Marcus Scholz

9. Juli 2019

Interviews sind nicht so sein Ding. Das weiß man. Trotzdem blieb der durchgeschwitzte Kyriakos Papadopoulos heute mal stehen, stellte sich den Fragen. Zum einen, weil es am Mittwoch mit Olympiakos Piräus gegen eine Mannschaft geht, die er sicher am besten von allen beim HSV kennt. „Die sind saustark, spielen Champions-League-Quali und haben einen breiten, starken Kader. Das wird ein hartes Spiel“, weiß der Innenverteidiger von seinen Landsleuten zu berichten. Aber allein deswegen wäre Papadopoulos vor einem Jahr noch nicht stehen geblieben. Vielmehr ist es auch sein aktueller Status beim HSV, der ihn wieder Spaß an der Sache haben lässt. „Es ist anstrengend, klar. Aber ich bin gut. Alles fit, geht gut. Ich komme langsam zurück“, sagt er kurz und lächelt dabei. Er weiß, dass er so auch außen wieder wahrgenommen wird.

 

Immer wieder raunen die rund 150 Zuschauer bei den Trainingseinheiten hier in Kitzbühel, wenn Papadopoulos am Ball ist und attackiert wird. Denn, und das haben die letzten Tage (und auch Wochen zuvor in Hamburg) gezeigt, so anfällig die Gesundheit des Griechen auch ist, auf dem Platz spielt er gewohnt körperlich und ist auffällig präsent. Aaron Hunt bekam das heute zu spüren, als er den Ball zu lang hielt. Auch Manuel Wintzheimer hängte sich an „Papa“ ran und wurde mit einem kräftigen Ellenbogencheck abgeschüttelt, als wäre es nichts. Kurzum: „Niemand nimmt dem Papa den Ball weg - aber allen nimmt Papa den Ball weg“ - es scheint wieder das Motto des Innenverteidigers zu sein, den der HSV bis vor kurzem noch zu gern abgegeben hätte, um wenigstens dessen Gehalt zu sparen.

Inzwischen ist Papadopoulos der auffälligste Innenverteidiger

Inzwischen ist Papadopoulos in der Innenverteidigung der auffälligste Spieler im Training. Finde ich. Laut war er immer - jetzt aber ist er auch wieder gewohnt aggressiv. Neben ihm spielt zumeist Rick van Drongelen, während der Brasilianer Ewerton noch nicht über individuelles Lauftraining hinaus mitmachen kann. Und der Grieche übernimmt auf dem Platz ebenso die Rolle des Vorkämpfers wie die des verbalen Leaders. Und er hat in Hecking einen Trainer gefunden, dem er im Gegensatz zu Christian Titz und Hannes Wolf auch wieder folgen mag. „Er zeigt uns an, in welche Richtung es gehen muss. Das Tempo ist sehr hoch. Und das ist gut. Mir macht das Spaß.“

In der abgelaufenen Saison war Papadopoulos nur zu einem Einsatz in der Zweiten Liga sowie einem im DFB-Pokal gekommen. Und das, obwohl er seit Mitte März wieder gesund war und hätte spielen können. Heckings Trainer-Vorgänger Hannes Wolf aber hatte einen anderen Plan, verzichtete auf Papadopoulos. Offizielle Begründung war immer die Gesundheit. Dabei war klar, dass Papadopoulos hätte spielen können. Zumal er nie wirklich 100-prozentig fit war und sein wird. Stichwort Knie.

Papadopoulos trifft seine Vergangenheit - und wagt den Neuanfang

Mehr Spaß als seine Knie zuletzt wird ihm das Wiedertreffen mit seinen Landsleuten morgen ab 18 Uhr beim Test in Jenbach (eine Stunde mit dem Auto von Kitzbühel aus) gegen Olympiakos Piräus machen. „Da gibt es noch immer viele, die ich kenne. Aus der Nationalmannschaft und aus meiner Zeit dort bei Olympiakos. Fortunas war damals in der Jugend mit mir schon da“, sagt Papadopoulos, „ich bin dort Profi geworden, war damals 15 Jahre alt. Ich habe viele schöne Erinnerungen“, so Papadopoulos, der seine Karriere irgendwann in Griechenland ausklingen lassen will, wie er sagt. Am liebsten dann bei PAOK Saloniki. Aber bis dahin sei ja noch eine ganze Menge Zeit.

Vor allem liegt dazwischen mindestens noch eine Zweitligasaison. Viel mehr Zweite Liga will der  27-Jährige dann aber auch nicht mehr spielen. Das hatte er letzte Saison zwar auch schon gesagt. Diesmal aber glaubt er selbst auch daran. „Wir sind jetzt schon besser als in der letzten Saison“, hatte er den Kollegen der BILD vor ein paar Wochen gesagt und damit auf die Neuzugänge angesprochen. Heute wiederholte er diese Aussage und sprach damit auch einen Spieler lobend an, der heute vorzeitig verletzt den Platz verlassen musste: Bobby Wood. Der US-Amerikaner klagte bei den ersten taktischen Übungen am Nachmittag über Knieprobleme und wurde vorsichtshalber rausgenommen.

Heckings Forderung an die Mannschaft ist klar

Am Mittwoch wird es eine Vormittagseinheit geben, die eher wohltemperiert sein dürfte. Am Abend indes erwartet Trainer Dieter Hecking definitiv das, was er im Training üben lässt. Eine Defensive, die sich auch unter Druck der gegnerischen Offensive spielerisch zu befreien weiß und eine Offensive, die bei Ballbesitz des Gegners Pressing spielt. Beides lässt Hecking bei egal welcher Formation (es wird im Training 4-3-3 und 4-4-2 gespielt) penetrant einstudieren. Ebenfalls auffällig ist, dass der Trainer in jeder Einheit ein Spiel auf engem Raum spielen lässt und wirklich jede Minute des Trainings verbal extrem präsent ist.

Ich weiß, dass dieses „der Trainer redet auch mehr mit uns“ bei Trainerwechseln zu Beginn immer wieder benutzt wird, um den Neuen zu loben. Aber in diesem Fall habe ich hier ein paar hundert Zeugen, die mitbekommen, wie Hecking seine Spieler immer wieder fordert. Insgesamt, und auch das hätte ich eher andersrum erwartet, ist Hecking dabei sehr positiv. Er lobt sehr viel und nennt auch dann positive Dinge, wenn er eigentlich eine Bewegung, einen Pass oder ein Zweikampfverhalten kritisieren will. Ein Stilmittel, um den Schulterschluss mit der Mannschaft zu machen, ohne dabei unkritisch zu sein. Aber vor allem ein Weg, der sehr gut ankommt, wie verschiedene Spieler betonen. Übrigens: auch Papadopoulos…

Ito und Janjicc Verlierer der Vorbereitung - Vagnoman macht Sorgen

Aber, so geradlinig die bisherige Vorbereitung auch verläuft, es gibt natürlich auch Rückfälle bzw. Spieler, die an Boden verlieren. Abgesehen von dem daheimgebliebenen Vasilije Janjicic sowie Tatsuya Ito, der weiter seinen Wechsel anstrebt, muss sich auch Aisha Vagnoman langsam wieder fangen. Der junge Außenverteidiger, den ich in den letzten Monaten immer wieder gefordert hatte, weil ich ihm Großes zutraue, präsentiert sich auch hier im Trainingslager verunsichert.

Er ist immer einen Schritt langsamer als die Kollegen, eine halbe Sekunde zu spät in seinen Entscheidungen auf dem Platz, und er lässt einfache Bälle verspringen. Es tut mir fast ein bisschen weh, das zu sehen, weil er alles schon besser gezeigt hat. Vor allem sind das aber Dinge, die er jetzt zeigen muss, wenn er bei seinem neuen Trainer noch ein paar Pluspunkte sammeln will.

Vorentscheidungen fallen - im Mittelfeld wirds spannend

Es werde im Trainingslager sicher die eine oder andere Position geben, auf der es eine Vorentscheidung geben könne, hatte Trainer Hecking vor der Reise gesagt. Bislang lässt sich hier - mal abgesehen vom gesunden Aaron Hunt, de gesetzt sein dürfte - noch keine klaren Tendenzen. Im Gegenteil: Im Mittelfeld ansonsten streiten sich mit Adrian Fein, Jeremy Dudziak, Sonny Kittel und Gideon Jung gleich vier Spieler um zwei weitere Positionen im 4-3-3-, sowie um drei Positionen im 4-4-2-System. Im Tor ist Daniel Heuer-Fernandes weiter Favorit als neue Nummer eins, hat aber nach seinem verletzungsbedingten Ausfall noch Nachholbedarf, während im Angriff Lukas Hinterseer die Nase leicht vorn hat. Aber das alles wird sich in den nächsten Tagen noch einmal massiv verändern können. Vor allem in den Testspielen, beginnend mit dem Test gegen Olympiakos Piräus am Mittwochabend.

In diesem Sinne, ich melde mich morgen früh um 7.30 Uhr wieder mit dem MorningCall bei Euch.

Bis dahin!

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