Marcus Scholz

9. Januar 2020

Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass sich der HSV irgendwann noch einmal bei Markus Gisdol bedanken muss. Aber das muss er. Höchstwahrscheinlich zumindest. Denn der ehemalige HSV- und heutige 1.-FC-Köln-Trainer ermöglicht dem HSV wohl einen Königstransfer, den man sich hier vor ein paar Wochen erhofft hatte, aber ganz und gar nicht vorstellen konnte. Vier Millionen Euro Marktwert, österreichischer Nationalspieler und in der vergangenen Saison einer der Leistungsträger beim Kölner Aufstieg. So einen Spieler gibt man nicht einfach her. „Ein sensationeller Typ - sportlich und auch drumherum“, sagt Kölns Ex-Manager und Ex-HSV-Coach Armin Veh über den dribbelstarken 25-Jährigen, der unmittelbar vor seinem Wechsel zum HSV steht. Viereinhalb Jahre, nachdem ihn der HSV das erste Mal wollte scheint es zu klappen.

Es ist die sprichwörtlich gebratene Taube, die dem HSV hier in den Mund fliegt. Gisdol sortiert genau den Spieler aus, den der HSV braucht und haben möchte, senkt damit dessen Marktwert nachhaltig und bringt den HSV auch finanziell wieder in Reichweite. Und wäre in Köln nicht plötzlich intern Unruhe aufgekommen, Schaub wäre wahrscheinlich schon da. So aber zieht sich der Transfer noch - könnte aber unseren Informationen zufolge jede Minute vollzogen werden.

Und das dann zu sehr guten Bedingungen. Knapp 300.000 Euro muss der HSV bis Sommer an Gehalt für den Kölner überweisen, der auf Leihbasis nach Hamburg wechselt. Dazu sichert sich der HSV eine Kaufoption - die übrigens Hauptbestandteil der plötzlichen Uneinigkeit in Köln sein soll - für den Sommer. Statt dem Marktwert von vier Millionen Euro sind aktuell 2,5 Millionen Euro im Gespräch, die der HSV zahlen würde - allerdings nur im Falles Aufstieges. Ansonsten nicht. Viel besser geht es nicht. Denn so hat der HSV alles, was er braucht. Er hat den Spieler, den er haben will als möglichen Hunt-Ersatz. Schaub kann zudem auf den Außenbahnen spielen, insbesondere auf der rechten Seite ist er ob seines starken linken Fußes, seines Tempos und seines guten Dribblings im Eins-gegen-Eins stark.   Zudem geht der HSV finanziell kein Risiko ein.

Schaub ist in allen Bereichen ein Glücksfall für den HSV

Sollte Schaub sich nicht gleich nach seinem Wechsel dauerhaft verletzen, kann er hier in Hamburg seinen Wert für die Mannschaft unter Beweis stellen und steigern. Im Gegensatz zu Spielern wie Orel Mangala letzte oder Adrian Fein diese Saison, wäre der HSV dann aber in der Lage, den Spieler hier zum Leistungsträger aufzubauen und hätte seine Weiterverpflichtung in der eigenen Hand. Man könnte ab sofort genau kalkulieren und wäre von niemandem sonst abhängig, außer von sich selbst. Viel mehr geht nicht. Dank Gisdol.

Heute Vormittag flog Schaub meinen Informationen zufolge von Wien aus nach Hamburg, um alles zu finalisieren. Seine Teilnahme am Trainingslager des HSV ab Sonntag wird von den hiesigen Verantwortlichen eingeplant - hängt aber noch an der Kölner Diskussionsfreude. Der Spieler und der HSV sind sich schon länger einig, wobei der Umstand, dass Schaubs Berater auch der von HSV-Angreifer Lukas Hinterseer ist, sicher hilfreich war, sich gegen Konkurrenten wie Rapid Wien durchzusetzen.

 

Wer Louis Schaub ist? „Einfach ein echt geiler Typ, es wäre ein super Transfer für den HSV“, sagt Veh, der Schaub im Sommer 2018 für 3,5 Millionen Euro aus Wien zum 1. FC Köln lotste. Schaub, der 1994 in Fulda geboren wurde, hatte bei Rapid Wien schon mit 17 Jahren  in der Bundesliga. Und er startete on Österreich voll durch: In 160 Spielen für Rapid erzielte der offensive Mittelfeldspieler 25 Tore und bereitete 24 Treffer vor. International lief es nicht minder gut: In 30 Partien schoss der Linksfuß 16 Tore, ehe der 1. FC Köln ihn 2018 verpflichtete. Seine Bilanz dort: 27 Spiele, drei Tore und 13 Assists. Schaub war ein wesentlicher Faktor des Kölner Zweitligaaufstiegs in der vergangenen Saison, ehe er von Achim Beierlorzer zu Beginn der aktuellen Saison auf die Bank gesetzt wurde.Der inzwischen von Gisdol beerbte Ex-Köln-Trainer sagte damals: „Louis hat es schwer, weil er die Defensivarbeit nicht so macht, wie wir uns das vorstellen. Wir sprechen darüber mit ihm.“

Gisdol vergrault Schaub und macht ihn für HSV erschwinglich

Gisdol aber machte das nicht. Er sortierte Schaub aus, weil er nicht in sein taktisches System passe. Und so kommt Schaub in der aktuellen Bundesliga-Saison auf neun Einsätze, davon aber nur zwei in der Startelf. Schaub, gab im Oktober 2016 sein Debüt für die A-Nationalmannschaft Österreichs, für die er in 14 Länderspielen und fünf Tore erzielte. Anfänglich zusammen mit Harnik, zuletzt in einer Mannschaft mit HSV-Angreifer Lukas Hinterseer, die ihm den Einstieg beim HSV erleichtern sollen. Am besten natürlich im Trainingslager in Portugal. Dort sind die Spieler knapp sieben Tage eng auf eng und können sich zum einen auf dem Platz, vor allem aber auch drumherum bestens kennenlernen. Apropos Trainingslager: Laut Trainer Dieter Hecking ist die Nummer nun geklärt, man spiele am kommenden Donnerstag um 15 Uhr in Albufeira gegen den FC Seoul aus Südkorea.

Vielleicht ja schon mit Schaub im offensiven Mittelfeld. Dort wird dann auch sein direkter Konkurrent dabei sein, darauf legte sich Hecking heute fest. „Ihr seid mir alle ein bisschen zu aufgeregt“, waren die ersten Worte des HSV-Trainers heute nach der Vormittagseinheit. Der Coach reagierte damit auf die heutige Berichterstattung. „Wenn ich schon wieder lese, was ihr heute über Ewerton schreibt… Bleibt doch mal ruhig! Ihr verbreitet eine Hektik, die völlig unnötig ist. Dabei hatte er nur ein bisschen muskuläre Probleme.“ Ewerton sei nicht verletzt, sondern gerade einmal angeschlagen gewesen, wie es in Vorbereitungen bei hohen Belastungen immer wieder mal passiere. Und: Heute turnte der Brasilianer tatsächlich beim Kreisspiel schon wieder mit auf dem Platz herum. „Er wird morgen spielen“, so Hecking vor dem ersten ernst zu nehmenden Test morgen Abend (18 Uhr, Volksparkstadion) gegen Schalke 04. Neben den Langzeitverletzten Jan Gyamerah und Josha Vagnoman wird eventuell auch Jatta nach seinem Infekt noch ausfallen.

Hunt fällt weiter aus, reist aber mit ins Trainingslager

Ebenfalls noch nicht wieder spielen kann Aaron Hunt. Und auch hier monierte Hecking heute überspitzte Formulierungen. „Es gibt keinen ‚Hunt-Schock’. Das meine ich - wir brauchen hier keine Hektik verbreiten, die nicht da ist. Aaron ist absolut im Plan und wird definitiv mit ins Trainingslager fahren“, so der HSV-Trainer, der allerdings weiter offen ließ, wann Hunt wieder spielen kann. Heute arbeitete der Kapitän erneut mit dem Ball auf dem Platz. „Wir haben heute gemeinsam mit ihm gesprochen und ihm gesagt, das wir finden, das es absolut Sinn macht, wenn er mitfährt“, so Hecking, der Hunt als wichtigen Faktor für das Teambuilding sieht und zudem glaubt, dass Hunt im Trainingslager besser rehabilitieren kann.

Zu dem noch recht frisch verletzten Julian Pollersbeck äußerte sich Hecking auch noch. Er betonte dabei noch mal, dass er seinem Keeper ganz bewusst „die Tür ein Stück weit aufgemacht“ habe und es gerade deshalb für alle, vor allem für den Keeper selbst, besonders bitter sei, dass er zu diesem Zeitpunkt ausfällt. „Es ist für ihn eine Riesenenttäuschung. Es ist schade für ihn, dass er in den nächsten vier bis sechs Wochen diese Chance nicht nutzen kann.“ Für ihn wird entweder Nachwuchskeeper Joshua Wehking oder Kevin Harr mitreisen. Hier steht eine Entscheidung noch aus, so Hecking. Klar sei bislang nur, dass man mit drei Torhütern nach Portugal reisen werde.

Reality-TV-Darsteller scheitert an Türsteher Mickel

Zum Schluss noch ein kurioses Ereignis vom Trainingsplatz, das Hecking nach eigener Aussage gar nicht mitbekommen hatte. Dort hatte der ehemalige „Bachelor“-Kandidat Filip Pavlovic, der in Hamburg lebt und in seiner Jugend für den HSV und den FC St. Pauli kickt, versucht, das HSV-Training zu crashen. Allerdings ohne Erfolg. Der Reality-TV-Darsteller wurde beim Betreten des Platzes von Tom Mickel erkannt und kurz darauf nett aber bestimmt von Cotrainer Tobias Schweinsteiger gebeten, den Platz wieder zu verlassen, bevor er selbigen richtig betreten hatte. Ein Sketch-Versuch, der bei anderen Vereinen von anderen Darstellern schon erfolgreicher probiert worden war, hier aber komplett nach hinten losging. Und so ungeschickt sich Pavlovic auch angestellt hatte, so gut löste er die dann folgende Szene, als Polizisten seinen im Halteverbot stehenden Wagen aufschreiben wollten: Noch im HSV-Dress gekleidet erzählte er dem Polizisten, dass er HSV-Spieler sei und nur ganz kurz dem Trainer etwas habe vorbeibringen musste, woraufhin der Polizist Gnade vor Recht walten ließ.

In diesem Sinne, Euch allen noch einen schönen Donnerstagabend und bis morgen. Da melden wir uns nach dem Test gegen Schalke an dieser Stelle wieder. Und natürlich morgen früh mit dem MorningCall um 7.30 Uhr wieder. Vielleicht ja dann schon mit Neuigkeiten in Sachen Schaub.

 

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