Marcus Scholz

1. April 2020

Der 1. April ist selbstverständlich ein Tag, an dem man alles und jede Nachricht doppelt und dreifach hinterfragen sollte. Und wie wahrscheinlich alle, habe auch ich heute den einen oder anderen Aprilscherz zu hören bekommen oder gelesen. Ich behaupte sogar, dass sehr viele Meldungen der letzten Wochen heute fälschlicherweise als Aprilscherz durchgegangen wären. Als allerdings gegen Mittag die Meldung reinkam, das der HSV für seine mehr als 100 Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt hatte, war mir sofort klar: Das ist kein Scherz. Im Gegenteil: Denn der HSV-Vorstand hatte sich diesen Schritt in den letzten Tagen und Wochen immer offengehalten in der Hoffnung, ihn umgehen zu können. Bis heute um 13 Ihr diese Pressemitteilung vom HSV kam:

HSV SCHLIESST BETRIEBSVEREINBARUNG ZUR KURZARBEIT

MEHR ALS 100 MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER DER HSV FUSSBALL AG BEFINDEN SICH AB HEUTE IN KURZARBEIT. FINANZVORSTAND FRANK WETTSTEIN: „HÖCHSTE PRIORITÄT FÜR UNS HAT DER LANGFRISTIGE ERHALT ALLER ARBEITSPLÄTZE UNSERER STAMMBELEGSCHAFT.“

Ein herber Schlag für alle Mitarbeiter, die es betrifft. Sie müssen Gehaltseinbußen hinnehmen wie leider viel zu viele in diesen Tagen weltweit. „Ab heute befinden sich mehr als 100 Beschäftigte in Kurzarbeit. Dabei wird in zwei Gruppen unterschieden: Gruppe 1, deren Arbeitszeit auf 0% reduziert wird (u.a. Fanshopmitarbeiter), und Gruppe 2, deren Arbeitszeit aufgrund des stark eingeschränkten Geschäftsbetriebs auf 50% reduziert wird“, heißt es in der Mitteilung des HSV. „Bei allen Überlegungen und Planungen steht für uns immer auch die Sozialverträglichkeit im Mittelpunkt“, wird Finanzvorstand Frank Wettstein zitiert. Kleiner Trost: Im selben Moment wurde klargestellt, dass der HSV die Gehälter in der Kurzarbeit deutlich aufstockt.

HSV stock Gehalt bei Kurzarbeit freiwillig auf

So müssen die unteren Gehaltsklassen beim HSV überhaupt keine Einbußen hinnehmen, während die etwas besser verdienenden Mitarbeiter in Kurzarbeit 10 Prozent und die gut verdienende Mitarbeiter maximal 20 Prozent Einbußen hinnehmen müssen. Eine Lösung, die auf der Geschäftsstelle sehr gut aufgenommen wurde. „Wir haben nun eine aus unserer Sicht sehr gute, soziale Lösung für alle betroffenen Beschäftigen, bei der auch ein Mindestlohn, der über dem gesetzlichen liegt, berücksichtigt wurde“, sagt der Betriebsratsvorsitzende  Dirk Mansen.

Offen ist natürlich noch, wie lange dieser Zustand so anhält. Bislang wurde die Vereinbarung zunächst für die Monate April und Mai geschlossen. Sollte der Spielbetrieb in der Zwischenzeit wieder aufgenommen werden können, würden Arbeitszeiten und Gehälter von dem Moment an gleichermaßen wieder auf 100 Prozent angehoben werden. Zudem wurde in dem Moment, wo sich die Lage endlich wieder normalisiert, auch die Mannschaft ins Spiel kommen. Schon im Rautenperle-Talk hatte uns Tom Mickel verraten, dass ein etwaiger Gehaltsverzicht bei der Mannschaft sehr wohl ein Thema sei. Inzwischen habe ich aus dem Vorstand erfahren, dass Tom Mickel eine treibende Kraft bei diesem Vorhaben war, dass aber letztlich die Mannschaft in Gänze geschlossen proaktiv auf den Vorstand zugegangen ist. Demnach haben sich die Profis des HSV sogar schon vor der Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Söder intern darauf verständigt, helfen zu wollen, damit kein einziger Geschäftsstellenmitarbeiter seinen Arbeitsplatz verliert.

Profis wollten sofort helfen - und wurden gestoppt

Wäre es nach den Spielern um den Mannschaftsrat (Hunt, Leibold, Kinsombi, van Drongelen und Hinterseer) gegangen, hätte man jetzt schon eingegriffen. Tim Leibold’s Idee, sich hier wie andere Bundesligaklubs mit den HSV-Mitarbeitern zu solidarisieren, wurde von allen Spielern sofort angenommen. „Wir freuen uns sehr über diese Haltung und die sofortige Sensibilität für unsere Gesamtorganisation“, lobt Sportvorstand Jonas Boldt, der von Vereinsseite dem Anliegen seiner Profis zunächst dennoch einen (durchaus sinnvollen Riegel) vorschob. „Die Mannschaft wollte gern sofort helfen, woraufhin wir uns darauf verständigt haben, dass wir zunächst einmal den weiteren Verlauf abwarten. Auch, weil wir alle noch nicht wissen können, wie lange sich das Ganze hält und welche Auswirkungen die Coronakrise letztlich für unsere Mitarbeiter in Gänze haben würde.“

 

Soll heißen: Die Mannschaft kommt ins Spiel, sobald klar ist, welcher finanzieller Schaden entstanden ist. Dann wollen sich alle Beteiligten, in diesem Fall der Mannschaftsrat und der Vorstand, hinsetzen, und über gemeinsame Maßnahmen beraten. Eine Form der Solidarität, wie sie in diesen Tagen immer Wieder gefordert wird, wie sie aber ganz sicher nicht selbstverständlich ist. Wobei mir imponiert hat, dass sich in dieser sehr noblen Angelegenheit niemand in den Vordergrund gedrängt hat. Im Gegenteil: Ich habe zwar erfahren, wer die Urheber dieser noblem+n Geste waren, aber ich wurde explizit gebeten, sie nicht bau nennen, da es eine „gemeinsame Entscheidung“ sei, bei der es nicht um die Profis geht, sondern - und zitiere: „Darum, dass wir in dieser schwierigen Phase zeigen, dass wir alles tun werden, um allen denen zu helfen, die sich jeden Tag für uns aufreiben.“

Klingt fast schon kitschig. Ist aber einfach gut!

In diesem Sinne, bis morgen. Da melde ich mich wie immer schon um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch. Allerdings will und werde ich diesen Blog nicht beenden, ohne Euch noch auf ein Event hinzuweisen, auf das ich mich schon riesig freue:

Also, seid am Freitag ab 18 Uhr live dabei und beweist Euer HSV-Wissen! Ich freue mich tierisch auf Euch und wünsche Euch jetzt erst einmal einen schönen, ruhigen und vor allem gesunden Mittwochabend! Bis morgen!

Scholle

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