Marcus Scholz

25. Januar 2019

 

Er war ein wenig aufgeregt. Oder einfach nur etwas zu warm angezogen für die Mixed-Zone, in der uns der 20-Jährige heute Rede und Antwort stand. Zumindest kam er ordentlich ins Schwitzen, was eher nicht an den harmlosen Fragen bei seinem ersten Interview als HSV-Spieler lag. Aber, das mal vorweg, Berkay Özcan weiß, was er will. Und er sagt es auch. Ein Beispiel? Angesprochen auf seinen Wechsel vom deutschen U-Nationalspieler zum heute türkischen Nationalspieler erklärte er, dass er es gemacht habe, um als erster Türke mit der Nationalmannschaft Weltmeister zu werden. „Deutschland ist schon viermal Weltmeister geworden“, so Özcan lächelnd, „da wird es Zeit, dass wir Türken mal einen nachlegen. Und ich will gern der erste sein, der das schafft.“

Vorgelegt hatte Özcan seiner Vorstellung schon das erste Training. Individualtraining mit Container Andre Kilian, während der Rest der Mannschaft frei hatte. Ob er schon jemanden aus der Mannschaft kenne? „Ich habe Orel aus der Kabine geschrieben - und er hat sich riesig gefreit“, wusste der einzige Winterzugang zu berichten. Mit Mangala verbindet Özcan einiges. Das Alter, der Entdecker Hannes Wolf - und die Tatsache, dass beide am Saisonbeginn noch beim VfB Stuttgart zusammenspielten. Aber während Özcan beim HSV längerfristig bis 2023 unterschrieben hat, ist Mangala nur noch bis Sommer an den HSV verliehen. Ohne Kaufoption. Dennoch hofft Özcan, weiterhin mit Mangala in Hamburg planen zu können. „Ich freue mich, ihn hier jetzt wiederzusehen. Er ist ein super Spieler und toller Mensch. Wir hatten immer eine gute Verbindung zueinander“, so Özcan, der auf den Verbleib des Belgiers hofft: „Das wäre super. Mal sehen, ob wir das hinbekommen.“

„Wir“ sagt Özcan die ganze Zeit. Und er meint damit sich und seine neuen HSV-Kollegen. Schon im Sommer hatte es Gespräche gegeben - allerdings scheiterten sie. Jetzt half eine Klausel, den VfB Stuttgart vom Wechsel zu überzeugen. Und gutes Geld, wenn man ehrlich ist. Denn zwei Millionen Euro im Falle des Verbleibs in Liga zwei sowie drei Millionen im Aufstiegsfall - das ist nicht geschenkt. Allerdings bekommt der HSV auch einen aktuellen türkischen Nationalspieler (zuletzt fehlte er nur verletzt) mit großen Ambitionen, womit ich nicht allein den WM-Titel meine. Vielmehr plant Özcan seine nächsten Karriereschritte in Hamburg. Er habe extra mit dem türkischen Nationaltrainer gesprochen, der ihm zum Wechsel geraten habe. Zudem wollte er in der starken deutschen Liga bleiben, obgleich es von den türkischen Topklubs Angebote gab. „Der Weg dahin war naheliegen“, so Özcan, „aber ich wollte unbedingt zum HSV. Der HSV ist ein riesiger Verein, unabhängig von der Liga aktuell“, so Özcan zufrieden.

Ihm fehle ein wenig Tempo heißt es aus Stuttgart, wo Özcan diese Saison erst auf 49 Spielminuten kam und auch sonst keine Rolle mehr spielte. Weder Taifun Korkst noch dessen Nachfolger und aktueller VfB_Trainer Markus Weinzierl hatten den Dialog gesucht. „Aus der Mannschaft kam immer wieder die Bestätigung, dass ich gut trainiere und es keiner versteht, weshalb ich nicht spiele. Aber von den Trainern kam nichts. Gar nichts. Es gab einfach keine Kommunikation“, kritisiert Özcan seine Ex-Chefs, die auf seinen Entdecker Hannes Wolf gefolgt waren. Wolf selbst hatte Özcan 2016 zu den Profis hochgezogen und ihm seine ersten Bundesligaspiele gegeben - bis er selbst im Januar 2018 gehen musste. Zuvor stand Özcan zehn Spiele am Stück unter Wolf in der Startelf - anschließend nicht ein einziges Mal mehr. Warum das so war? „Keine Ahnung“, sagt Özcan, lächelt gequält und hebt die Schultern, „mit mir hat keiner gesprochen.“

Außer Hannes Wolf. Der HSV-Trainer hatte Özcan sogar in der zeit kontaktiert, als Wolf selbst vereinslos war. „Der Kontakt war immer da. Er hat mir zu meinem ersten Tor eine Nachricht geschickt“, so die neue Nummer 41 des HSV, dessen Entscheidung für Hamburg nach eigener Aussage maßgeblich an der Personalien Hannes Wolf festgemacht werden kann. Die ersten Gespräche vor dem Wechsel gab es allerdings mit Ralf Becker. Vor drei Wochen schon, wie Özcan verriet, hatte der HSV seinen zweiten Versuch gestartet, den Mittelfeldmann nach Hamburg zu holen. „Ich kenne Ralf Becker noch aus einer Zeit beim VfB, wo er früher Chefscout war.“ Ergo: Özcan ist zwar neu - aber er wird sich relativ schnell zurechtfinden können. Fit ist er nach eigener Aussage, und spielen will er am kommenden Mittwoch auch gern. Und das am liebsten auf der Position des Spielmachers, wie er verrät. Also die Position, die beim HSV an Mannschaftskapitän Aaron Hunt vergeben ist. Ob er sich zutraut, dem Routinier die Position streitig zu machen. „Meine Lieblingsposition ist die Zehn“, so Özcan, „aber ich bin noch jung. Da gehört es auch dazu, mal auf der Bank zu sitzen.“

Apropos: Gesessen hat gestern Marcell Jansen bei uns im Rautenperle-Talk, den Ihr hier abrufen könnt. Wir haben dabei über die Wahlen, den Wahlkampf, seine Konkurrenten sowie seine Ziele mit dem HSV ebenso gesprochen, wie  natürlich über die Nicht-Entlastung des Präsidiums und die viel beachtete 24,9-Prozent-Regelung gesprochen. Schaut mal rein! Ich kann auf jeden Fall resümieren, dass Jansen den Eindruck macht, als habe er viele Ziele und wolle diese sofort angehen. Er versprüht auf jeden Fall weiterhin den Esprit und die motivierte Art, die ihn die Wahl hatten gewinnen lassen. Im Off hatten wir zudem noch länger Zeit und sprachen über vieles was zeitlich nicht mehr in die Sendung gepasst hatte. Auch darüber, dass seine Nähe zum Vorstand immer wieder ein Thema war. „Es muss aufhören, dass man sich mehr über einzelne unterhält als über das große Ganze. Und ich kann behaupten, dass die Zusammenarbeit der verschiedenen Gremien funktioniert. Nicht nur harmonisch - aber immer im Sinne des HSV.“

Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie Jansen seine Ziele und vor allem die Aufträge aus der Mitgliedschaft in den nächsten Wochen und Monaten umsetzen kann. In diesem Sinne, ich melde mich morgen wieder bei Euch. Dann mit weniger Vereinspolitik und dafür umso mehr Fußball. Denn  es wird am Sonnabend zweimal trainiert. Zunächst um 10 Uhr, dann am Nachmittag noch mal um 15 Uhr am Volksparkstadion.

 

Bis dahin,

Scholle

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