Marcus Scholz

16. April 2020

Um 16 Uhr war er heute dran. Training in kleinen Gruppen, „aber eben auf dem Rasen und mit Ball“, ergänzt Martin Harnik erfreut. Trotz seiner langen Erfahrung und seinen bald 33 Lenzen hört man bei dem Angreifer eine jugendhafte Freude darüber heraus, dass er endlich wieder mit seinen Kollegen auf den Platz darf. „Ich bin damit alles andere als allein bei uns“, so Harnik, „alle freuen sich, endlich wieder auf dem Platz gegen den Ball zu treten. Im Garten allein ist einfach anders.“ Wie er seien auch seine Kollegen sehr dankbar für das Privileg, das ihnen zuteil wird. „Wir genießen jede Sekunde - auch auf Distanz. Es ist sicher nicht dasselbe wie sonst, aber wir wissen, welches Glück wir haben, unserem Job so nachgehen zu können.“ Vor allem er als Geschäftsmann mit 42 Mitarbeitern wisse das in der aktuellen Situation richtig einzuordnen. „Diese Krise betrifft grundsätzlich ja alle Menschen. Wir sitzen alle im selben Boot.“

Als Familienunternehmen geführt besitzt Martin Harnik in Hamburgs Einkaufszentren (Phönix-Center Harburg, Elbe Einkaufszentrum, Europa Passage, Billstedt Center und Hamburger Meile) fünf „Partyhelden“-Shops, die geschlossen sind. Auch der Partyhelden-Store in Kiel sowie der mit Stuttgarts Daniel Ginczek gemeinsam hochgezogene „The Meat Club“ liegen derzeit auf Eis. „Wir haben Arbeiten vorgenommen, die ansonsten eher zu späteren Zeitpunkten dran sind oder zu denen man sonst selten kommt“, so Harnik. „Mit Online-Verkauf und Lieferservice haben wir zudem versucht, abzufedern, was abzufedern ist. Aber wie für sehr viele andere auch ist der aktuelle Zustand eine mittlere bis schwere Katastrophe.“

Harniks Firmen stehen auf wackeligen Beinen

Auch für ihn. Harnik nimmt die wirtschaftliche Situation mit. Für seine „Partyhelden“-Mitarbeiter musste Harnik größtenteils Kurzarbeit beantragen. Umso gespannter verfolgten er, seine Familie und alle Mitarbeiter gestern die Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wirklich schlauer war er allerdings anschließend auch nicht. Zwar sind alle seine Läden zwischen 80 und 150 Quadratmetern groß und würden dementsprechend in die Freigabebegrenzung von 800 Quadratmetern Ladengröße fallen, „aber es ist nicht klar gesagt worden, wie mit den Einkaufszentren umgegangen wird. Gelten sie als Versammlungsort, der nicht geöffnet wurde, oder nicht?“, fragt Harnik.

Eine Antwort konnte ihm bislang allerdings noch niemand geben. Die Alexander-Otto-Firma ECE als Betreiber der meisten Einkaufszentren ließ heute mitteilen, dass man davon ausgehe, alle Läden bis 800 Quadratmeter zugänglich zu machen. Sicher ist das aber nicht.  Da die Shopping-Center bisher weiterhin geöffnet hatten, um den Zugang zu den Supermärkten, Drogerien, Apotheken und anderen bislang geöffneten Geschäften der Grundversorgung zu ermöglichen, gehe man aber davon aus, dass unter Einhaltung aller Hygienevorschriften die Center weiter geöffnet und die Läden bis 800 Quadratmeter entsprechend zugänglich seien, so ein Sprecher der ECE.

Für Harnik wäre es zweifellos eine Erleichterung, wenn die Läden wieder öffnen dürften. Obgleich auch bei einer möglichen Öffnung seiner Shops ob der weiterhin geltenden Kontaktverbote nicht davon auszugehen ist, dass gerade Partyzubehör besonders großen Absatz findet. „Unser Unternehmen ist leider noch zu jung und zu klein. Wir haben noch nicht den Puffer anlegen können, eine solche Krise ewig zu überstehen“, so Harnik, der als Fußballprofi immer die Sonnenseiten des Arbeitnehmerdaseins erleben durfte. Hohe Gehälter, den Hobby zum Beruf gemacht - und jetzt erlebt er als junger Unternehmer gleich eine der schwersten Krisen der deutschen Wirtschaft mit. Man merkt dem gebürtige Hamburger an, dass ihn die unsichere Situation menschlich mitnimmt. Allein zu Leiden, das gesteht er sich nicht zu. „Die Situation ist für alle sehr schwer, die Nerven liegen bei vielen blank. Und ich muss mir um meine Familie keine Sorgen machen, womit es mir schon sehr viel besser geht als sehr vielen anderen Menschen in Deutschland.Vor allem habe ich eine Verantwortung, der ich mich stellen muss und will.“ Und das eben auch, wenn es mal wehtut. Zuletzt habe er aus seinem  Privatvermögen Geld in seine Unternehmen nachschießen müssen, um drohende Insolvenzen abzuwenden. „Wir haben nur ein Ziel: keinen einzigen Laden schließen zu müssen. Darum kämpfen wir. Jeden Tag, jede Sekunde.“

„Jeder Verzicht ist es wert, wenn es Menschen hilft“

Dass Harnik weiß, wie man kämpft, kann sich jeder vorstellen, der den lauffreudigen Offensivspieler auf dem Platz gesehen hat. Neben seinen Mitarbeitern geht es aktuell auch um seine berufliche Zukunft. Steigt der HSV auf, bleibt er beim HSV unter Vertrag. Falls nicht, geht es wahrscheinlich wieder zurück zu Werder Bremen. Hier droht Harnik in egal welchem Fall weich zu fallen. Dennoch will er Zusammen mit den anderen Kollegen sein Schicksal gern in die eigene Hand nehmen. „Wir wissen um die Bedeutung der Vorsichtsmaßnahmen und halten uns daran“, so Harnik zum täglichen Training unter hohen Sichertheitsauflagen. „Das Verantwortungsbewusstsein ist schon sehr hoch bei allen. Alle wissen um die Ernsthaftigkeit der Situation und hoffen auf die Chance, die Saison tatsächlich noch sportlich beenden zu können“, sagt Harnik, der dafür auch Geisterspiele begrüßen würde. „Wir dürfen uns hier nicht wichtiger nehmen als andere“, so der Rechtsfuß, „am Ende soll es für alle ein Gewinn sein. Für die Klubs, die damit tausende Arbeitsplätze sichern können und für die Zuschauer, die durch die TV-Übertragungen vielleicht wieder ein kleines Stück Normalität in den Alltag bekommen. Und wir haben die Chance, die Saison sportlich fair zu beenden - und dann ganz regulär aufzusteigen…“ Schön wäre es.

 

 

Bis dahin gilt es allerdings noch etliche Hürden zu nehmen. Unter anderem steht in der kommenden Woche die Tagung der DFL mit seinen 36 Profiklubs an, auf der die DFL ein Sicherheitskonzept erarbeiten will, das dann der Bundesregierung zur Abstimmung vorgelegt werden soll. Klar ist, dass es bis zum 31. August keine Zuschauer in den Stadien geben darf. „Aber jeder Verzicht ist es wert, wenn am Ende Menschen damit geholfen wird“, sagt Harnik und weiß dabei nur zu genau, wovon er spricht.

In diesem Sinne, Euch allen einen schönen Rest-Donnerstag und bis morgen! Da ,melde ich mich wieder um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch und hoffe, bis dahin die bittere wie verdiente Niederlage im HSV-Quiz gegen Euch verarbeitet zu haben! Aber im Ernst: Mir hat es riesig Spaß gemacht und es freut mich, dass immer mehr von Euch dabei sind. Aber Achtung: Das alles wird mich nicht davon abhalten, das nächste Mal wieder zu gewinnen... ;-)

Bleibt gesund!

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