Marcus Scholz

23. August 2018

Ralf Becker war gerade dabei, uns Journalisten zu erklären, dass sich personell beim HSV erst einmal nichts mehr tun würde. „Grundsätzlich sind wir fertig. So, wie wir aufgestellt sind, sind wir zufrieden“, sagte Becker, als hinter ihm auf dem Trainingsplatz Jairo Samperio nach einem Kopfballduell mit U21-Leihgabe Fabian Gmeiner unglücklich aufkam und sich das rechte Knie verdrehte. Der Spanier schrie mehrfach laut auf, was wirklich schon schlimm klang. Und nachdem er lange behandelt worden war,  brach er dick bandagiert das Training ab und wurde mit dem Golfcart in die Kabine gebracht. Von dort aus ging es direkt ins UKE-Krankenhaus. Am Nachmittag dann die schlimme Diagnose via Pressemitteilung des HSV:

Der 25-jährige Spanier hat sich im heutigen Mannschaftstraining eine ganz schwere Knieverletzung zugezogen, mit der er dem HSV lange Zeit fehlen wird. Nach einer eingehenden Untersuchung im UKE wurde eine Schädigung beider Kreuzbänder und des Innenbandes im rechten Kniegelenk diagnostiziert. Anfang kommender Woche wird Jairo voraussichtlich bereits operiert. „Das ist natürlich ein Schock. Vor allem für ihn tut es mir unheimlich leid. Er ist ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft und war auf einem guten Weg, an seine alte Leistungsstärke anzuknüpfen. Wir werden alles dafür tun, um ihn in der schweren Reha-Phase bestmöglich zu unterstützen“, sagt Sportvorstand Ralf Becker.

Und als hätte Becker es geahnt, hatte er vor der schlimmen Verletzung Jairos auf die Frage, ob die Kaderplanungen abgeschlossen seien, gesagt: „Das hört sich so endgültig an. Wir sind alle dabei, alles zu tun und uns gut aufzustellen. Was die Kaderzusammensetzung betrifft, sind wir zufrieden. Zumal wir wussten, dass ob der Situation es nicht leicht wird.“ Und die Verletzung Jairos dürfte diese Situation noch einmal erschweren. Angesichts der Ausfallzeit von mehrere Monaten wird der HSV hier noch mal nachprüfen, ob man noch einmal tätig werden kann. Ohne Kühnes Hilfe. Zumindest sagte Becker heute noch einmal, dass er bislang keinen persönlichen Kontakt zu Kühne hatte...

Becker sagte auch, die Basis des Erfolges sei eine stabile Defensive. Dennoch wird es hier nahezu sicher keine weiteren Veränderungen geben. Auch nicht auf der Position des Linksverteidigers. Beckers klare Ansage:

Santos bleibt beim HSV!

„Das Thema hatten wir immer auf der Agenda gehabt. Wir haben bei Douglas auch immer ganz klar kommuniziert, wie wir uns das vorstellen. Das oberste Ziel ist, dass wir unsere sportlichen Ziele erreichen. Wir haben uns so positioniert, dass jetzt kein Wechsel mehr in Frage kommt. Wir planen fest mit ihm.“

Entscheidend für diese klare Positionierung zum jetzigen Zeitpunkt waren zwei Themen: Der Abgang des Spielers sowie die Möglichkeit, darauf adäquat reagieren zu können.“ Und weil man so kurz vor dem Transferschluss nicht mehr entsprechend reagieren könnte, hat der HSV das Thema Santos beendet. Vernünftig, wie ich finde. Zumindest aber für alle beruhigend, da man jetzt planen kann. Wie Santos die Entscheidung aufgenommen hat? „Er weiß es. Natürlich nimmt man alles mit in die Entscheidung. Aber am Ende muss man als Verein eine Entscheidung treffen. Dass nicht jeder sofort ‚Hurra’ schreit, ist doch klar. Aber wir gehen davon aus, dass wir mit Douglas eine erfolgreiche Saison spielen.“

Santos bleibt also, obwohl es immer wieder Interessenten gegeben hat. Schalke, Bayer Leverkusen – und gestern kurzfristig auch noch Zenit St. Petersburg. Becker entschleunigt: „Es hat sich so entwickelt. Es gab immer viele Gerüchte, wo oft sehr wenig Substanz hinter war. Jetzt haben wir gesagt, wir wollen das beenden und uns auf unseren Job hier konzentrieren. Der sportliche Erfolg steht über allem, von demher haben wir es so besprochen und entschieden, dass wir in dieser Konstellation in die Runde gehen. Und jetzt weiß auch jeder Bescheid.“

Wirtschaftlich hätte ein Verkauf sehr lukrativ sein können. Aber sportlich ist Santos für den HSV elementar, da Santos ist inzwischen ein absoluter Schlüsselspieler geworden ist. Defensiv – aber längst auch offensiv. Santos ist aktuell meiner Meinung nach der einzig gesunde Spieler im Kader, der das Titz-System auch auf dem Platz aus der Viererkette heraus umzusetzen weiß. Er besitzt die technischen Fähigkeiten und die Übersicht, die ihn für andere wie Thomas von Heesen „zu gut für die Zweite Liga machen“ – aber eben auch für den HSV unverzichtbar. Deshalb begrüße ich die Entscheidung – allemal aus sportlicher Sicht - zu 100 Prozent.

So ein Spieler wie Santos kann den Unterschied ausmachen. Und dass ich das von ihm als linken Verteidiger sage – es soll meine Wertschätzung für den Mann, der im vergangenen Winter schon abgeschrieben war, nur noch einmal betonen. Auch Becker ist glücklich mit dieser Entscheidung. „Wir haben eine richtig gute Truppe und ehrgeizige Ziele. Das sollten wir uns immer vorhalten. Der Auftrag an die Truppe jetzt heißt, Montag Bielefeld zu schlagen.“ Ob er sich vorstellen könne, noch einmal einen Dämpfer wie gegen Kiel zu bekommen? „Wir haben einen anderen Anspruch an uns. Und eine andere Erwartung an die Mannschaft, wie die Mannschaft auch an sich ob der individuellen Qualität. Deswegen gehen wir davon aus, dass Kiel ein Ausrutscher war.“

Hoffen wir es. Zumal die zwei Siege danach – in Sandhausen souverän und in Erndtebrück mit Licht und Schatten –zumindest Zuversicht geben. Und o wackelig die Defensive auch noch ist, offensiv tut sich was beim HSV. Der Konkurrenzkampf im Sturm ist größer denn je. Mit Manuel Wintzheimer ist ein junger, hungriger Spieler dazugekommen, der über einen starken Torabschluss (schießt beidfüßig stark) verfügt. Zudem ist Pierre Michel Lasogga wieder da. Seinen ersten zwei Pflichtspieltoren seit der Rückkehr aus Leeds sollen weitere folgen.   Ebenso wie bei Fiete Arp, der in der U21 traf und bei Titz ebenso wie bei Becker große Hoffnungen weckte: „Die ganze Konstellation des letzten Jahres war nicht einfach. Aber wir haben jetzt alle das Gefühl, dass er inzwischen ein anderer Typ ist. Das ist für uns auch wichtig. Wir brauchen das auch – den Konkurrenzkampf auf allen Positionen. Fiete ist jetzt wieder da.“

Und während gestern Arp und heute mal Pierre Michel Lasogga im A-Team stürmen durfte, ist morgen trainingsfrei. Dann ist es ruhig auf den Plätzen neben dem Volksparkstadion. Kein Trainer, der seine Defensive sucht, kein Kampf um Stammplätze – und auch keine neuen Verletzten. Einfach mal 24 Stunden Zeit, um einmal tief durchzuatmen. Denn Montag wird es gegen Bielefeld schwer genug.

Vor allem aber drücke ich Jairo Samperio beide Daumen, dass er schnell wieder zurückkommt. Wer auch immer von Euch schon einmal einen Kreuzbandriss hatte, die/der weiß, wie beschwerlich der Weg zurück ist. Auch ich habe das schon mitgemacht. Kreuzbandriss, Knorpelschaden – aber einen doppelten Kreuzbandschaden aber hatte ich zum Glück noch nicht. Ich will mir auch gar nicht vorstellen, was jetzt gerade in Jairo vorgeht. Daher umso mehr:

ALLES GUTE UND VIEL KRAFT, JAIRO!

In diesem Sinne, bis morgen!

Scholle

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