Marcus Scholz

8. Januar 2018

Eine schnelle Stabilisations- und Krafteinheit am Morgen, kurz Frühstücken, und los ging es. Um 9.15 Uhr fuhr der Bus vom Golf-Hotel Barcelo in Jerez de la Frontera mit der Mannschaft ab, um 11 Uhr ging es im TUIfly-Flieger mit Flugnummer X3 8903 nach Hamburg. Mit an Bord ein am Morgen noch etwas mürrischer Trainer Markus Gisdol. Acht Tage Vollgas mit 14 Trainingseinheiten und zwei Testspielen hatten ihre Spuren hinterlassen. Bei allen. Mit müden Beinen, eben so, wie es sein soll, bestiegen die Spieler, Sportchef Jens Todt, das Trainerteam und der Staff den Flieger. „Tolle Bedingungen, gute Einheiten - ich glaube, wir können sehr zufrieden sein“, sagte Jens Todt, bevor wir den Trainer zu seinem Trainingslager-Fazit befragen konnten. Das Trainingslager-Abschlussinterview:

 

Acht Tage Trainingslager liegen hinter Ihnen, sechs Tage bis zum ersten Rückrundenspiel nur noch vor Ihnen. Wie zufrieden sind sie mit dem Trainingslager und wo steht Ihre Mannschaft Stand heute?

Markus Gisdol: „Man muss so eine Vorbereitung besonders betrachten, weil sie so kurz ist. Uns war es wichtig, dass wir noch mal eine Belastungsspitze setzen konnten, weil du anschließend nur wenig Zeit hast, im konditionellen Bereich zu arbeiten. Deshalb haben sie morgen auch den einen Tag frei, das war der körperliche Aspekt. Was das Fußballerische anging, da haben wir uns wirklich hauptsächlich um das Thema umschalten gekümmert und da viel zu gemacht. Inklusive Torabschluss. Wie weit wir sind, das werden dann die nächsten Spiele zeigen.“

 

Mit dem Spiel gegen Malaga am Donnerstag waren sie grundsätzlich zufrieden. Wie bewerten Sie den Test gegen Freiburg?

Gisdol: „In der ersten Halbzeit war es gefühlt so ein müdes Testspiel, wo man gemerkt hat, dass alle schon einiges in den Knochen hatten. In der zweiten Halbzeit hat man sich dann noch mal etwas befreien können, da haben wir dann meiner Meinung nach ein überlegenes Spiel gemacht. Wir haben auch konsequent die Dinge umgesetzt, die wir besprochen hatten. Standards hatten wir auch trainiert. Umso schöner, dass wir daraus ein Tor gemacht haben. Deswegen war es durchaus positiv.“

 

Glücklicherweise ist Ihre Mannschaft in Jerez von schweren Verletzungen verschont geblieben. Kleinere Blessuren gab es dennoch.

Gisdol: „Stimmt. Gideon Jung, Lewis Holtby und Albin Ekdal sind alle drei etwas fraglich, wo wir schauen müssen, wie sie durch die Woche durchkommen. Lewis hat sich das Knie etwas verdreht, hatte am Tag danach richtig Schmerzen und konnte gestern nicht spielen. Albin hat sich in der ersten Halbzeit das Sprunggelenk etwas gestaucht, deswegen humpelt er heute. Gideon hat schon vorher einen Schlag aufs Sprunggelenk bekommene Prellung, hat eine Schwellung. Deswegen hatte es keinen Sinn gemacht, ihn spielen zu lassen. Aber da bin ich relativ zuversichtlich, weil die Verletzung recht absehbar ist. Eine Prellung müsste hinzubekommen sein.“

 

Sie hatten vor der Winterpause das Rennen um die Nummer eins ausgerufen. Wie weit sind Sie in Ihrer Entscheidung nach den acht Tagen Trainingslager?

Gisdol: „Nach einer Woche ist es schwer, eine klare Entscheidung zu finden. Ich denke, das wird Ende der Woche auf eine Bauchentscheidung hinauslaufen.“

 

Wie hat Ihnen Pollersbeck denn gegen Freiburg gefallen?

Gisdol: „Ich habe es nach dem ersten Spiel auch schon gesagt, wo Mathenia nicht so viel aufs Tor bekommen hat, und das war gestern auch so, das wenige hat er gut gemeistert. Es ist schwer aus einem Spiel so wahnsinnig viele Erkenntnis.“

 

Haben Sie für sich schon eine Tendenz?

Gisdol: „Nein. Ich habe mich noch nicht entschieden. Mein Bauchgefühl wird entscheiden. Am Ende der Woche.“

 

Walace ist wieder im Training, stand aber gestern gegen Freiburg noch nicht im Kader...

Gisdol: „...mit einem Tag Training kannst Du am Tag später nicht schon spielen.“

 

Wäre Walace denn eventuell schon für Augsburg eine Option, da mit Jung und Ekdal gleich zwei Spieler für die Position der Doppelsechs angeschlagen sind?

Gisdol: „Das liegt an ihm, wie er sich präsentiert. Jeder Spieler hat die Chance, aber wir haben mehrere Spieler, die schon auf der Position gespielt haben. Janjicic, Jung, mit denen ich fest rechne, dass sie spielen können am Wochenende. Sakai, Salihovic – es gibt genug Möglichkeiten.“

 

Jens Todt nannte nach dem Test gegen Freiburg Vasilije Janicic und den für ihn überraschend gut auftretenden Sejad Salihovic als seine „Gewinner des Trainingslagers“. Sehen Sie das auch so?

Gisdol: „Ich finde es schwer, wenn sich alle so anstrengen, wie es unsere Jungs das jetzt getan haben, dann einzelne Spieler in den Vordergrund zu stellen. Ich bin kein Freund davon. Ich finde, dass der Gesamteinsatz von den Jungs gestimmt hat, dass das Team funktioniert hat – und das ist für uns entscheidend. Das war gut in der Woche. Insofern würde ich eher sagen, das Team an sich ist der Gewinner.“

 

Auffällig war auch, dass Kyriakos Papadopoulos gegen Freiburg fast durchgehend und lautstark dirigiert hat.

Gisdol: „Das war sehr, sehr positiv gestern. Er hat eine Führungsrolle übernommen, auch in der Halbzeit. Da hat er einzelne Spieler angesprochen auf bestimmte Situationen. Das fand ich insgesamt sehr, sehr gut. Und alles ohne, dass wir es noch mal besonders zum Thema gemacht haben. Ich hatte das in der letzten Abschlussansprache vor der Winterpause angesprochen dass ich das auch erwarte, dass die Jungs und die Initiative ergreifen und Führungsrollen übernehmen. Das war ein sehr, sehr gutes, positives Beispiel. Und da es im Stadion sehr ruhig war, hat man ihn natürlich noch deutlicher gehört. Aber es war wirklich sehr gut. Vorbildlich.

 

Sie nannten das schnelle Umschalten und Fitness als Kernthemen anfangs in Jerez. Gibt es mit Blick auf die Hinrunde Verbesserungen?

Gisdol: Daran haben wir gearbeitet. Dass man in einer Woche wahnsinnige Sprünge macht, ist nicht zu erwarten. Aber dass Du extrem konsequent Dinge einforderst und der Mannschaft klarmachst, welche Konsequenz die jeweilige Situation mit sich bringt - und das haben wir in der Vorrunde gesehen, wenn die Dinge nicht bis zum Ende geführt werden -, das haben wir versucht, den Spielern Klarzumachen. Und das auch nicht nur durch die Übungsformen sondern auch durch die Art und Weise, wie wir mit der Mannschaft umgehen. Wir haben versucht, allen klarzumachen, dass wir mehr Konsequenz in allen Situationen auf dem Platz und in den Entscheidungsfindungen brauchen.

 

Apropos Entscheidungen: Träumen Sie noch von Neuzugängen oder gehen Sie davon aus, mit dem aktuellen Kader in die Rückserie zu starten?

Gisdol: Träumen... Das Thema ist hinlänglich bekannt, dass wir die Augen offenhalten. Das hat sich nicht verändert. Wir würden uns alle zusammen wünschen, dass wir da noch eine gute Lösung hinbekommen. Aber die gute Lösung zu finden und umzusetzen, ist eine große Herausforderung.“

 

Wäre ein Neuer überhaupt so schnell zu integrieren, dass er für Augsburg schon eine Hilfe darstellen könnte?

Gisdol: „Es ist nichts vor dem Abschluss oder soweit, dass wir sagen, dass etwas kurzfristig passieren wird.“

 

Jens Todt wurde in der Frage nach etwaigen Neuzugängen deutlicher: „Bis Augsburg ist nicht unwahrscheinlich, sondern das kann ich ausschließen.“ Wie es bei den anderen offenen Personalien aussähe? Bei Jann-Fiete Arp war beispielsweise für Ende Januar ein Gespräch angedacht. Todt: „Da ist noch nichts passiert, es gibt noch keinen Termin.“

Anders gestaltet es sich bei Rechtsverteidiger Dennis Diekmeier. Mit dessen Berater Volker Struth hat sich Todt weiter ausgetauscht: „Dennis hat unser Angebot vorliegen und kann eine Entscheidung fällen.“ Soll heißen: Der HSV hat Diekmeier ein in den Bezügen leicht verbessertes Angebot unterbreitet. Knackpunkt war und bleibt aber offenbar die Laufzeit. Der HSV würde gern für zwei Jahre verlängern, Diekmeier selbst aber möchte einen Vertrag über mindestens drei Jahre. Ob der HSV hier noch gesprächsbereit ist? Todt weicht etwas aus und sagt: „Kleinere Dinge nachzujustieren ist natürlich immer möglich. Da schließe ich nichts aus. Aber die Basis steht.“ Ob das auch für Gotoku Sakai gilt? Todt: „Bei Dennis sind wir etwas als bei Go. Mit dessen Berater habe ich mich für die letzte Januarwoche verabredet.“

Bis dahin weiß der HSV auch grundsätzlich mehr. Drei Spiele sind bis dahin gespielt, nach Augsburg zuhause gegen Köln und dann in Leipzig. Und Stand heute wird schon das Spiel in Augsburg ein harter Gang. Interessanter Aspekt am Rand: Arp wurde gerade vom Kicker in einer Umfrage unter mehr als 200 Bundesligaspielern zum zweitbesten Newcomer der Hinserie gewählt. Vor ihm landete der junge (und wirklich sehr starke) Leverkusener Bailey. Insofern absolut top! Wobei auf Rang vier ausgerechnet ein Spieler landete, der vom HSV im Sommer gerade erst abgegeben wurde und der am Sonnabend gegenübersteht: Michael Gregoritsch...

In diesem Sinne, Euch allen einen schönen Wochenstart. Ich verabschiede mich hiermit aus dem Trainingslagermodus und melde mich morgen wieder bei Euch. Ich hoffe, Ihr habt Euch alle gut informiert gefühlt. Denn ich für meinen Teil kann sagen, dass es mir sehr viel Spaß gemacht hat. Angefangen vom Frühstück über die Presseschau, die Trainingseindrücke, Spielberichte und Diekmeiers Tagebuch bis hin zu den Impressionen rund um das Trainingslager.

Bis morgen, wo die Mannschaft, die nach der Ankunft noch mal mit zum Stadion musste, trainingsfrei hat.

 

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