Marcus Scholz

31. Dezember 2019

Die einen lesen diesen Blog vor Neujahr, die anderen erst danach. Von daher vorweg und gleichermaßen:

Ein frohes Neues Jahr Euch allen!

Wichtig, wann gelesen wird, ist das letztlich auch gar nicht. Denn alles, was ich hier heute im Blog schreibe, gilt unabhängig davon. Denn es geht um Dinge, die wir inzwischen als selbstverständlich erachten, und die das so nicht sind. Es war auch nicht im Ansatz das, was ich, nein: was wir hier erwarten konnten, als wir hier vor zwei Jahren und drei Monaten die Rautenperle eröffneten. Und damit meine ich nicht den Abstieg und den Verbleib des HSV in der Zweiten Liga. DAS sollte nie selbstverständlich werden! Und das darf sich gern schnellstmöglich wieder ändern. Nein, ich meine tatsächlich die hier etablierte Kultur in diesem Blog-Forum. Verglichen mit meinen ersten tagen als Blogschreiber hat sich diese um um 180 Grad gedreht. Und zwar ausschließlich zum Positiven.

Statt wiederholter Beleidigungen und niveauloser „Nachtschichten“ haben wir alle zusammen es mit verschiedenen Maßnahmen geschafft, hier die zu motivieren, die sich wirklich für den HSV und den Fußball an sich interessieren. Eure Blogkommentare sind nicht selten Ursprünge von interessanten Blogthemen. Auch in den verschiedenen Sendungen, die wir mit unserem tollen, jungen (ich bin da schon der Opa…) gewachsenen Team inzwischen wöchentlich produzieren. Dank Eurer lebhaften Gestaltung, Eurer Treue als Leserinnen und Leser sind wir inzwischen eine große Community geworden, die hoffentlich am Ende der aktuellen Saison den Wiederaufstieg gemeinsam feiern kann.

 

Und damit habe ich eigentlich schon zwei Wünsche genannt fürs neue Jahr. Euch als Begleiter und Gestalter dieses Blogs - und den Aufstieg des HSV. Für Letztgenanntes wünsche ich dem HSV im Winter das, was ihm im vergangenen Winter gefehlt hat: Die klare Sicht auf Themen, die trotz der guten Tabellenposition eben noch nicht ausreichend gut sind. Im vergangenen Winter war die anhaltende Offensivschwäche des HSV intern ein Thema - und trotzdem setzte man darauf, dass man sich mit Bordmitteln helfen könne. Man hoffte auf Rückkehrer aus Verletzungen (Hunt und Jung) und die eigene Qualität. Man verfiel dem täuschenden Umstand, dass man es ja auch so geschafft hatte, Tabellenführer zu sein. Ein teurer Fehler, wie sich herausstellen sollte.

Und einer, den man diese Saison mit allen Mitteln vermeiden will. Denn obgleich ich sportlich von dieser Kaderzusammenstellung deutlich überzeugter bin, gibt es Problemzonen, die die Mission Wiederaufstieg gefährden können. Schon allein quantitativ, wenn man sich die Situation um die Außenverteidiger ansieht. Jan Gyamerah und Josha Vagnoman werden noch bis in den März hinein ausfallen. Und selbst dann werden sie nicht auf Anhieb ihr altes Niveau erreichen können, wie das Beispiel Gideon Jung in der abgelaufenen Saison gezeigt hat. Mit Travian Sousa, der mir übrigens im Training immer gut gefallen hat, stünde noch ein Youngster in der zweiten Reihe bereit. Allerdings fehlt ihm naturgemäß noch der Nachweis seiner Profitauglichkeit auf Wettbewerbsebene. Schon deshalb muss der HSV auf dieser Position im Winter noch einmal nachlegen. Und das wird der HSV auch machen - da bin ich mir sicher.

Der HSV lernt (endlich) aus seinen Fehlern

Denn Sportvorstand Jonas Boldt, Sportchef Michael Mutzel und natürlich der erfahrene Trainer Dieter Hecking wissen, dass Hoffen zwar nett ist, und Vertrauen ehrenhaft gut - aber eben auch, dass man beim Maximum als Ziel jedes Risiko vermeiden muss. Und das gilt auch für Bereiche, die vermeintlich gut sind. Denn statistisch ist der HSV vielleicht die Mannschaft mit den meisten erzielten Torerfolgen. 36 Treffer schaffte außer dem HSV kein anderes Zweitliga-Team. Zum Vergleich: Im Vorjahr gelangen dem HSV übrigens nur 25 Tore. Aber während man in der Vorsaison trotz aller Vorwarnungen auf offensive Nachbesserungen verzichtete, gehen Boldt, Hecking, Mutzel und Co. dieses Jahr auf Nummer sicher und suchen nach einem weiteren Offensivspieler. Oder sogar zwei? Offen.

Offen ist auch, für welche offensive Position am Ende genau nachgebessert wird. Und das nicht, weil man unschlüssig oder gar unsicher ist. Vielmehr hat man sein ursprüngliches Problem - es fehlte der so genannte Knipser - erweitert. Denn man hat erkannt, dass die Verletzungsanfälligkeit von Aaron Hunt eben nicht mehr einfach so zu kompensieren ist. Letzte Saison befürchtete man unter anderem, dass ein neuer Zehner als Misstrauen von Hunt aufgefasst werden und dessen Leistung beeinträchtigen könnte. Zudem fehlte natürlich auch das nötige Kleingeld, um sich auf dieser Position ausreichend zu verstärken. Aber am finanziellen Status hat sich nicht viel geändert. Der einzige Unterschied: Diesmal versuchen es die Verantwortlichen trotzdem. Udn auf dem Werg dahin werden sie den einen oder anderen Problemfall los. Im Winter sollen Papadopoulos und Julian Pollersbeck einen neuen Verein finden und so notwendige Kapazitäten frei machen.

 

Und darin liegt genau der eine Punkt, der mich diese Saison optimistischer sein und bleiben lässt: Diese HSV-Verantwortlichen haben allen im HSV schon früh klargemacht, dass der Erfolg des Ganzen immer über dem Schicksal des Einzelnen steht. Parallel dazu haben sie das Leitbild neu geschrieben und eine Vertrauenskultur im HSV geschaffen - und das so nachhaltig wie nur irgendwie denkbar: durch praktisches Vorleben.

Trainer Dieter Hecking hat seinen Spielern Vertrauen vermittelt, indem er sie schützt, solange sie sich an die internen Maßgaben halten. Auch dann, wenn sie wirklich schlecht spielten. David Kinsombi beispielsweise brauchte (und braucht) Spielpraxis, um wieder an sein Leistungsniveau alter Tage zu kommen. Er spielte lange Zeit nicht so, dass er weitere Aufstellungen zwingend rechtfertigte - und er bekam sie dennoch. Als Vertraunsvorschuss. Das Ergebnis: Die Spieler erkannten, dass Hecking ein durchweg loyaler Trainertyp ist, bei dem es sich lohnt, Gas zu geben.

Noch schwerer wiegt in dieser Hinsicht natürlich auch der Zusammenhalt und die Rückendeckung Heckings und des gesamten HSV im Fall Bakery Jatta. Bundesweit hat diese Loyalität des HSV seinem Spieler gegenüber für viel Aufsehen gesorgt. Der ach so unsympathische HSV der letzten Jahre hat tatsächlich wieder Pluspunkte sammeln können - und er hat nebenbei demonstriert, wie er mit seinen Spielern umzugehen versteht: Loyal bis zum Schluss. Soll, heißen: Hier wird nicht mehr nur davon gesprochen, sich im großen Ganzen als Einheit zu verstehen, sondern hier wird es vorgelebt. Und das kann auch kein neuer Zehner als Konkurrent für einen der wenigen Stars im Team in Zweifel stellen. Im Gegenteil: Plötzlich wird diese Ultimativität im Handeln des HSV für den Erfolg und seine Mitstreiter nach innen wie nach außen als neue Stärke verstanden. Als Ehrlichkeit und Verlässlichkeit.

Und das völlig zurecht!

Neben dem Kaderumbruch hat der HSV also im ersten Halbjahr auch in seinem Selbstverständnis einen Komplettumbruch eingeleitet - und den gilt es zu forcieren. Wobei die HSV-Führung dabei deutlich macht und auch weiter deutlich machen muss, dass die Loyalität nicht den Erfolg gefährden darf. Der HSV selbst steht mit seiner Entwicklung und  seinem Erfolg immer über allem. Selbst der verdienteste Mitarbeiter muss sich immer dem ehrlichen Konkurrenzkampf stellen. Gibt es Verbesserungsmöglichkeiten, muss der HSV diese wahrnehmen. Auf Führungsebene ebenso wie selbstverständlich in der Mannschaft. Und das ist nichts anderes als das Leben purer Ehrlichkeit. Verträge können dabei sehr wohl anständig erfüllt werden, und seine Spieler gestützt und unterstützt werden, während man parallel den Konkurrenzkampf maximiert. Soll heißen: Wer zum HSV kommt, soll genau wissen, was ihn erwartet: Dass hier auf allen Ebenen nach dem Bestmöglichen gestrebt wird. Immer.

Und genau DAS ist mein großer Wunsch für 2020.: Ich wünsche mir, dass sich dieser HSV künftig weiter so verlässlich präsentiert, wie er sich hoffentlich auch fortan als treuer Partner für die Fans versteht. Dieser HSV muss die noch zarte Blüte der begonnenen neuen Ehrlichkeit zum verankerten Leitbild erheben und pflegen, um sich so Schritt für Schritt den Ruf zu erarbeiten, den man mit Missmanagement, selbstherrlichen Führungskräften, Geldverschwendung und sogar üblem Nachtreten für ausscheidende Spieler zerstört hatte. Der HSV soll der Verein werden, der ehrlich arbeitet und für den nichts anderes als das Beste genug ist. Auf allen Ebenen.

HSV sollte aus seiner Haltung eine Maxime machen

Mein Wunsch für die Zukunft ist also keine einzelne Handlung sondern eine generelle Haltung. Nur so kann der HSV die in den letzten Jahren so oft erfolglos geforderte Philosophie finden, und so etablieren, dass sie den neuen HSV begründet. Der HSV hätte so endlich die Handlungs-Maxime, die künftigen Erfolg  wahrscheinlicher werden ließe. Und ganz nebenbei würde das etwaigen Erfolg sogar noch sympathischer wirken lassen.

Ich muss zugeben - und das wird die allerwenigsten hier verwundern - bevor ich mir allerdings Dinge für und und um den HSV herum wünsche, kommen erst einmal viele private Wünsche. Drei Kinder, eine Ehefrau, dazu eine tolle Familie und ein Job, der Spaß macht - ich hätte es kaum besser treffen können. Wobei, klar: Einige ganz wichtige Personen hätten noch unter uns weilen können, dann wäre es noch schöner. Aber wie hat mir meine Oma schon in frühestem Kindesalter gesagt: Zum Leben gehört leider auch der Tod. Und der kommt manchmal auch viel zu früh. Wer mich kennt, weiß, von wem ich spreche.

Umso wichtiger ist es mir, im Hier und Jetzt genau das zu machen, was ich machen möchte. Dazu gehört neben dem privaten Glück meiner Familie erstaunlich intensiv auch der HSV und der Fußball an sich, über den sich ob der modern gewordenen jährlichen Änderungen (mit dem passiven Abseits fing meiner Meinung nach das Übel an, das sich heute im Videoschiedsrichter fortsetzt) schon trefflich diskutieren ließe. Und genau das erhoffe ich mir von der Rautenperle für das nächste Jahrzehnt: Dass sie ein Treffpunkt für alle diejenigen bleibt, denen der HSV und/oder der Fußball an sich wichtig ist. Also genau so, wie jetzt.

2019 war auch das Jahr der Rautenperle

Danke dafür. 2019 war großartig! Dass wir uns hier inzwischen verdoppelt haben trotz des Abstieges werte ich zum einen als Kompliment und Motivation an uns als Rautenperle-Team für unsere Berichterstattung. Zum anderen aber gebe ich dieses Kompliment aber auch sehr gern an Euch weiter. Denn man bleibt nur, wo man sich auch wohlfühlt. Und das kann man sich hier inzwischen jeden Tag - Dank Euch…!

In diesem Sinne, morgen meldet sich Tobias Escher mit seinem Hinrunden-Rückblick aus taktischer Sicht. Tobi leitet damit direkt über auf die am 6. Januar bereits wieder beginnende sportliche Vorbereitung. Euch allen möchte ich dennoch auch am Ende des Blogs noch einmal alles das wünschen, worauf es ankommt: Glücklich zu sein. Dazu gern beruflichen Erfolg, den HSV-Aufstieg - aber vor allem wünsche ich Euch und Euren Liebsten eines: Gesundheit.

Kommt gut rein ins neue Jahrzehnt! Wir haben zusammen noch eine ganze Menge vor uns…

Euer Scholle

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Unser Ziel ist es, moderne, unabhängige Berichterstattung und attraktiven, journalistischen Content für junge und jung gebliebene HSV-Anhänger zu bieten. Wichtig ist uns dabei, eine neue Art des Sportjournalismus zu präsentieren: dynamisch, zeitgemäß, zielgruppengerecht. Weg von verstaubten Zeitungsspalten und immergleichen Phrasen.

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