Marcus Scholz

6. Januar 2020

„Frohes Neues“ platzte es zuerst aus dem wie immer gut gelaunten HSV-Cotrainer Dirk Bremser heraus, als er als einer der ersten vom HSV die Treppen herunter kam und die Zuschauer nett begrüßte. Teilweise sogar per Handschlag. Die Spieler im Folgenden machten es ihrem Vorturner gleich. Alle grüßten nett und höflich in die überschaubare Runde, ehe es zum Warmlaufen auf den Platz ging. Zwei große Runden, danach ein paar kurze Sprints inklusive Dehnübungen, ein ausgedehntes Kreisspiel, während die Keeper separat trainierten - und dann ging es schon über in Spielformen. Mit dabei: drei U19-Akteure. Nicht dabei: Aaron Hunt.

Der Kapitän fehlte beim heutigen Trainingsauftakt noch, da er noch immer nicht wieder komplett hergestellt ist seit seinem Bänderriss zum Hinrundenende im Dezember. „Aaron hat schon Laufeinheiten gemacht. Er muss jetzt im Intervall arbeiten, wird weiter rangeführt“, so Trainer Dieter Hecking nach der ersten Einheit. Was genau Hunt hat? Hecking verweist auf die medizinische Abteilung: „Der Arzt hat es mir beschrieben, dass es zwei kleine Bänder sind, die sehr schmerzhaft sein können. Aber er ist auf einem sehr guten Weg. Jetzt geht es auch darum, dass er mit dem Ball arbeitet. Da müssen wir die nächsten Tage Belastungssteigerung abwarten.“

Nichts sei daher hundertprozentig zu terminieren, dennoch sei klar: „Er wird auf jeden Fall mit ins Trainingslager kommen.“ Zumal Hunt einer derjenigen ist, die die Vorbereitung am meisten benötigen. Das weiß auch Hecking. Und er formuliert es auch klar: „Bei Aaron ist es so, dass er den Rhythmus braucht, das Training und das Vertrauen in seinen Körper. Wenn er das hat wird er nach wie vor ein sehr ehr wichtiger Spieler sein. Hat er den nicht, wird es auch für ihn schwer, den Platz auf Dauer zu sichern, den er gern haben will. Er braucht die körperliche Fitness um den Anforderungen gerecht zu werden.“

Hunt weiß vom Trainer, dass er jetzt liefern muss

Und das, so Hecking, hat er auch mit Hunt selbst so besprochen. Der Kapitän wisse genau, worum es jetzt geht. Und der Kapitän weiß auch, dass der HSV für die Position des zentral-offensiven Mittelfeldspielers Ausschau nach einem Nachfolger/Ersatz hält. gerade weil er so verletzungsanfällig ist und so häufig ausfällt. der HSV braucht schlichtweg mehr Planungssicherheit. Man wolle mögliche Risiken schon im Vorfeld minimieren, so Hecking.

Auch deshalb hat sich der HSV-Trainer dazu entschlossen, beispielsweise Julian Pollersbecks Wunsch nach einem Vereinswechsel vorerst nicht zu entsprechen. Hecking will bei einem Ausfall seiner Nummer eins Daniel Heuer Fernandes aus dem Vollen schöpfen können. Mehr noch: Hecking macht Pollersbeck sogar Hoffnung, auf seine Spielzeiten beim HSV zu kommen: „Es liegt einzig und allein an den Torhütern selbst, wie sie sich darstellen. Wir werden da ganz genau hingucken. Julian hat alle Chancen, sich in der Hierarchie wieder dahin zu arbeiten, wo er gern hin will“, so der HSV-Trainer, der aber auch gleich einschränkend hinterherschob: „Aber man muss auch sehen, dass Daniel das im Großen und Ganzen auch sehr gut gemacht hat.“

 

Fit ist Pollersbeck jedenfalls. Der Torhüter hat sich in der Winterpause fit gehalten, hat extra mit einem Privattrainer trainiert. Und das dürfte Hecking gar nicht mal so lieb sein. Zumindest betonte er heute noch einmal, dass er seinen Spielern einen klaren Auftrag mit in die Winterpause geben hatte: „Das war die Phase, die sie dazu nutzen sollten, mal richtig abzuschalten. Wenn da einer wie ein Asket gelebt hätte, wäre das auch falsch. Die sollten ja gerade das machen. Sie sollten gut leben, feiern, essen, auch mal was trinken. Deshalb kam es mir heute morgen auch nicht auf das eine Kilo mehr oder weniger an.“

Spieler durften sündigen - „für den Aufstieg“

Austoben für einen freien Kopf, Party für den Aufstieg? Eher nicht. Aber irgendwie so. Die Spieler hätten die Zeit einfach noch mal für sich nutzen sollen, da es jetzt ernst wird. Sehr ernst. Niemand soll bis Saisonende das verlangen haben, sich vom Wesentlichen ablenken zu müssen. „In den nächsten Monaten wird von ihnen alles verlangt. Alles. Und für mich ist wichtig, dass wir uns jetzt darauf einstellen, was auf uns zukommt.“

Beginnend mit dem heutigen Training. Vormittags auf dem Platz, am Nachmittag gab es nur eine Laufeinheit. Am Dienstag und Mittwoch stehen dann wieder je zwei Einheiten auf dem Platz an, ehe am Donnerstag nur eine Einheit auf dem Trainingsplan steht, bevor es am Freitag im Volksparkstadion zum ersten Test gegen Schalke 04 geht. Ein Test, den Hecking sehr ernst nimmt. „Wir können zeigen, wie weit wird sind im Vergleich zu einer sehr guten Erstligamannschaft. Schalke wird eine gute Messlatte für uns sein“, so der HSV-Trainer, der klar sagt, worauf es ihm in den nächsten dreienhalb Wochen Vorbereitung ankommt: „Es gilt die Dinge zu verbessern, die wir schon gut gemacht haben. Da sind wir eine wenig von unserem Weg abgekommen.“

Die bislang vorherrschende Meinung, dass die Gegner sich zum Ende hin einfach besser auf den HSV eingestellt hätten und seine Mannschaft nur nicht die Mittel gefunden habe, die Defensivreihen der Gegner zu knacken, teilt Hecking nicht. Im Gegenteil: Er betont, dass der HSV immer selbst Herr der Dinge war, also auch selbst verantwortlich dafür ist, dass die Spiele zum Hinrundenende nicht mehr erfolgreich verliefen. „Das lag weniger am Gegner, das muss ich mal ganz deutlich sagen. Es lag hauptsächlich an uns, dass wir nicht mehr die Kompaktheit hatten im Arbeiten gegen den Ball. Es lag daran, dass wir im Ballbesitz unser Positionsspiel nicht mehr so gespielt haben, wie wir es über weite Strecken der Vorrunde gespielt haben. Das sah am Ende mehr nach Zufall aus. Und es kam hinzu, dass der eine oder andere, der in den ersten Wochen noch gut gespielt hat, nicht mehr die Verfassung hatte. Und daran gilt es zu arbeiten.“

Hecking betont, dass es dauert, bis Neue kommen

Auch mit Neuen, das haben die Verantwortlichen vor der Winterpause schon klargemacht - und daran hat sich auch nichts geändert. Leider. Zumindest aus Sicht des Trainers, der nur zu gern seine Mannschaft so zusammen hätte, wie man in die Rückrunde zu starten plant. Primär wird weiter ein Außenverteidiger gesucht - oder ein Spieler, der variabel auch hinten auf den Außenbahnen einsetzbar ist. Nur fix ist noch nichts. Für Hecking kein Problem: „Wir brauchen da nicht in Hektik verfallen. Wir haben alles besprochen. Manche Dinge sind umsetzbar, manche waren nicht umsetzbar. Jetzt wird man noch mal gucken, was definitiv machbar wäre und ob die Bereitschaft da ist. Wir sind da nicht allein unterwegs, das ist nicht wie beim Fußball-Manager auf dem Computer, wo man einen Knopf drückt und den Spieler dann hat. Wir sind im Austausch, den Stand der Dinge habe ich.“ Die Spekulationen um potenzielle Neue zuletzt würde er mit einem Lächeln verfolgen:  „Ich bin mit Namen konfrontiert worden, über die ich mich gewundert habe und andere, die interessant sein könnten, aber nicht darstellbar sind. Wir können nur sagen, dass wir im Moment mit keinem Spieler vor dem Abschluss stehen.“

Das gilt übrigens nicht mehr für das erhoffte Testspiel in Portugal. Nach Angaben Heckings stünde man hier sehr wohl mit einem Gegner im Wort, es seien nur noch organisatorische Dinge (Spielstätte, Zeitpunkt) zu klären. Damit steht neben Schalke am Freitagabend (18.30 Uhr, Volksparkstadion), dem FC Basel am 19. Januar und dem VfB Lübeck am 23. Januar der vierte Test so gut wie fest. „Damit wären wir gut aufgestellt“, so Hecking, der fest davon ausgeht, dass eben auch in Sachen Neuzugänge noch etwas passiert. Stand jetzt sei nichts so konkret, dass man mit einem Abschluss rechnen kann.

In Österreich heißt es, Schaub wechselt zum HSV

Die zuletzt gehandelten Namen sind meinen Informationen nach nur bedingt heiß. Abgesehen von Kölns aussortiertem österreichischen Nationalspieler Louis Schaub. Bei dem  Mittelfeldspieler beispielsweise soll man sich schon nachhaltig informiert haben. Hier stünden mit Rapid Wien und Austria Wien gleich zwei potente österreichische Erstligisten in Konkurrenz. Der 25-Jährige Mittelfeldspieler selbst ließ über sein Management im „Kurier“ verlauten, dass er nicht wieder zurück nach Österreich will. Die Chance für den HSV? Ja, sagt der österreichische Ex-Chefredakteur der „Krone“, Peter Linden. Er meint zu wissen, dass Schaub zum HSV wechseln wird. Gut für den HSV: Schaub wird von Thomas Böhm vertreten, dem Berater des bereits beim HSV spielenden Lukas Hinterseer.

Und Schaub wäre sicher eine sinnvolle Verstärkung. Positionell hinter den Spitzen bringt er vieles mit, was fehlt. Er könnte Hunt nicht nur partiell sondern auf Sicht auch in Gänze ersetzen. Vor allem hat er mit seinen 25 Lenzen noch eine Menge Potenzial nach oben. Sollte man ihn bis Saisonende leihen und sich parallel dazu eine Kaufoption sichern können, könnte man sicherstellen, dass man eine etwaige Fehlinvestition schnell wieder korrigieren kann - oder eben den Spieler behält, wenn er für das Gesamtkonstrukt zur tragenden Säule wird.

Vom slowakischen Angreifer Robert Bozenik kann ich das nicht sagen. Ich habe versucht, ein wenig über ihn herauszufinden und mit einem sehr gut informierten Chefscout eines Bundesligisten telefoniert, der mir sagte, dass es ein interessanter Spieler sei, der noch am Anfang seiner Karriere steht - und das klingt erst einmal gut. Zudem soll der Berater nach MOPO-Informationen schon vor Weihnachten in Hamburg zu Gesprächen gewesen sein. Aber wie sonst auch gibt es auch zu diesen beiden Namen vom HSV nichts, „bevor wir nicht wirklich etwas zu vermelden haben“, wie Hecking sagt, um direkt nachzuschieben, dass mit schnellen Entscheidungen aus vielerlei Gründen eh nicht zu rechnen sei. Zum einen, weil man eine sehr gute Mannschaft habe, deren funktionierendes Gefüge er nicht riskieren wolle. Zum anderen müssen man genau abwägen, was wirtschaftlich sinnvoll ist. Hecking: „Jetzt werden wir mit Aufsichtsrat und Vorstand besprechen, was wirtschaftlich machbar ist. Das wird auch noch etwas dauern.“

Geduld! Aber auch Neue müssen integriert werden

Und ich gebe zu, gerade bei Zugängen werde ich selten bis nie wirklich ungeduldig. Das ist im ambitionierten Amateurbereich bei uns nicht anders als ganz oben: Lieber lange suchen und am Ende den Richtigen finden als schnell handeln und unnötig Gefahr laufen, daneben zu liegen. Mit falschen Charakteren kann man sich viel kaputtmachen. Dann würde aus einem Hoffnungsträger sogar schnell mehr als nur die eine Fehlinvestition - dann würde man sich sogar schwächen. Dennoch hoffe ich, dass es nicht zu lange dauert, um die Spieler noch rechtzeitig bis zum ersten Spiel am 30. Januar gegen Nürnberg zu integrieren. Denn so ausgedehnt diese Winterpause aus Sicht Heckings auch für seine Trainingssteuerung sein mag - um den oder die Neuen voll zu integrieren, müssen die von den nächsten dreieinhalb Wochen mindestens anderthalb bis zwei Wochen mit der Mannschaft trainieren und sich einfinden.

Morgen werden sie noch nicht dabei sein, so viel scheint sicher. Dafür werden wir aber morgen wieder für Euch da sein. Um 7.30 Uhr melde ich mich natürlich wieder mit dem MorningCall bei Euch, ehe es um 10 und um 15.30 Uhr auf dem Platz weitergeht.

Bis dahin,

Scholle

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