Marcus Scholz

15. Juli 2020

Es ist eigentlich immer das gleiche Prozedere. Morgens geht es früh aus der Koje, es werden alle Zeitungen und Magazine gelesen, um die neuesten HSV-Nachrichten zusammenzutragen und sie im MorningCall für alle Rautenperle-Freunde mundgerecht aufzubereiten. Um 7.30 Uhr können dann alle, die das wollen, sich alle HSV-News von mir vortragen lassen, um komplett auf der Höhe zu sein – was den HSV betrifft. Aber es gibt da immer zwei Zeiten im Jahr, in denen ich eigentlich jeden Morgen damit rechne, schon ein paar Minuten später quasi inaktuell zu sein, weil etwas wesentliches passiert ist. Und diese Phasen nennen sich „Transferperiode“. Da passiert es schon mal, dass man den MorningCall keine Viertelstunde online hat und somit nichts mehr ändern kann – wenn man überholt wird. So auch heute.

Denn heute erhielt ich von einem guten Freund schon sehr früh gegen 8.30 Uhr eine Whattsapp mit dem Hinweis, dass die BILD sehr zeitnah mit einer Jatta-Meldung um die Ecke kommen würde. Und mit der Meldung, dass Dieter Hecking als neuer Vorstand Sport in Nürnberg im Gespräch ist. Zwei Meldungen, die in mir eine gewisse Unruhe auslösten, weil sie irgendwie nicht zusammenpassen. Zum einen die Meldung mit Jatta, der sich weiter investigativer Untersuchungen der Staatsanwaltschaft ausgesetzt sieht. Zum anderen Jattas erster Verteidiger in Sachen Öffentlichkeitsarbeit, Dieter Hecking – und der soll zum 1. FC Nürnberg? Zu dem Klub, der Jattas Identität öffentlich angezweifelt hatte, um daraus sportlich Profit zu schlagen? Schwer vorstellbar…! Oder? Leider nein. Denn wenn es so kommt, wie es kolportiert wird, dann ist Hecking tatsächlich erster Kandidat auf die Nachfolge des beim FCN gerade entlassenen Robert Palikuca. Es wäre ein Transfer mit mächtig Geschmäckle…

Hecking, der sich so loyal vor Jatta gestellt und gegen die Nürnberger Proteste gestemmt hatte, würde ausgerechnet zu dem Klub wechseln, der sich in der ersten Phase der Ermittlungen gegen Jatta sogar mit der Staatsanwaltschaft kurzgeschlossen und mit der berichtenden SportBild solidarisiert hatte. Er würde von dem Aufsichtsrat eingestellt, der ohne Rücksicht auf Jatta geklagt und sogar eigene Ermittlungen angestellt haben soll. Hecking würde also lächelnd all denen die Hand schütteln, die er vor einigen Monaten ermahnt hatte, die Würde Jattas nicht zu verletzen. Wirft Hecking alle die Werte über Bord, die er gefordert hatte, um die erstbeste Gelegenheit zu nutzen, den nächsten Schritt zu gehen? Klar ist, das hatte Hecking vor ein paar Monaten schon gesagt, er kann sich die Rolle des ersten, sportlich Verantwortlichen sehr gut vorstellen. Von daher käme die Position Vorstand Sport gelegen. Und auch der Umstand, dass Dirk Bremser sich nicht an Hecking koppelt, spricht dafür, dass dieser keinen neuen Trainerjob annimmt.

Hecking nach Nürnberg? Das hätte Geschmäcke...

Ich habe Hecking natürlich versucht, zu erreichen. So, wie wahrscheinlich einige heute, nachdem die Meldung rauskam. Und ich habe ihn nicht erreicht, um meine Fragen zu stellen. Daher sind sie weiter unbeantwortet und es besteht noch eine leise Hoffnung, dass entweder alle die Personen beim FCN ausscheiden, die damals die mediale Hetzjagd auf Jatta begünstigt haben. Auch deshalb beende ich den Part über Hecking, den ich bislang für seine uneingeschränkte Geradlinigkeit sowie  seine werthaltige, respektvolle und loyale Art extrem schätze, an dieser Stelle und warte ab…

Gleiches galt auch für die Meldung heute Mittag von Sport1, dass der HSV seinen ersten Neuen hat. Als ich den Namen las, war ich zumindest erst einmal überrascht. Denn von Klaus Gjasula hatte ich bislang nicht einmal gerüchteweise etwas gehört. Und nun ist er da – was zunächst einmal für die Verschwiegenheit der verantwortlichen spricht. Sportlich vermag ich diesen Transfer noch nicht abschließend zu beurteilen. Von daher bleiben wir einfach mal bei den Fakten: Gjasula kommt aus Paderborn, war dort Kapitän, ist 30 Jahre jung – und eine richtige Kante. Rekordträchtige 17 Gelbe Karten sammelte er in der abgelaufenen Erstligasaison und er ist Helmträger. Er plädiert sogar seit Jahren dafür, dass alle einen Helm tragen. „Ich fände es sinnvoll, wenn alle Spieler einen Helm tragen würden. Das würde vielleicht auf dem Platz komisch aussehen, aber es wäre definitiv für die Gesundheit aller das Beste.“

 

Grund für die Vorsicht des defensiven Mittelfeldspielers ist ein Jochbogenbruch aus dem Oktober 2013. Damals bekam der 1,92-Meter-Hüne eine Spezialanfertigung, um schneller wieder auf dem Platz zu stehen. Die Spezialanfertigung gebe ihm „einfach das Gefühl, dass nichts passieren kann“, sagte er damals und behielt den Brauch bei. Den Spitznamen Spartacus seither inklusive, wie er in einem Interview in der „Süddeutschen“ verriet: „Manchmal nennen sie mich Gladiator oder Spartacus. Das nehme ich als Kompliment.“

„Spartacus“, „Gladiator“, „Magneto“ - Gjasula ist flexibel

Und während ich zunächst eher an „Magneto“ von den X-Men dachte, als ich Gjasula das erste Mal (gegen den HSV) so richtig wahrgenommen hatte, scheint sich der Albaner seinerzeit in das Volksparkstadion verguckt zu haben. Zumindest sagte er das heute: „Ich habe in der vorletzten Saison hier im Volksparkstadion mit Paderborn gespielt und die Atmosphäre hat mich nachhaltig gepackt. Der HSV war seitdem ein besonderer Verein, den ich fortlaufend verfolgt habe. Als nun der Anruf aus Hamburg kam, musste ich nicht lange überlegen. Ich habe große Lust auf diesen Club und freue mich über die mir zugedachte Rolle, die ich mit meiner Erfahrung und meinen Qualitäten bestmöglich ausfüllen möchte.“

Womit wir zu einem wichtigen Punkt dieser Verpflichtung kommen, den wir auch im Community-Talk besprochen haben, den ich Euch hier mit reinstelle: Erfahrung. Denn die fehlte auf der Sechserposition in der vergangenen Saison mit dem Youngster Adrian Fein, der eher mit feiner denn mit scharfer Klinge zu überzeigen wusste. Zumindest in der Hinserie. „Wir freuen uns sehr, mit Klaus einen erfahrenen Spieler in unserem Team begrüßen zu dürfen. Er soll unsere Defensive als wichtiger Stabilisator verstärken, verfügt neben seinen Defensivqualitäten als beidfüßiger Spieler aber ebenfalls über einen flexiblen Spielaufbau. Wir sind überzeugt, dass seine Mentalität und auch seine Persönlichkeit der Mannschaft guttun werden“, erklärt HSV-Sportdirektor Michael Mutzel via Homepage und lässt damit offen, ob Gjasula eher in der Innenverteidigung oder auf der Sechs eingeplant ist. Spielen kann der ablösefreie Albaner, der einen Zweijahresvertrag bis 2022 unterschreibt, beides.

 

Und obwohl der HSV mit Gideon Jung, Jonas David und eben Gjasula bereit drei Sechser hat, glaube ich, dass noch ein Sechser kommt. Denn ebenso wie Kinsombi offensiver spielen kann, können alle drei o.g. allesamt flexibel auch Innenverteidiger spielen. „Ich spiele gern mit Spezialisten auf den Positionen“, hatte Thioune in seiner Vorstellungsrunde gesagt und dabei betont, dass die Position des Sechsers für ihn vergleichbar ist mit der des Quarterbacks in einem Footballteam. Also mit der wichtigsten Position im Team. Von daher…

Aber gut, warten wir es ab. Ebenso wie die Personalie Hecking. „Entscheidung noch in dieser Woche“, titelt die BILD gerade in einem HSV-Tweet. Und ich hoffe inständig, Hecking bis dahin noch einmal zu erreichen und ihm meine Fragen stellen zu können. Apropos Fragen – die hatte auch Ihr wieder in großem Maße. Und wir – heute hat Kevin mal wieder neben mir gesessen – haben sie in unserem neuen Community-Talk allesamt versucht zu beantworten. Aber sehr und hört selbst! Ich melde mich dann morgen wieder mit dem MorningCall um 7.30 Uhr bei Euch.

Bis dahin!

Scholle

P.S.: Neben Gjasulas Verpflichtung hat der HSV heute auch ein Sturmtalent weiter an den HSV gebunden. Peter Beke unterschrieb bis 2022, wie der 19-Jährige selbst bei Instagram bekannt gab. Der Mittelstürmer kam in der U19-Bundesliga in der vergangenen Saison insgesamt 17 Mal zum Einsatz und erzielte 14 Tore (sechs Vorlagen). Das brachte ihn unter anderem ins Visier der ungarischen U19-Auswahl, für die Beke bislang fünfmal auflief (zwei Tore).

 

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