Marcus Scholz

2. April 2018

***Liebe alle! Dieser Blog kommt leider mit reichlich Verspätung, da ich nach einem Sportunfall einige Stunden mit meinem Zwerg in der Notaufnahme saß und erst jetzt wieder am Rechner bin (Stand 21.26 Uhr). Bis morgen!****

Es gibt sie doch noch, die Trainer, die einzelne Spieler besser machen. „Christian Titz ist ein Fußball-Lehrer“, sagte mir Bernhard Peters vor zwei Wochen und betonte dabei den „Lehrer“. Hintergrund: Peters sieht in dem aktuellen Cheftrainer des HSV den derzeit vielleicht besten Ausbilder des HSV. Und damit ist Titz schon einmal das, was man sich beim HSV seit Jahren wünscht. Ein Trainer, der einzelne Spieler besser macht. Und wenn er es jetzt noch hinbekommt, dass die Spieler auch als Mannschaft nicht nur besser sondern auch erfolgreicher spielen – der HSV hätte vielleicht endlich wieder einen Trainer, der nicht nur eine Idee hat, sondern diese auch umzusetzen weiß. Und ein solcher würde sich bestens eignen, um endlich einmal den seit vielen Jahren proklamierten aber nie durchgezogenen Neuanfang zu wagen. Mehr noch: Ich behaupte, Titz würde weggehen von bekannten Namen und stattdessen günstigere, junge und noch nicht am Leistungslimit angelangte Talente holen, die dem HSV im besten Fall irgendwann sogar noch hohe Ablösesummen einbringen.

Wenn man sich darauf verständigt, diesen Weg auch mit aller Konsequenz zu gehen. Denn nur dann besteht eine Chance auf Erfolg. Wenn ich aber höre, dass schon darüber gesprochen wird, wen der neue Sportchef, der letztlich auch Vorstand Sport werden soll, eventuell mitbringen will, dann kommen mir erneute Zweifel auch an den neuen Verantwortlichen. Zwar beteuern diese, dass man aktuell nichts anderes plane als die nächsten Spiele mit Christian Titz – aber dass das nicht stimmt, wissen wir alle. Und das ist auch gut so. Denn gerade der Neuanfang in der Zweiten Liga ist zweifellos mit einem ungleich höheren Aufwand verbunden als ergänzende Einkäufe für die jeweils nächste Saison Erstligafußball.

ABER: Wenn man beim HSV endlich mal alles auf Null stellen kann und will, dann bitte jetzt. Das heißt längst nicht, dass man abschenkt. Im Gegenteil: Die letzten sechs Spiele sind der Beginn der längsten Saisonvorbereitung der HSV-Geschichte und bestens dafür geeignet, vorzusortieren, wen man behalten will/kann und wird. Und vor allem kann Titz dann schon erkennen, wen er noch braucht. Das heißt: Titz könnte schon damit beginnen, seinen Kader für die neue Saison zusammenzustellen. Zu Beginn noch zweigleisig – aber auch diese Entscheidung ist in egal welcher Ausführung nur noch eine Frage weniger Wochen.

Kernproblem: Der Sportvorstand fehlt. Und Titz allein genießt (was auch nachvollziehbar ist nach gerade einmal zwei Spielen) noch nicht das uneingeschränkte Vertrauen der (wenigen verbliebenen) Verantwortlichen. Deshalb will man noch nicht komplett auf dessen Philosophie setzen sondern abwarten, inwieweit der neue Sportvorstand einen langfristigen Plan, eine neue Philosophie mitbringt. Und deshalb kann ich in diesem einen Punkt Bernd Hoffmann als Aufsichtsratsvorsitzenden nicht ganz folgen, der gesagt hatte, die Personalie Sportvorstand sei keine Frage, die man unter Zeitdruck beantworten müsse sondern in aller Ruhe. Denn Fakt ist: Zeit hat der HSV nicht mehr viel. Dafür umso mehr Entscheidungen, die es zu treffen gilt. Zumal dann, wenn es tatsächlich zum Abstieg kommt.

Und sollte am Ende der alte HSV-Weg wieder eingeschlagen werden und der Mut zu neuen Wegen die Verantwortlichen verlassen – es wäre nur eine Frage der Zeit, bis hier alles wieder beim Alten wäre. Dann würde voraussichtlich wieder ein namhafter Trainer entlassen, der es trotz namhafter (und vermeintlich auch teurer) Zugänge nicht geschafft hat, die sportlichen Ziele zu erreichen. Eben so, wie in den letzten Jahren immer wieder zu hören war. Denn demnach hatte der Hauptgeldgeber Klaus Michael Kühne immer wieder betont, nicht den langen sondern eher den schnellen Weg zu sportlicher Verbesserung gehen zu wollen.

Das bedeutete im Ergebnis, dass eher fertige Spieler und Trainer geholt wurden. Und ich kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen um Bernd Hoffmann herum es diesmal hinbekommen, den Investor und Mäzen zumindest auch von der Notwendigkeit zu überzeugen, neue Wege zu gehen, vermehrt auf den Nachwuchs zu setzen. Ich hoffe, dass die Gelder in die Professionalisierung der Scoutingabteilung gesteckt werden, damit zumindest die Aussicht auf gewinnbringende Spielerverkäufe da ist. Denn nur dieser eine Weg bietet dem HSV - und das auch nur im Ansatz - die Chance, irgendwann einmal autark handeln zu können und sich selbst zu versorgen.

Und auch um das abzuschießen und die Fragen zu beantworten, weshalb mich der neue Cheftrainer bislang überzeugt: Ich behaupte, dass er einen Blick dafür hat, wie er sein System umsetzt und danach Spieler einkauft – oder sie bestenfalls aus dem eigenen Nachwuchs rekrutiert. Steinmann war bislang bei allen seinen Profistationen gescheitert. Trotzdem setzte Titz auf ihn als Taktgeber und bekam recht. Wichtiger als das ist noch, dass Titz einfach noch nicht so verwöhnt ist, wie einige seiner Vorgänger. Titz geht noch den schwierigen Weg – oder besser gesagt: Er traut sich selbst zu, diesen Weg erfolgreich zu gehen. Und das tue ich auch. Vorausgesetzt, Titz bekommt die bedingungslose Rückendeckung, die ein Trainer für einen derartigen Neuaufbau braucht.

In diesem Sinne, morgen wird weiter am neuen HSV gearbeitet und um zehn Uhr öffentlich trainiert.

Scholle

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