Lars Pegelow

28. Februar 2018

In den vorigen Jahren war es oft so: Der HSV stellt den Lizenz-Antrag für die Bundesliga, und ist verpflichtet, den Antrag für die Zweite Liga aus formalen Gründen mit einzureichen. Pro forma sozusagen, würden schon nicht soweit kommen. Und tatsächlich war es ja so, dass Horror-Szenarien und mögliche weitere Rettungs-Bürgschaften von Klaus-Michael Kühne am Ende nicht noch zusätzlich in Anspruch genommen werden musste. Immer Erste Liga – HSV. Wenn der Vorstand der Fußball AG nach Zustimmung durch den Aufsichtsrat diesmal seine Unterlagen rechtzeitig vor dem 15. März nach Frankfurt schickt, dann ist alles anders. Es geht um die Bedingungen für die Zweitliga-Lizenz. Die Dokumente für die Bundesliga schickt man mal mit, aber das wahrscheinliche Szenario ist das des Abstiegs. Und daran dürfte auch ein Sieg am kommenden Wochenende gegen Mainz 05 wenig ändern.

 

Am gestrigen Dienstagabend hat erstmals der Aufsichtsrat der HSV Fußball AG in neuer Zusammenstellung getagt. Fünf Herren kannten sich bereits in dieser Position, neu war Bernd Hoffmann. Der frühere Vorstands-Boss ist angetreten, den gesamten HSV auf links zu drehen. Und angesichts der aktuellen sportlichen und wirtschaftlichen Lage ergibt sich sowieso Handlungsbedarf. Diese Erkenntnis gibt es nicht nur bei Hoffmann, sondern im gesamten Gremium. Weder der aktuelle HSV-Boss Heribert Bruchhagen noch Sportchef Jens Todt stehen bei den Kontrolleuren besonders hoch im Kurs. Gleiches dürfte für Trainer Bernd Hollerbach gelten, wenn es auf dem Rasen nicht bald Ansätze auf Besserung gibt, die Hollerbach Argumente für eine Weiterbeschäftigung geben. Die wenigsten Sorgen dürfte sich dabei Hollerbach selbst machen. Sein Vertrag läuft ja – auch für die Zweite Liga – bis Sommer 2019.

 

Unabhängig von den einzelnen Personalien deutet sich eine ganz entscheidende Veränderung an, die Bernd Hoffmann auch bereits auf der Mitgliederversammlung in Aussicht gestellt hatte. Hoffmann will – und die übrigen Kontrolleure wollen das auch – einen Sportvorstand schaffen und damit die entscheidende sportliche Position stärken. Sicherlich ist es bei Hoffmann auch den Erfahrungen aus den Jahren 2009 bis 2011 geschuldet, diesen Posten auch auf der Hierarchie-Ebene nach oben zu stellen. Nach dem Weggang von Dietmar Beiersdorfer war die Position damals vakant und schlecht besetzt geblieben. In der jüngeren Vergangenheit haben verschiedene Sportchefs in Hamburger gearbeitet – nur Frank Arnesen war dabei zugleich im Vorstand. Die anderen, Bastian Reinhardt, Oliver Kreuzer, Peter Knäbel und zuletzt Jens Todt waren oder sind es nicht. (Eine Sonderrolle hat Beiersdorfer nach der Entlassung von Knäbel, weil er das Amt des Vorstands-Chefs in Personalunion mit dem des Sportchefs ausübte)

 

Mit anderen Worten: Die entscheidende sportliche Schnittstelle beim HSV war immer weisungsgebunden und musste für Transfers beim Vorstands-Vorsitzenden und beim Finanz-Vorstand um Zustimmung werben, anstatt ein Teil des Führungstrios zu sein. Nicht zuletzt die schlechten Erfahrungen in der jungen Hamburger Vergangenheit sowie fast ausnahmslos gute Erfahrungen bei anderen Vereinen, die sehr wohl einen Sportvorstand haben (so wie übrigens auch der damals erfolgreiche HSV von 2002 bis 2009), sorgen nun für ein Umdenken.

 

Ein starker Sportvorstand, ein starker Trainer. Funktioniert solch ein Duo, dann hat ein Verein eine gute Perspektive. Aber wann war das beim HSV zuletzt der Fall? Eine starke sportliche Leitung konnte es nicht geben, alle eben genannten Leute waren oder sind es nicht. Auch Frank Arnesen war es nicht, weil er in einem labilen Gebilde von Beginn an äußerst kritisch beäugt wurde. Wenn Bernd Hoffmann Ernst macht mit seiner Ankündigung eines radikalen Neuaufbaus, dann gehört diese Personalie an die erste Stelle. Erst recht, wenn sich die HSV Fußball AG – wie zu befürchten – in Liga zwei neu aufstellen muss. Unabhängig davon, wie man die Arbeit von Jens Todt bewertet, war es von Anfang an ein Konstruktionsfehler, dass er in dem Geflecht Kühne/Calmund/Struth/Bruchhagen eben nicht auf Vorstands-Ebene beschäftigt wurde.

 

Wer kann solch ein starker Sportvorstand sein? Gesucht wird ein Typ wie Felix Magath, der unabhängig ist von den Einflüsterern, die dieser HSV wie kaum ein anderer Verein im deutschen Profi-Fußball hat. Ein moderner Magath also müsste es sein. Welche Namen kommen infrage? Jörg Schmadtke, Matthias Sammer, Christian Hochstätter – die waren alle schon einmal beim HSV im Gespräch. Thomas Linke, Stefan Beinlich, Marin Jol – sucht Euch einen Namen aus oder überlegt Euch selbst eine Alternative. Jedenfalls braucht es einen starken Mann, der einen starken Trainer findet.

 

Das ist die eine Baustelle, und die zweite dürfte die Finanzen werden. Selbst wenn Finanz-Vorstand Frank Wettstein schon des öfteren versicherte, die Lizenz sei sowohl in Liga eins wie in Liga zwei gesichert, wird mit Spannung erwartet, welche Bedingungen die DFL an die Lizenzvergabe für den HSV knüpfen wird. Doch zum Kühne-Thema an anderer Stelle mehr, das kommt schnell genug wieder hoch.

 

Abschließend das sportliche Update: Beim Mannschaftstraining heute konnte der schwedische Patient mal wieder eine Dreiviertelstunde mitmischen. Hält Albin Ekdal die kommenden beiden Tage durch, ist er mal wieder eine Alternative fürs Mainz-Spiel. Julian Pollersbeck ist weiter krank, also könnte es für Tom Mickel zu einem Bank-Platz kommen am Sonnabend, dem ersten von zehn Endspielen, wie Bernd Hollerbach nach der Niederlage in Bremen sagte. Wobei: Es könnte bei einer weiteren Niederlage für den HSV auch ganz schnell das letzte Endspiel gewesen sein...

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