Marcus Scholz

27. Juni 2018

Deutschland ist ausgeschieden. Zurecht. Das heutige Spiel gegen Südkorea hat noch einmal gezeigt, dass dieser Mannschaft in vielen Teilen die Ideen und in einigen Teilen auch die richtge Einstellung fehlt. Jeder Angriff wurde erst einmal ganz ruhig begonnen, Tempo gab es in keiner Situation zu sehen. Bela Rethys Kommentar ("Das ist pbrigens keine Zeitlupe...") passte wie die Faust aufs Auge. Nein, Khedira auf der Sechs, Özil auf der Zehn, Kimmich rechts, Müller (warum wird er in der Verfassung überhaupt eingewechselt???) in Gänze - um nur ein paar Beispiele zu nennen - haben heute nichts gezeigt. Nichts, was ein Weiterkommen hätte erzwingen können, geschweige denn verdient hätte. Alle drei Spiele (mit fünf unterdurchschnittlichen Halbzeiten von sechs insgesamt) zusammengerechnet hat die Deutsche Elf es einfach nicht verdient, weiterzukommen, so sehr ich auch auf eine Initialzündung nach dem späten 2:1 gegen Schweden gehofft hatte.

Bitter. Gaaaaanz bitter für die deutschen WM-Zuschauer. Diese WM ist für mich(uns?) vorbei. Aber dazu morgen mehr. Vielleicht. Heute habe ich einfach keine Lust, diese Minusleistung weiter zu kommentieren. Klar ist, die Nationalmannschaft bedarf einen ähnlich umfangreichen Neuanfang wie der HSV, auf den wir spätestens jetzt unsere volle Konzentration legen können. So schwer mir das so direkt nach diesem enttäuschenden Aus auch fällt...

Los geht's...

Um 9 Uhr war die erste Interviewrunde angesetzt. Der sympathische, noch sehr zurückhaltende Manuel Wintzheimer stellte sich bei uns vor (siehe Interview am Textende). Ein junger Angreifer, der als einer von vielen die Zukunft des HSV symbolisiert. Jung, dynamisch, noch auf dem Weg zum eigenen Limit. Genau das, was dem HSV in den letzten Jahren gefehlt hatte, wo man sich ob der vielen Millionen von Mäzen und Investor Klaus Michael Kühne das Leben mit teuren, fertigen Spielern versucht hatte, leicht zu machen. Ohne Erfolg. Auch deshalb ging man diese Saison den anderen Weg und setzte auf eigene Mittel, nachdem man sich mit Kühne nicht auf einen Weg der Millionenzahlung einigen konnte. Nachvollziehbar, wie man meinte, da Kühne gern Prozente an der AG erworben hätte, die über die bisher festgelegte Grenze von 24,9 Prozent hinaus gingen. Alles schien geklärt – bis heute.

Denn heute nun erfolgte der Rückzug des Milliardärs, der in den letzten Jahren mehr als 120 Millionen Euro in den HSV gesteckt hatte und mit ansehen musste, wie der HSV das erste Mal abstieg. „Ich werde den Verein nicht weiter fördern, weil mein Wunsch, meine Anteile langfristig aufstocken zu können, nicht respektiert wird“, sagte der Milliardär via „Sport Bild“. „Im Augenblick bin ich mal weg und nur noch Fan - das wird sich auch nicht kurzfristig ändern. Dieser Entschluss ist nachhaltig.“ Grund dafür ist wie gesagt, dass der HSV e.V. nicht bereit war, von seinen garantierten 75,1 Prozent an der AG abzurücken. Diese Zweidrittelmehrheit erlaubt es dem e.V., maßgebliche Entscheidungen zu treffen und vor allem, unerwünschte Änderungswünsche abzulehnen. „Es gibt eine Sperrklausel von 24,9 Prozent in der Vereinssatzung, und diese sieht Bernd Hoffmann als unumstößliche Barriere an“, sagte Kühne und schob nach, dass seiner Meinung nach Hoffmann  „aber panische Angst vor den Mitgliedern hat und befürchtet, dass er mit diesem Antrag scheitern könnte. Er ist schon einmal abgewählt worden, und ich glaube, dass diese Enttäuschung tief in ihm drinsteckt. Dem Risiko, das erneut zu erleben, möchte er sich nicht stellen.“

Vorwürfe, die Hoffmann treffen dürften. Andererseits darf sich der Vorstandsboss und e.V.-Präsident in Personalunion als Bewahrer der Vereinsinteressen feiern lassen. Zumindest werden das viele so sehen, Kühne ausgenommen. Denn der sieht Hoffmann als Umfaller. Er sei sich mit Hoffmann sowie Vorstand Frank Wettstein einig gewesen, sogar eine entsprechende Verlautbarung sei bereits aufgesetzt gewesen, so Kühne. Bis Hoffmann seine Zusage aus Angst vor den Reaktionen der Öffentlichkeit und der Mitglieder zurückzog.

Dabei sei Kühne sogar zu Zugeständnissen bereit gewesen. Er hätte sich verpflichtet, seine Sperrminorität nicht dazu zu nutzen, gegen den Verein zu stimmen. Außerdem hätte er sich bereit erklärt, die durch die Kapitalerhöhung resultierenden Anteile „jederzeit an den Verein oder einen von ihm benannten Dritten zu veräußern – und zwar zum Einstandspreis“. Kühne erneuerte in diesem Zusammenhang seine Kritik am Führungsstil von Vorstandschef Hoffmann. Unter „Machtmensch“ Hoffmann bestehe die Gefahr, „dass er nicht im Team arbeitet. Ich wünsche mir, dass er geschmeidig genug ist, sein Ego hinter die Sache zu stellen“. Sein eigenes, jahrelanges Engagement sei nicht gut ausgegangen, so Kühen, der klar sagte: „Das setzt für mich in gewisser Weise einen Schlusspunkt. Der Kampf ist jetzt verloren.“

Dass das für den HSV lange nicht so ist, ist klar. Denn bei allem Respekt vor und bei allem Dank an Klaus Michael Kühne, war es von Beginn der Zusammenarbeit an immer klar, dass der HSV seine Zügel immer selbst in der Hand behalten müsse. Eine mögliche Nutzung der Satzungslücke, die über eine Kapitalerhöhung den Verkauf von 33,3 Prozent erlaubt hätte, hatten beide Kandidaten für das Präsidentenamt, Jens Meier ebenso wie Hoffmann, immer wieder kategorisch ausgeschlossen. Insofern konnte Hoffmann dem Wunsch von Kühne auch gar nicht entsprechen. Obgleich Kühne behauptet, Hoffmann habe ihm das so zugesagt.

Fakt ist: Es wird keine Verkäufe über die 24,9 Prozent hinaus geben. Und das ist gut so. Zudem ist spätestens jetzt auch dem letzten HSV-Anhänger klar, dass der HSV neben dem personellen Neuaufbau jetzt auch finanziell einen kompletten Neuaufbau beginnen muss. „Wir müssen uns von Herrn Kühne im Kopf unabhängig machen“, sagt Bernd Hoffmann. Und mit Kühne rechnen darf der HSV in der aktuellen Konstellation eh erst einmal nicht mehr. Wobei auch das zunächst kein Problem sein muss. Der Etat für die aktuelle Saison steht, erste Verkäufe haben Gelder in die leeren Kassen gespült, was auch Zugänge wie den von Fürths Khaled Narey gestern ermöglicht. Die Frage ist nur, was passiert, wenn der HSV sich wieder nur kurzfristig am Leben erhält und irgendwann wieder auf fremde Hilfe angewiesen ist. Andererseits kann man den heutigen Tag auch sehr positiv sehen. Denn der HSV ist gezwungen, sich aus eigenen Mitteln am Leben zu erhalten und muss der HSV den sportlichen Erfolg als Basis zu finanziellen Mehreinnahmen wiederherstellen.

Und wie ich schon erwähnt habe, sollen dabei auch die Neuen helfen. Heute stellte sich Narey vor. Das Interview im Video:

Im Training selbst war heute zu erkennen, dass Narey schnell ist. Viel mehr noch nicht. Auch nicht bei Angreifer Manuel Wintzheimer, der am morgen zum Gespräch mit mir und meinen Kollegen gekommen war. Einer der besonders netten Kollegen, Kai Behrmann, hat das Interview abgetippt. Und ich ziehe die schriftliche Version meiner gefilmten einmal vor:

 

Vom großen FC Bayern zu einem einst großen HSV – was sind die Unterschiede? „Im Profibereich gibt es nicht viele Unterschiede. Der HSV ist trotzdem noch ein sehr großer Verein, der eigentlich in die Bundesliga gehört. Es wird ein schwerer Weg zurück nach oben. Klar ist der FC Bayern das Nonplusultra in Deutschland. Aber für einen jungen Spieler ist es entscheidend, dass man so viel wie möglich spielt. Daher glaube ich, dass der Wechsel für mich der richtige Schritt war.“

Das Image vom HSV als Verein, bei dem es junge Spieler oft schwer hatten? „Die Gespräche mit dem HSV waren gut. Die Mannschaft wurde zuletzt auch verjüngt. Für einen jungen Spieler ist es ein guter Schritt, zum HSV zu wechseln, um sich weiterzuentwickeln.“

Erster Kontakt? „Im März kam der erste Kontakt über meinen Berater. Danach haben wir uns fünf, sechs Mal zusammengesetzt und gute Gespräche geführt. Dann war es klar, dass ich gerne zum HSV gehen möchte.“

Erster Eindruck vom HSV: „Das Gelände ist richtig gut. Die Kabine im Stadion ist super, der Campus ist top. Man fühlt sich hier wohl. Es ist familiär.“

Große Konkurrenz im Angriff – wie zuversichtlich bist du, deine Einsatzzeiten zu bekommen? „Das wird die Vorbereitung zeigen. Im Training muss man immer Vollgas geben, um sich anzubieten. Ich bin 19 Jahre alt und möchte mich weiterentwickeln. Dazu gehört, so oft wie möglich zu spielen. Auch wenn es nur Kurzeinsätze sind. Ich bin froh, dass ich hier spielen darf.“

Erster Eindruck vom Team: „Die Teamkollegen sind alle super nett. Alle wollen sich gegenseitig helfen. Wir sprechen viel miteinander. Die ersten Einheiten haben viel Spaß gemacht.“

Hat sich Fiete Arp schon bei ihm erkundigt, wie es bei den Bayern ist? „Noch nicht. (lacht) Da müssen Sie aber ihn fragen.“

Hat es eine Rolle gespielt, dass der Jugendstil schon in der Vorsaison eingeleitet worden ist? „Ich habe die Spiele am Saisonende unter dem neuen Trainer (Christian Titz) geschaut. Das hat Spaß gemacht. Die Mannschaft hat guten, offensiven Fußball gespielt. Das war ein Punkt, der mich von einem Wechsel überzeugt hat.“

 Arp, Wood und Lasogga – mehr als Konkurrenten oder Vorbilder für ihn? „Man kann von jedem Spieler lernen. Jeder hat seine Stärken und Schwächen. Daran muss man arbeiten. Fußball ist ein Mannschaftssport, da ist es wichtig, dass man auch voneinander lernt. Von Lasogga kann man lernen. Er ist erfahren und hat schon viele Bundesligaspiele gemacht. Er wird ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft sein.“

Welche Ziele hat er? „Eine Zielmarke habe ich mir nicht gesetzt. Ich freue mich auf jedes Spiel und bin heiß. München und Hamburg sind die beiden schönsten Städte in Deutschland. Ich habe in Hamburg bislang nur schöne Dinge gesehen und fühle mich hier richtig wohl. Man kann hier gut leben.“

Bundesweit ist der HSV immer wieder mal zur Lachnummer erklärt worden – wie ist seine Sicht aus München auf den HSV gewesen? „Die Fans sind super. Es wird viel gesprochen, aber man sollte sich mehr auf das Fußballspielen konzentrieren. Das ist wichtiger, als wenn andere von außen reinreden.“

Wie bist du privat? „Ich unternehme viel mit meinen Freunden – aber eher ruhige Dinge. Zu Hause treffen oder mal was essen gehen. Entscheidend ist, dass man auch nach dem Training entspannen kann.“

 

In diesem Sinne, bis morgen!

Scholle

 

P.S.: Nachtrag zu van Drongelen und Hunt: Der Niederländer fehlte wegen eines Infekts, Hunt musste wegen muskulärer Probleme pausieren.

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