment ist das vorrangige Ziel in der Aufstellung Woods, dass er Räume schafft für den zweiten Stürmer. Filip Kostic war auch gestern in Dortmund der beste Offensivspieler des HSV. Er profitiert von seiner neuen Position, kommt zu Abschlüssen und hat ja zuletzt auch zwei Treffer erzielt. Doch ein Kostic ist zu wenig.

 

Über Fiete Arp wurde in den vergangenen Tagen ausreichend gesprochen. Grippe und Abi – das ist eine harte Belastung für einen 18-Jährigen Burschen, wie talentiert er auch immer ist. Gestern in Dortmund wirkte Fiete wieder viel frischer. Bernd Hollerbach erklärte, dass man sich noch einmal hingesetzt habe, um eine bessere Koordination zwischen Schule und Fußball-Training zu erreichen. Eine Maßnahme, die bereits gegriffen hat, ist regelmäßiges individuelles Training mit Rodolfo Cardoso. „`Pelu`war ja kein ganz schlechter Offensiv-Spieler“, lächelt Hollerbach. „Er macht mit Fiete Extraschichten, Torabschlüsse und andere Sachen.“ Die HSV-Hoffnung ist, dass Arp in den nächsten Wochen wieder so in Form kommt wie im Herbst.

 

Unabhängig von einzelnen Personalien muss Hollerbach aber auch die System-Frage beantworten. Ganz zweifellos hat das von ihm nun drei Mal angewandte 3-5-2-System der Mannschaft insgesamt Stabilität verliehen. Den Dortmundern mit ihren Top-Offensivleuten Reus, Pulisic, Schürrle, Bakshuayi und später auch Götze gestatteten die Hamburger lediglich 12 Torschüsse. Dieser Wert ist beachtlich und spricht für neue Stabilität und Spielsicherheit. Dagegen steht, dass auf dem Rasen neben einem Torwart (Mathenia), einer Dreier-Abwehrkette (Mavraj, Jung, van Drongelen), und vier weiteren Mittelfeldspielern mit Defensiv-Priorität (Sakai, Walace, Ekdal, Douglas Santos), die allesamt nur sehr bedingte Stärken im Vorwärtsgang haben, viel zu wenig Offensiv-Power und Kreativität entwickelt wird. Gestern waren dafür zunächst nur Hunt und Kostic zuständig – Wood ackerte nebenher.

 

Selten war es wichtiger für den HSV, in einem Spiel einmal in Führung zu gehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch eine spielstarke Mannschaft wie Bayer Leverkusen am kommenden Sonnabend im Volksparkstadion nur sehr ungern gegen diesen HSV gezwungen sein möchte, einen Rückstand aufzuholen. Zumal dies eine offensivere Leverkusener Spielweise zur Folge haben würde, was überdies dem HSV mehr liegen sollte.

 

„Wir müssen halt dran arbeiten“, sagt Bernd Hollerbach lakonisch. „Im Training arbeiten wir an den Abschlüssen und ich bin mir sicher, dass wir da besser werden. Wir brauchen mehr Effizienz.“ Verteidiger Mergim Mavraj würde gern helfen. „Aber ich bin Abwehrspieler und ich habe keine Ahnung, wie man das da vorne machen muss.“ Hauptsache es klappt demnächst mal besser als bislang.

 

Und nun noch ein Wort zur geplanten Mitgliederversammlung am kommenden Wochenende. Kann die Veranstaltung wie geplant in der „Kuppel“ in der Bahrenfelder Trabrennbahn stattfinden? Nach Stand der Dinge wird es keine Ausweich-Stätte geben. Im Moment wird geprüft, wie die „Kuppel“ erweitert werden könnte über eine Kapazität von 1800 HSV-Mitgliedern hinaus.

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