Marcus Scholz

3. September 2019

Na dann! Nachdem mit dem Bezirksamt Hamburg-Mitte auch staatliche Behörden die Korrektheit der Identität Bakery Jattas bestätigt haben und formaljuristisch keine Zweifel mehr bestehen, haben nun auch der 1. FC Nürnberg, der Karlsruher SC und der VfL Bochum mit einem Tag Verzögerung heute seinen Einspruch gegen die Spielwertung ihrer Partien gegen den HSV zurückgezogen. Die Mitteilung der Nürnberger, die sich in der ganzen Angelegenheit in den letzten Wochen besonders hervorgetan haben, im Wortlaut:

Bezirksamt Hamburg-Mitte hat die Ermittlungen zu Zweifeln an der Identität von Bakery Jatta eingestellt.

Mit der Entscheidung der zuständigen Behörde hat sich die sportjuristische Frage für den Club geklärt und wir sehen keine Veranlassung mehr, den Einspruch beim Deutschen Fußball-Bund gegen die Spielwertung des Club-Heimspiels gegen den Hamburger Sportverein am Montag, 05.08.19, aufrecht zu erhalten.

Das Bezirksamt Hamburg-Mitte hatte die Ermittlungen zu Zweifeln an der Identität von Bakery Jatta vom Hamburger Sportverein am Montag, 02.09.19, eingestellt. Der Club hatte aufgrund begründeter Verdachtsmomente, die auch das Bezirksamt Hamburg-Mitte zur Aufnahme entsprechender Ermittlungen veranlasste, ausgelöst durch Medienberichte in der Sport Bild, später im Rahmen von „Football Leaks“ in Der Spiegel und Bild, Einspruch gegen die Spielwertung eingelegt, um seiner Verantwortung für den Verein gerecht zu werden.

Anfeindungen gegen Bakery Jatta verurteilen wir auf das Schärfste

Wir haben im Zweitligaspiel gegen den HSV eine verdiente Niederlage hinnehmen müssen. Durch die veränderte Indizienlage hat sich in einem unsicheren Umfeld nun mehr Klarheit für uns ergeben und es besteht kein Grund mehr, die Rechtmäßigkeit der Spielberechtigung zu hinterfragen. Wir sind froh, dass eine Regelverletzung ausgeschlossen werden konnte und wir uns nun ausschließlich wieder dem Sportlichen zuwenden können.

Wir bedauern es sehr, dass die Diskussionen um Bakery Jatta in den vergangenen Wochen besonders emotional geführt wurden. Die Anfeindungen gegen ihn wie auch die populistische oder parteipolitische Instrumentalisierung verurteilen wir auf das Schärfste. Wir wünschen Bakery Jatta alles erdenklich Gute!

Manchmal dauert es eben einfach etwas länger, bis der eine oder andere sein Unrecht erkennt und sich wieder auf die richtige Seite schlägt. Nürnberg tat es heute - und der Karlsruher SC sowie der VfL Bochum folgten und zogen ihrerseits ihre Einsprüche per sofort zurück. Ergo: Bakery Jatta ist ab sofort wieder ohne jeden Vorbehalt spielberechtigter HSV-Profi. Was dennoch abzuwarten bleibt, ist, ob diese sportpolitisch jetzt von allen Klubs anerkannte Situation auch bei den Kollegen der schreibenden Zunft so umgesetzt wird. Dass sich Jatta dazu herablässt, die ihn anklagenden Kollegen wiederum ihrerseits zu verklagen, glaube ich nicht. Es wäre emotional nur zu verständlich und rechtens - aber dabei kommt einfach zu selten mehr heraus als eine halbherzig platzierte Gegendarstellung. Bringt also nichts.

Hier im Blog stellen sich viele die Frage, was nach dem ganzen Theater übrig bleibt. Und während die entsprechenden Medien verflucht werden, hat sich bei mir die Enttäuschung manifestiert, dass der Fußball eben nicht gefeit davor ist, sich vorschnell politisieren zu lassen. Bochum und Karlsruhe werden zwar nicht so oft genannt, haben aber letztlich  nichts anderes gemacht, als sich hinter dem Einspruch der Nürnberger zu verstecken, die diesen aufrechterhielten, bis auch die allerletzte Chance auf Erfolg verflogen war. Von daher gehen die Nürnberger aus meiner Sicht zweifelsfrei als die großen Verlierer dieser Nummer hervor.

Und wenn stimmt, was ich gehört habe, dann tun sie das Hand in Hand mit den Kollegen der SportBild, mit denen sie in einem engen Austausch eine Interessengemeinschaft gegründet - und gelebt haben. Der Profiler beispielsweise, den die Nürnberger vor das DFB-Sportgericht als Zeugen geladen hatten, soll sich vorher schon gegenüber der SportBild geäußert haben. Eigentlich sollte daraus auch eine Story gemacht werden - für den vergangenen Mittwoch. Aber sie wurde gestrichen. Und stattdessen tauchte der Profiler als Zeuge der Nürnberger auf. Was ich damit sagen will: Hier scheinen Doppelpässe gespielt worden zu sein, die ungesund sind. Sie zerstören auf der einen Seite die Unabhängigkeit der Berichterstatter - und zum anderen lassen sich hier Klubs (bzw. mindestens ein „Club“) von außen instrumentalisieren. Sie alle haben einen Imageverlust erlitten, der sich erst in den nächsten Monaten so richtig messen lassen wird.

Andererseits ist es an der Zeit, auch noch mal zu loben. Wie sich Darmstadt 98, der FC St. Pauli, Chemnitz, Osnabrücks Trainer Thioune, Stuttgart-Coach Walter und zuletzt auch Hannover 96 in dieser Thematik verhalten haben - fantastisch. Sie haben die richtigen Zeichen gesetzt und ein Beispiel gegeben, wie wir das nächste Mal von Beginn an mit einer vergleichbaren Thematik umgehen müssen. Ebenso der HSV, der sich in der gesamten Zeit immer bedingungslos zu seinem Spieler bekannt hat. Vom Vorstand über die Mannschaft bis hin zu den Fans hat sich der Verein in den letzten Wochen bundesweit vieles von dem an Sympathien zurückgewinnen können, was man mit arroganten und erfolglosen Auftritten in den letzten Jahren verloren hatte.

Und auch für uns alle hier möchte ich behaupten, dass wir das gemacht haben, was man machen muss: Wir haben niemanden vorverurteilt. Im Gegenteil, wir haben hier eine sehr emotionale und trotzdem immer sachliche Diskussion erlebt, die der Schwierigkeit des Themas angemessen und vor allem dem Menschen Bakery Jatta gegenüber immer respektvoll war. Am ersten Tag der Berichterstattung über die Zweifel an Jatta Identität hatte ich hier geschrieben:

„Es muss weiterhin möglich sein, Missstände offenzulegen, wenn sie da sind. Und diese sind so normal wie das Auf- und Untergehen der Sonne. Es gibt sie in jedem Verein der Welt. Beim Champions-League-Sieger ebenso wie beim Zweitliga-Absteiger. Sie gehören ebenso zum Ist-Zustand des HSV wie der Jubel über Siege, Torschützen und Toptalente. Es ist die Aufgabe der Presse, nachzufragen. In alle Richtungen. Immer. Von diesem Standpunkt aus respektiere ich die Arbeit der SportBild-Kollegen. Sie haben sehr viel herausgefunden, was für ihre These spricht, dass Jatta gar nicht Jatta ist. Aber mein Problem damit: Sie haben es trotz ihrer umfangreichen Recherche nicht geschafft, Jatta die Vorwürfe nachzuweisen. Und deshalb bleibe ich bei den Grundsätzen unseres Rechtsstaats: Es hätte diese Geschichte in der Form von heute so nicht geben dürfen. Denn egal wie wahrscheinlich es auch wirken mag, bis zum Beweis des Gegenteils ist jeder als unschuldig zu betrachten. Auch Jatta…“

Und heute fühle ich mich bestätigt. Vor allem, was die hiesige Diskussionen von uns allen betrifft. Das war ethisch und moralisch einwandfrei.

Von daher auch an Euch noch einmal mein ganz, ganz herzlicher Dank!

Ihr habt Euren Teil dazu beigetragen, dass der HSV nach außen wieder ein sympathisches Gesicht bekommen hat.  Vor allem habt ihr dem Menschen Jatta gegenüber den Respekt bewahrt, den jeder Mensch verdient und gezeigt, dass die Gemeinschaft HSV mehr ist, als der Kampf um Bundesligapunkte. Aber wem steht dieses Lob mehr zu als dem HSV selbst. Der HSV-Vorstand mit Bernd Hoffmann, Jonas Boldt und Frank Wettstein gab heute eine gemeinsame Stellungnahme ab, mit der ich den Blog für heute schließen möchte:

„Das ist ein guter Tag für Bakery Jatta, den HSV und seine Fans. Wir sind froh, dass sich alle Klubs nach der schnellen Arbeit der Hamburger Behörden wieder auf Fußball statt auf Paragraphen konzentrieren können. Wir wünschen uns insbesondere für Bakery Jatta, dass wir jetzt endlich wieder zur Normalität zurückkehren können. Wir freuen uns sehr, dass die eindeutige Haltung von Dieter Hecking und seinem Trainerteam, seinen Mitspielern, aber auch die Unterstützung von Aufsichtsrat und Mitarbeitern der AG, Präsidium und Gremien des Vereins Bakery geholfen haben, diese belastenden Wochen durchzustehen. Ein ganz besonderer Dank gilt den HSV-Fans, die sich in dieser Zeit bis zum emotionalen Sonntag in einer Art und Weise präsentiert haben, auf die wir sehr stolz sind. Bedanken möchten wir uns auch bei den Klubs aus Darmstadt, Chemnitz, Hannover und dem FC St. Pauli, die durch ihren vollzogenen oder angekündigten Verzicht auf Einspruch ihr Verständnis für Fairplay und Sportlichkeit ausgedrückt haben. Gleiches gilt für Trainer, Verantwortliche und weitere Menschen aus dem Sport, die ihre Haltung in dieser Angelegenheit eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht haben. Mit den beteiligten Klubs aus Nürnberg, Bochum und Karlsruhe hatten wir heute einen sachlichen Austausch. Es tut uns allen gut, dass im spannenden Wettbewerb der Zweiten Liga nun wieder Rechtssicherheit herrscht. Wir haben den Klubs versichert, dass die Angelegenheit für den HSV damit erledigt ist und wir uns auf die Spiele in der Rückrunde mit ihnen freuen.“

In diesem Sinne, bis morgen. Anbei noch der Rautenperle Talk mit Ur-HSVer Marinus Bester, der Euch Interna über die Kabinenkonstellationen der letzten Jahre, den aktuellen Kader sowie über die Nachwuchsarbeit verrät. Zudem sagt er, weshalb er glaubt, dass der HSV von heute besser ist als der aus der Vorsaison. Viel Spaß dabei! Ich melde mich unterdessen morgen früh wieder bei Euch mit dem MorningCall. Zudem werde ich Euch morgen Abend vom ersten Training mit Martin Harnik berichten.

 

Bis dahin!

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