Marcus Scholz

17. November 2017

***Mitarbeiterzahl korrigiert***

Das nenne ich mal eine kleine Medien-Offensive. Denn nach tagelangem Schweigen seitens aller Parteien äußerten sich dann heute (fast) alle auf einmal über den viel diskutierten und interpretierten Aufschub der Benennung aller Aufsichtsratskandidaten. Den Beginn machte Heribert Bruchhagen (siehe/höre Video), der keine Aufregung innerhalb und um den HSV herum vernommen haben will. Im Gegenteil: Es seien sehr wichtige Entscheidungen zu treffen und dafür sei ein zeitlicher Aufschub in diesem Fall förderlich und vernünftig. Sagt Bruchhagen. Und HSV-e.V.-Präsident Jens Meier legte kurze Zeit später bei NDR 90,3 wenig glaubhaft und nicht besonders förderlich nach: „Die Berichterstattung macht den Eindruck, dass ich mich den ganzen Tag nur mit dem HSV beschäftige. Ich habe mich in den letzten Tagen sehr wenig mit dem HSV beschäftigt, weil ich in Sachen Hafen unterwegs war, und das wird auch weiterhin so bleiben.“

Bis auf Klaus Michael Kühne, der sich in der Angelegenheit mit Meier auf einen verbalen Waffenstillstand geeinigt haben soll, sprachen heute also alle, die in entsprechend entscheidenden Positionen sitzen – auch Dr. Andreas C. Peters. Und um das Ganze noch einmal von offizieller Stelle zu beteuern, ließ sich der Aufsichtsratschef – ohne Nachfragen zuzulassen - wie folgt zitieren: „Es ist bekannt, dass Vereinspräsidium und Herr Kühne nach zwischenzeitlichen Differenzen gute Gespräche aufgenommen haben. Vor diesem Hintergrund hat sich der Vorstand dafür ausgesprochen, die Hauptversammlung unmittelbar nach Finalisierung dieser noch andauernden Gespräche einzuberufen und im ersten Quartal 2018 abzuhalten. Dem hat sich der Aufsichtsrat angeschlossen. Eine vernünftige und von Konsens getragene Entscheidung. Darin mehr hinein interpretieren zu wollen, erscheint mir alles andere als sachgerecht.“

Nun denn, im Wissen, dass hinter den Kulissen weitaus kontroverser diskutriert wird, als uns die Verantwortlichen glauben machen wollen sowie in dem Wissen, in den letzten Tagen alles erwähnenswerte hier bereits erwähnt zu haben, belasse ich es tatsächlich erst einmal dabei und folge Peters’ Wunsch. So trügerisch die Ruhe sein mag – sie ist nötig. Zumindest bis nach dem Spiel auf Schalke, wo Schwerstarbeit auf den HSV wartet. Auch deshalb trainierte Gisdol mit seiner Mannschaft heute wieder komplett zurückgezogen im Stadion. Denn so sind alle Störfeuer ausgeschaltet. Okay, Bruchhagen selbst sagte, die Mannschaft würde sich „von dem medialen Thema“ um die Neubesetzung des Aufsichtsrates eh überhaupt nicht ablenken lassen. Sie sei nicht einmal interessiert, so der Vorstandsvorsitzende heute, bevor er sehr launig aus dem Nähkästchen plauderte (siehe Video), wie seine Zeit als Manager des kommenden Gegners verlief. Hintergrund: Zwischen 1989 und 1992 agierte Bruchhagen bei den Königsblauen als Manager – mit 17 weiteren Angestellten, während er heute knapp 185 Angestellte beim HSV unter sich hat.

Aber zurück zum Sportlichen, denn darum muss es jetzt erst mal wieder gehen. Auch auf Schalke dürfte die Jugend wieder ihre Chance erhalten. Zumindest sagte Gisdol heute auf der Pressekonferenz einen interessanten Satz, dass er die positive Entwicklung Arps jetzt nicht aufhalten wolle – dabei aber auch beachte, den umjubelten Youngster nicht zu überfordern: „Ich halte mich bei Gesprächen mit Fiete sehr zurück und gebe ihm eher den Tipp, dass er sich nicht von jedem belabern lassen soll. Er soll ganz nah bei sich, seiner Familie und seiner Art bleiben. Am besten sollte man ihn in seiner Welt lassen, ihn unterstützen und Hilfestellungen anbieten, wenn er sie braucht. Ansonsten ist es bei all dem Wirbel nicht gut, zu viele Themen mit ihm aufmachen. Er geht bisher gut damit um und ich möchte ihn auch in seinem Lauf lassen.“

Hoffentlich auch auf dem Platz, denn dort hat Arp bislang einen guten Eindruck hinterlassen. Und ganz nebenbei damit auch den Konkurrenzkampf um die Position in der Spitze entfacht, den es vorher nicht gab, als nur Sven Schipplock hinter dem formschwachen Bobby Wood auf seine Chance lauerte. Jetzt ist mit Arp einer da, der begeistert. 17 Jahre jung, Vollathlet, Juniorennationalspieler, Hamburger Eigengewächs und dann noch „Fiete“ – mehr geht nicht. Zumal der Junge ob seiner Qualitäten in der Mannschaft schon voll akzeptiert ist. Mehr noch: Anstatt sich einzugliedern ist Arp auf dem Platz schon zum Motivator aufgestiegen. Stets und ständig feuert er seine Kollegen an, die ihm immer wieder mit kleinen Tipps versuchen zu helfen.

Sie bereiten Arp auch darauf vor, dass es in den nächsten Spielen immer öfter auch wehtun wird. Denn sobald sich Arps Qualität herumgesprochen hat – was inzwischen der Fall sein sollte – werden die Gegner jedes Mittel nutzen, um ihn aus dem Spiel zu nehmen. Glaubt man Gisdol (was ich in diesem Fall mache), dann wird Arp sehr gut damit umgehen können. Und noch mehr freut es Gisdol, dass sich Arps Konkurrenz beim HSV inzwischen ähnliche Sorgen macht, wie die Bundesligagegner. Bobby Wood, das hatte ich geschrieben, gibt wieder richtig Gas. Er trifft noch lange nicht so sicher im Training wie in seinen (wenigen) guten Spielen der Vorsaison, aber er will sich zeigen. Behält er das bei, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er wieder sehr wertvoll sein kann. Gisdol: „Bobby tut der Konkurrenzkampf, den wir jetzt wieder im Training haben, gut. Außerdem musste sich sein Knie regenerieren. Da hat ihm die Zeit hier geholfen. Bobby hat in dieser Woche gut trainiert. Er ist wieder dran.“

Und diese Auswahl ist extrem wichtig. Zumal Woods vorrangige Qualitäten (Robustheit, Kraft, Tempo) ebenso gebraucht werden wie die seines Gegenstückes: Luca Waldschmidt. Denn der hat vor dem Stuttgart-Spiel ein Gespräch mit dem Trainer gehabt und erkannt, dass er mehr machen müsse, wenn er spielen will. Und das hat er seither in jedem Training, das ich beobachten konnte, getan. Waldschmidt hat mehr Tor-Instinkt als Wood, aber nicht ausreichend Robustheit für den direkten Zweikampf (was aber trainierbar ist). Waldschmidt hat einen außergewöhnlich guten Torabschluss und scheint seine Minuspunkte aus der Sommervorbereitung, zu der er nicht ausreichend austrainiert erschien, bei Gisdol langsam abgearbeitet zu haben.

Und diese neue Auswahl kommt gerade recht, denn mit Schalke steht dem HSV eine auffällig defensivstarke Mannschaft gegenüber. Schalke stellt mit nur zehn Gegentreffern sogar die zweitbeste Defensive der Liga, kassierte im Schnitt also nicht einmal ein Gegentor pro Spiel. So wenige Gegentreffer nach elf Spieltagen hatte Schalke seit neun Jahren nicht mehr. In den vergangenen vier Partien spielten die Königsblauen dreimal zu null. Und Gisdol weiß das. Und es deutet vieles daraufhin, dass sich der HSV-Trainer bei der Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte etwas besonderes einfallen lässt.

 

Insofern: Daumen drücken, die Mannschaft auf Fußball konzentrieren lassen, damit auf Schalke nachgelegt werden kann. Hoffentlich.

 

Bis morgen!

Scholle

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