25. Oktober 2017
Es ist nicht unerwartet, aber das macht es nicht besser: Der HSV hat seinen Schuldenberg weiter angehäuft. Durch erfolgsabhängige Darlehen – aber vor allem, weil man sportlich enttäuscht und schlecht bzw. im Preis-Leistungsverhältnis unverhältnismäßig eingekauft hat. In den heute von der HSV Fußball AG veröffentlichten vorläufigen Geschäftszahlen für die Saison 2016/17 wird dadurch ein Jahresfehlbetrag von 13,4 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2016/2017 ausgewiesen. Relativ betrachtet liegt man damit auf der Linie der ebenso schwachen Vorjahre. Aber das zuvor selbst formulierte finanzielle Ziel wurde erneut deutlich verpasst. Finanzvorstand Frank Wettstein sagt dazu auf hsv.de:
„Wir haben im Sommer 2016 einen umfangreichen Kaderumbruch mit deutlichen Investitionen betrieben, die zum einen zu höheren Abschreibungen, zum anderen zu erhöhten Personalaufwendungen führten. Die damit verbundene Erwartung im sportlichen Bereich mit Blick auf eine Verbesserung in der Bundesliga und somit einer Einnahmensteigerung in den folgenden Spielzeiten bei der Verteilung der Fernsehgelder wurde indes nicht erreicht. Um den Schaden abzuwenden, musste entgegen der Planung im Winter 2016/17 erneut in den Kader investiert werden. Dies, zusammen mit den personellen Wechseln im Trainerstab und im Vorstand, hat dann zu einem gegenüber der Planung erhöhten Jahresfehlbetrag geführt.“
Genau genommen zu eben jenen 13,4 Millionen Euro Jahresfehlbetrag und nunmehr Finanzschulden in Höhe von 81,1 Millionen Euro (Vorjahr 48 Mio). Darin enthalten ist ein Darlehen in Höhe von 38 Millionen Euro, das aller Voraussicht nach von Investor Klaus Michael Kühne stammt. Wettstein: „Richtig ist, dass die ausgewiesenen Finanzschulden um rund 30 Millionen Euro angestiegen sind. Allerdings entfällt der Anstieg neben der Stadionfinanzierung auf Darlehen, die wir zur Realisierung von Spielertransfers geschlossen haben. Bekanntermaßen ist die Rückzahlung dieser Finanzierungen an den Eintritt von sportlichen Bedingungen geknüpft. Treten diese ein, so ist die Rückzahlung gesichert, treten diese Bedingungen nicht ein, so entfällt eine Rückzahlung. Auf der anderen Seite hat sich allerdings das Vermögen des HSV entsprechend erhöht. Die in der Bilanz ausgewiesenen Spielerwerte sind gegenüber dem Vorjahr um etwa 25 Millionen Euro angestiegen, die liquiden Mittel um mehr als sechs Millionen Euro.“ Wobei Spielerwerte ständig variieren und auch täuschen. Sie sind nur bilanziell relevant, wenn sie helfen können, den Gesamtwert zu steigern. Dennoch, selbst wenn ein Spieler mit zehn Millionen Euro bewertet wird, ist er letztlich nur das wert, was man für ihn bekommt.
Nein, diese Bilanz ist ein gzweifellos katstrophales Zeugnis für die Arbeit des alten Vorstandes um Dietmar Beiersdorfer und Joachim Hilke. Es wurde wiederholt teuer eingekauft, die sportlichen Ziele aber deutlich verfehlt. Zudem musste zwischendurch sogar nachgebessert werden, um nicht abzusteigen und den GAU zu verursachen. Wettstein: „Trotz der erhöhten Kaderkosten und Investitionen wurden die gesetzten Ziele nicht erreicht, so dass nachgebessert werden musste.“ Seine Gesamtbilanz als Vorstandsvorsitzender beim HSV ist verheerend. Dennoch soll jetzt alles besser werden. Mal wieder, wie Wettstein prognostiziert: „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, in der laufenden Saison ein ausgeglichenes Ergebnis zu erwirtschaften. Dazu gibt es noch eine Fülle an Unwägbarkeiten, und mit dem Ausscheiden im DFB-Pokal haben wir bereits eine deutliche Abweichung. Dennoch halten wir an dem Ziel fest und befinden uns im Plan. Einmal mehr entscheidend wird allerdings die Bewertung der sportlichen Situation nach Abschluss der Hinrunde sein.“
Allerdings erwartet den HSV noch weiteres Ungemach seitens der Steuerbehörde, die bereits 2009 bis 2013 geprüft hatte und dem HSV eine Millionennachzahlung auferlegt hatte (u.a. für ausgegebene VIP-Tickets etc.). Wettstein selbst rechnet „zeitnah mit der Anschlussprüfung für die Jahre ab 2013, aus der wir weitere Nachzahlungen zu erwarten haben“. Zudem bereitet der HSV die Auszahlung der Fan-Anleihe vor, die in zwei Jahren fällig wird. Und so eindeutig das alles nach Problemen klingt, macht Wettstein, wofür er geholt wurde: Er verbreitet Optimismus und garniert die wenigen Fortschritte mit einer wohlwollenden Prognose: „Mit Blick auf die Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung sowie die Fristigkeiten der Finanzschulden haben wir insgesamt einen deutlichen Schritt nach vorne machen können.“ Allerdings sportlich bislang noch nicht, was mich an Wettsteins Prognose zunächst einmal stark zweifeln lässt.
In diesem Sinne, bis später!
Scholle
Bittere Szene beim heutigen Vormittagstraining: Bjarne Thoelke, der gerade erst wieder genesen mit der Mannschaft mittrainierte, hat sich erneut verletzt und musste abtransportiert werden. Der Innenverteidiger veletzte sich ma rechten Knöchel. Gute Besserung, Bjarne!