Nico Pommerenke

20. Juli 2018

Moin Moin, liebe Freunde der Rautenperle!

Wie unterschiedlich zwei aufeinanderfolgende Tage bei ein und dem selben Club doch ausfallen können. Wie manche gestern noch monierte Themen sich plötzlich in Wohlgefallen auflösen können. Und wie schön es doch ist, dass es im Fußball auch noch solche Nachrichten wie die von heute gibt.

Jann-Fiete Arp war mal wieder der gefragte Mann. Noch über eine halbe Stunde nach Trainingsschluss gab es Autogrammwünsche zu erfüllen. Auch der ein oder andere Plausch wurde wie gehabt zwischen den Fans und dem jungen Stürmer gehalten. Schließlich besuchen auch viele alte Bekannte aus dem Segeberger Kreis, von wo das Talent im Jahr 2010 zum HSV wechselte, das Training.

Arp selber gab sich dabei gewohnt lässig: Geduldig erfüllte er jeden Wunsch und schnackte freundlich mit den Fans, immer ein smartes Lächeln auf den Lippen.

Was der gerade einmal 18-Jährige dabei schon seit gestern wusste und was während der Trainingseinheit am Vormittag schon auf unserer Facebook-Seite vermeldet worden war, wurde wenig später von HSV-Seite offiziell verkündet: Arp verlängert seinen im kommenden Juni auslaufenden Vertrag um ein weiteres Jahr bis zum Sommer 2020. Gestern Abend hatte ein Treffen zwischen Ralf Becker, Bernd Hoffmann und Berater Jürgen Milewski zum Durchbruch geführt. Damit ist ein Wechsel zum FC Bayern München in dieser Transferperiode vom Tisch, trotz monatelanger Hängepartie und einem vom Rekordmeister angebotenen Gehaltsvolumen von circa 20 Millionen Euro in vier Jahren.

Der Youngster selber wandte sich mit eindeutigen Worten an die Fans: „Mit dem Abstieg diesen Club zu verlassen, war für mich nie eine Option. Gerade in so einer harten Zeit kann und will man sich nicht vom HSV trennen, sondern dem Club das zurückgeben was er verdient hat. Deshalb war für mich früh klar, dass dieser Weg hier für mich noch nicht beendet ist.“ Diese Aussage deckt sich mit dem, was Scholle in den vergangenen Wochen an dieser Stelle geschrieben hat und wofür er in den Kommentaren teilweise doch arg gescholten wurde. Es war die Rede davon, Arp sei ein Söldner, der bei erster Gelegenheit dem Ruf des Geldes folgt. Doch deckt sich die heutige Entwicklung auch mit den Beobachtungen und Eindrücken des gesamten Jahres: Der Spieler selber fühlt sich in Hamburg wohl, verfügt über eine hohe Identifikation mit dem Verein und ist zudem reflektiert genug zu wissen, dass ein Transfer zu den Bayern mindestens ein, wenn nicht sogar zwei bis drei Jahre zu früh käme.

Gleiches lässt das Statement von Ralf Becker zur Vertragsverlängerung erahnen: „Für Fiete war es nach dem Abstieg direkt klar, dass er hier bleiben und alles dafür tun möchte, mit seinem Club wieder aufzusteigen.“ Becker spricht weiter von einem ganz großen Zeichen „für uns alle, dass so eine Identifikationsfigur wie Fiete trotz der Möglichkeiten, die sich ihm geboten haben, bei uns bleibt.“ Diese Aussagen lassen den Schluss zu, dass sich die Hängepartie um das begehrte Talent vor allem aufgrund der Zwickmühle des HSV entwickelt hat. Der Verein lief akut Gefahr, das größte Talent der vergangenen Jahre für einen nicht angemessenen Preis zu verlieren, ihn entweder jetzt für eine geringe Ablöse oder nach einer Zweitligasaison ablösefrei ziehen lassen zu müssen. So sind dann eben die Mechanismen des Geschäfts, unter denen vor allem der Spieler selber zu leiden hatte.

Die Ungewissheit und Belastung, ausgelöst vom anhaltenden Tauziehen, schienen den gebürtigen Bad Segeberger zu hemmen. In den Einheiten der vergangenen Wochen lief immer weniger zusammen, Stockfehler und Glücklosigkeit bestimmten das Spiel des zweifachen Bundesligatorschützen. Aber schon heute schien ein Stück der jugendlichen Leichtigkeit zurückgekehrt. Das Training machte sichtlich wieder richtig Spaß.

Litt Arp nun die vergangenen Wochen unter den Eigenheiten des Profifußballs, dürfte sein Beliebtheitsgrad durch seine den Strömungen des Geschäfts widersprechenden Handlungen auf eine neue Stufe gehoben werden. Schon Ende Oktober 2017, als ihm bei seinem zweiten Bundesligaeinsatz im Berliner Olympiastadion ein Treffer gelang, der HSV aber der Hertha mit 2:1 unterlag, sangen die Fans: „Außer Fiete könnte ihr alle gehen!“ Nur eine Woche später konnte man beim 3:1 gegen den VfB Stuttgart, auch hier trug sich Arp in die Torschützenliste ein, erleben, welche Euphorie und Stimmung der Teenager mit dem herrlich norddeutsch klingenden Namen entfachen kann. Jann-Fiete und der HSV - durch sein Bekenntnis dürfte sich die Popularität nochmals schlagartig steigern.

Nur einem Tag nach der Horror-Nachricht um den monatelangen Ausfall von Gideon Jung herrschte heute also ein ganz anderes Gefühl im Volkspark. Die bedrückende Ernüchterung von gestern ist dem Gefühl von Aufbruch und Zusammenhalt gewichen.

Die Zukunft Jann-Fiete Arps über die heute in zwei Wochen startende Zweitligasaison hinaus ist jedoch schwer vorherzusehen. Fakt ist: Der FC Bayern ist dem HSV mit der Ablösesumme entgegengekommen, war zuletzt bereit, vier Millionen Euro auf den Tisch zu legen. Auch die fünf Millionen Euro Jahresgehalt zeigen mehr als deutlich, wie begehrt Arp an der Isar war und ist. Schwer vorstellbar, dass das Werben der Bayern bei ansprechenden Leistungen im HSV-Trikot nachlassen wird - zumal man im kommenden Sommer die genau gleiche Ausgangslage wie noch die vergangenen Wochen hätte.

Für den Moment und die anstehenden Aufgaben aber solltet ihr Euch erstmal über Arps Entscheidung freuen. Nicht nur auf der emotionalen Ebene kann der Verbleib für einen Push sorgen, auch sportlich wissen wir alle, über was für Anlagen der Mittelstürmer verfügt. Zumal der HSV über eine ordentliche Offensivabteilung um die Stürmerposition herum verfügt und das Verhältnis zwischen Trainer und Spieler sehr gut ist. Christian Titz wusste übrigens schon länger von der Tendenz, dass sein junger Angreifer dem Verein erhalten bleiben wollte. Dass die Verlängerung nun fix ist, darauf kann der Coach durchaus auch stolz sein. Denn ohne ihn wäre ein Verbleib von Arp um einiges unwahrscheinlicher gewesen.

Zum Schluss will ich noch ein paar wenige Eindrücke von der heutigen Trainingseinheit schildern: wie bereits gestern legte Christian Titz viel Wert auf die spielerische Komponente. Fast eine ganze Stunde lang wurde die Spieleröffnung unter Einbezug des Torhüters geübt. Julian Pollersbeck hatte von allen Spielern die meisten Ballkontakte auf dem Platz, gefolgt von den beiden Innenverteidigern, die sich ständigem Gegendruck ausgesetzt sahen. Neben dem gesetzten zentralen Abwehrmann Rick van Drongelen übernahm David Bates den Part von Gideon Jung. Der Neuzugang aus Schottland scheint von den verfügbaren Alternativen die erste Ersatzlösung für Christian Titz zu sein, ehe auf dem Transfermarkt nachgebessert wird. Kyriakos Papadopoulos blieb aufgrund seiner anhaltenden Knieverletzung in der Kabine. Bakery Jatta (Aduktorenprobleme), Arianit Ferati (Bänderriss im Knöchel) und Douglas Santos (Schleimbeutelentzündung am Hüftbeuger) gingen individuell im Volkspark laufen.

 

Ein Opfer der Trainingsintensität gab es am kurz vor Ende der Einheit auch noch. Christoph Moritz knickte im Zweikampf um und wurde mit bandagiertem Knöchel vom Platz gefahren. Am Nachmittag konnte aber bereits Entwarnung gegeben werden. Die Diagnose: Sprunggelenksprellung. Der Neuzugang aus Kaiserslautern konnte auch beim Abtransport auf dem Golfkart schon wieder lachen.

Ob es für einen Einsatz beim Blitzturnier in Meppen (morgen ab 14 Uhr in der Hänsch-Arena) reicht, soll morgen entschieden werden. Vor den Duellen gegen den SV Meppen und Stoke City ist jedenfalls jede Menge los beim HSV. Das sorgt bei mir auch dafür, dass die Neugier zwei Wochen vor der ersten Zweitligasaison der Geschichte spürbar steigt.

 

In diesem Sinne - beste Grüße!

Euer Nico

Im Abspann noch das neue Musikvideo unseres Freundes Elvis:

 

 

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