Marcus Scholz

21. Januar 2019

 

Ich hätte Euch gern sehr detailliert und umfangreich vom heutigen Training berichtet.  Aber ich konnte dem leider heute nicht beiwohnen, weil ich bei den Freunden von „Bohndesliga“ (www.Rocketbeans.tv) zu Gast war. Eine sehr lockere, launige Runde mit drei außergewöhnlich sympathischen Kollegen über den deutschen Fußball und den HSV im Speziellen. Dennoch, auch Trainingseindrücke wären eine gelungene Ablenkung von der drögen Vereinspolitik gewesen, die am Sonnabend ihren ersten Höhepunkt in 2019 hatte.

 

Mit der Wahl von Marcell Jansen zum Präsidenten und dem Votum der Mitglieder, dass die Verkaufsobergrenze von 24,9 Prozent der AG-Anteile vom Präsidium in die AG-Satzung übertragen wird wurden zwei ganz wesentliche Entscheidungen getroffen, die uns in den nächsten Monaten ebenso wiederholt begegnen werden wie die Neubesetzung des Beirates. Denn der bekommt vom Präsidium Kandidatinnen oder Kandidaten vorgeschlagen und darf/soll den geeigneten Kandidaten zulassen. In der Gesellschafterversammlung aller Aktionäre entscheidet dann wiederum eine Dreiviertelmehrheit darüber, ob dieser Kandidat/-in dann auch wirklich Einzug in den Aufsichtsrat hält. Ergo: Marcell Jansen ist letztlich der (alles) entscheidende Mann, wenn es um die Besetzung des durch seine Wahl zum Präsidenten des e.V. frei gewordenen Platz im Kontrollrat geht. Und damit hat Jansen neben der 24,9-Prozent-Hürde den nächsten großen, brisanten Auftrag.

Zuletzt wurde immer wieder gemunkelt, dass im Falle einer Wahl Jansens der amtierende  Vizepräsident Thomas Schulz - bis hierhin vertrat Schulz den in den Vorstand aufgerückten Ex-Präsidenten Hoffmann - im Aufsichtsrat fest installiert würde. Dann, nachdem am vergangenen Mittwoch die Gesellschafter zusammengekommen waren, hieß es, Klaus Michael Kühne habe sich das Recht erbeten, einen Abgesandten für den Aufsichtsrat zu stellen. Und seit gestern steht auch die Option im Raum, Jansen könne Dr. Ralph Hartmann nominieren. Jansen hatte zuletzt immer wieder betont, wie viel er von seinem Gegenkandidaten ums Präsidentenamt halten würde. Hartmann selbst betonte indes, auf eine etwaige Anfrage für das Amt bereitzustehen.

Es wäre eine salomonische Lösung des Wahlkampfes, dessen Ergebnis Klaus Michael Kühne heute begrüßte und in dem Jansen-Kontrahent Dr. Ralph Hartmann als der sachlich-fachlichste Kandidat vor allem beim Thema Finanzen galt, während Jansen mit seiner zusammenführenden Art zu punkten wusste und weiß. Es wäre die Symbiose zweier erforderter Qualitäten: Sportliche mit wirtschaftlicher Kompetenz. Fraglich ist allerdings, wie sich das Verhältnis der beiden nach der Mitgliederversammlung darstellt. Hintergrund: Hartmann hatte am Sonnabend in seiner Rede vor den Wahlen harte Geschütze in Richtung seiner Konkurrenten aufgefahren und es ist noch unklar, inwieweit das das Vertrauensverhältnis Jansens zu Hartmann gestört haben könne. Zudem gilt Hartmann in seiner Haltung als kritisch gegenüber dem Vorstand, zu dem Jansen wiederum ein sehr enges Vertrauensverhältnis pflegt. Insofern könnten hier schon Interessen entscheidend kollidieren.

Geklärte Fronten gibt es inzwischen im Fall Bakery Jatta. Der Außenstürmer hat einen Vertrag bis Juni 2024. „Ich bin dem HSV sehr dankbar und bin froh, dass wir weiter zusammenarbeiten können. Ich möchte hier gerne noch mehr lernen und dem Klub helfen. Gemeinsam mit der Mannschaft will ich in die Bundesliga zurückkehren“, sagt Jatta bei hsv.de auf der Vereinsseite, während sich Sportvorstand Ralf Becker zufrieden mit der gefundenen Lösung zeigte: „Wir sind grundsätzlich daran interessiert, mit jungen Spielern zu arbeiten, die unseren Weg mitgehen wollen. Bakery Jatta hat vor allem in den vergangenen sechs Monaten einen großen Schritt gemacht und gezeigt, dass er ein wichtiger Spieler für die Mannschaft ist. Da er noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung ist, haben wir uns bewusst dazu entschieden, den Vertrag bis 2024 zu verlängern.“

Fünfeinhalb Jahre Vertrag noch für einen Außenstürmer, der es auf gerade erst fünf Spiele von beginn an bringt. Das ist mutig! Und ich gebe zu, ich hätte so eine Vereinbarung nur dann getroffen, wenn ich mir vereinseitig eine Ausstiegsoption in den Vertrag hätte einbauen dürfen. Aber die soll es in diesem Fall nicht geben.

Insofern bleibt abzuwarten, ob Becker mit seiner Einschätzung richtig liegt und die Investition in Jatta eine gewinnbringende wird - sportlich und/oder finanziell. Denn Fakt ist auch, dass ein Spieler mit rund  350.000 Euro (die kolportierten Zahlen schwanken zwischen 300.000 und 450.000 Euro) Jahresgehalt ein überschaubares Risiko darstellt. Es sei denn, man muss ihn gegen den Willen und die sportliche Vernunft behalten, worin ich das einzige - aber eben auch große Risiko sehe. Denn bei allem Respekt vor dem tollen Werdegang Jattas in den letzten Monaten ist sein technisches wie taktisches Talent ebenso überschaubar wie seine Sprintstärke eine Waffe ist. Ergo: Daumen drücken für Jatta - und den HSV.

Daumen drücken heißt es auch weiterhin bei Aaron Hunt, der heute noch nicht mit der Mannschaft trainieren konnte, dafür aber zusammen mit Kyriakos Papadopoulos einer sehr erfreulichen Premiere beiwohnen durfte. Denn zusammen mit dem Innenverteidiger absolvierte Hunt eine individuelle Laufeinheit - mit Jairo Samperio zusammen, der das erste Mal seit seiner schweren Verletzung zu Saisonbeginn eine Laufeinheit im Freien absolvieren durfte. Im Training selbst fehlte zudem Gideon Jung, der eine separate Laufeinheit absolvierte. Belastungssteuerung, so die Erklärung im Anschluss. Aber es wird immer wahrscheinlicher, dass die Rückkehr Jungs in die Startelf noch einmal über den Punktspielstart 2019 gegen den SV Sandhausen hinaus verschoben wird.

Ich werde mich indes morgen wieder bei Euch melden. Dann mit frischen Eindrücken vom Training, das um 11 Uhr öffentlich am Volksparkstadion stattfindet. Bis dahin Euch allen einen schönen Abend!

Scholle

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