Marcus Scholz

14. Mai 2020

„Wäre ich Verantwortlicher des SV Werder, würde ich aufgrund der Tabellensituation alles daran setzen, dass bei einem Abbruch kein Verein absteigen muss. Da ist nun viel Lobbyarbeit gefragt.“ Das sagt Klaus Allofs, seines Zeichens ehemaliger Sportchef der Bremer über die aktuelle Diskussion unter den Bundesligisten, die in einer Videokonferenz mit der DFL eine Entscheidung über die Wertung bei Abbruch der aktuellen Spielzeit vertagt hatten. „Für den Fall, dass eine Fortführung des Spielbetriebs durch künftige Entwicklungen nicht mehr möglich sein sollte und die Saison vorzeitig abgebrochen werden muss, soll innerhalb der nächsten beiden Wochen eine Regelung hinsichtlich der sportlichen Wertung entwickelt werden“, hieß es in der DFL-Mitteilung vom Donnerstag.

Die DFL hält weiter an ihrem Plan fest, die laufende Saison vollständig und inklusive Relegation beenden zu wollen. Dies sei „einstimmig mit einer Enthaltung“ bekräftigt worden, hieß es vom Ligaverband. Geplant ist die Beendigung bis zum 30. Juni. Falls notwendig und  rechtlich möglich soll es auch bis in den Juli hinein gehen.

Solidarität war einmal - Liga streitet über Abbruchsszenario

Soweit so gut. Aber ansonsten entzweit vor allem die Abstiegsregel bei einem Saisonabbruch die Liga. Geht es nach der DFL, würde nach Tabellenlage ein Meister gekrönt werden, es gäbe jeweils zwei feste Absteiger und keine Aufstockung der Ligen. Und das missfällt einigen Bundesligisten. Ohnehin ist die Stimmung vor dem gewagten Wiederanpfiff der 1. und 2. Liga am Samstag höchst angespannt nach der gesellschaftlichen Debatte um diesen Schritt. Für den Profifußball geht es um viele Millionen und sogar die wirtschaftliche Existenz einiger Clubs. DFL-Chef Christian Seifert spricht noch immer von einem „absoluten Notbetrieb.“ Unermüdlich betont er: „Jedem in der Liga muss klar sein: Wir spielen auf Bewährung.“

Und das gilt inzwischen auch für den zuletzt immer wieder so hoch gelobten Zusammenhalt. Denn es wird unmöglich sein, alle zufriedenzustellen. Und dem müssen sich alle bewusst sein, bevor es in die Abstimmung geht. Denn wie vor Wochen noch von allen betont und in Kauf genommen – ohne Kompromisse wird es nicht gehen. Folglich wird es Verlierer geben. Der Plan der DFL für einen  vorzeitigen Abbruch der Saison: Zwei Teams steigen ab, zwei Klubs steigen auf – und es sollte keine Relegationsspiele geben. Was bei einer Planung für ein Saisonabbruchsszenario eigentlich nur logisch ist. Festzulegen, dass das jeweils aktuelle Tabellenbild genommen würde im Abbruchsfall halte ich für zu kurz gedacht.

 

Was passiert zum Beispiel, wenn von zwei Konkurrenten um einen Aufstiegsplatz eines der Teams nur deshalb besser dasteht, weil es ein Spiel mehr absolviert hat? Wenn eine ungleiche Anzahl an Spielen die Teams trennt, kann man nicht die aktuelle Tabellensituation heranziehen, sondern müsste meiner Meinung nach eine Quotienten errechnen (Punkte geteilt durch Spiele). Genau so müsste man dann meiner Meinung nach auch mit dem Torverhältnis agieren. Bei Gleichheit auf allen Ebenen müsste dann der direkte Vergleich entscheiden, danach das Los. Dass selbst dann keine hundertprozentige Gleichheit herzustellen ist – logisch.

Einen solchen Lösungsweg wird es nicht geben. Auch nicht mit Quotienten. Denn derjenige, der mehr Spiele gegen Topteams absolviert hat, hätte das deutlich schwierigere Programm absolviert. Von daher bleibe ich dabei, dass es in dieser Saison von einer Instanz entscheiden werden muss wie beispielsweise die DFL. Es wird nichts bringen, sich mit den Bundesligisten auf einen Konsens einigen zu wollen. Es würde sogar eher noch mehr Unruhe bringen, wenn in der Abstimmung offenkundig wird, wer hier gegen wen abstimmt. Denn eins ist klar: Kein potenzieller Absteiger würde einem Abstieg bei Saisonabbruch zustimmen, sofern es nicht noch die Möglichkeit gibt, theoretisch sportlich die Klasse zu halten. Dafür ist hierbei einfach zu viel Geld im Spiel.

 

Letztlich bleibt aus meiner Sicht eigentlich nichts anderes als eine klare Entscheidung von oben (hierbei muss natürlich die Satzung des DFB und/oder der DFL ein solches Vorgehen hergeben). Die wird Unzufriedene schaffen. Aber das würde jede andere Lösung auch, die nicht rein sportlicher Natur ist. Das ist das einzige, was wirklich jetzt schon sicher wäre. Und da das Szenario eines vorzeitigen Saisonabbruches alles andere als ausgeschlossen ist, schließe ich mit den Worten Allofs’ an, der in der „Deichstube“ schrieb: „Den Plan der DFL, vor dem Re-Start den Fall eines Abbruchs durchzuspielen und von den Clubs die Konsequenzen verbindlich festlegen zu lassen, begrüße ich. Eines muss man dabei wissen: Es wird eine ungerechte Entscheidung sein. Bei einem Abbruch gibt es nicht die eine faire Lösung.“

Klar sind indes die nächsten Termine des HSV. Während die DFL ankündigte, über die Spielverschiebung der in Quarantäne befindlichen Dresdner gegen Arminia Bielefeld in der kommenden Woche zu entscheiden, hat die DFL heute die Ersatztermine für die Spieltage 27 bis 29, die in einer Englischen Woche absolviert werden,angesetzt. Demnach empfängt der HSV am 27. Spieltag zunächst am Sonntag (24. Mai, 13.30 Uhr) Arminia Bielefeld, ehe es in der Woche dann am Donnerstag (28. Mai, Anstoß 20.30 Uhr) beim VfB Stuttgart das Top-Spiel des 28. Spieltags gibt. Am Sonntag (31. Mai) wird um 13.30 Uhr Wehen Wiesbaden zu Gast sein und an den letzten beiden Spieltag geht es jeweils sonntags um 15.30 Uhr nach Heidenheim (21. Juni) ehe am letzten (28. Juni) Sandhausen in den Volkspark kommt. Zumindest hoffen beim HSV alle darauf.

Pollersbeck angeschlagen - Dudziak wird geschont

Ich hoffe indes für Julian Pollersbeck, dass seine Knöchelverletzung nicht schlimmer wird. Heute im Training knickte der Keeper unglücklich um und musste früher in die Kabine. „Beim Mittagessen konnte er schon wieder recht normal gehen“, berichtete Sportdirektor Michael Mutzel uns heute im Zoom-Video-Interview, in dem er zudem berichtete, dass Gideon Jung etwas angeschlagen ist und Jeremy Dudziaks Belastung heute bewusst etwas dosiert wurde.  Zudem hätte sich in den letzten Tagen einige Spieler in den Vordergrund spielen können, „von denen man es eher nicht erwartet hätte“, so Mutzel weiter. Wer genau das war, verriet er allerdings nicht. Dafür aber betonte er noch einmal, wie gut die Stimmung vor Ort ist und wie heiß alle seien, dass endlich wieder auf den Platz geht zum Kräftemessen mit echten Gegnern. Man wolle die Saison endlich sportlich zu einem Ende zu bringen. Und damit ist Mutzel angesichts der zu erwartenden Streitigkeiten bei einem Abbruch längst nicht allein...

In diesem Sinne, bis morgen! Da melde ich mich selbstverständlich wieder um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch, ehe es um 13.30 Uhr eine Pressekonferenz im Video-Chat-Format mit Trainer Dieter Hecking geben wird und ich mich am Abend dann wieder an dieser Stelle bei Euch melden werde! Genießt den Abend bis dahin und schreibt mir doch einmal, wie Ihr mit einem vorzeitigen Saisonabbruch umgehen würdet. Das Thema dürfte uns wohl noch ein paar Tage beschäftigen...

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