Marcus Scholz

6. Mai 2020

Es war erwartet worden - und dennoch sorgte die Entscheidung aus Berlin für große Erleichterung unter den 36 Bundesligisten. Auch beim HSV, der ankündigte, ab Donnerstag wieder ins normale Mannschaftstraining überzugehen, da die Bundesliga nach der Entscheidung von Bund und Ländern den derzeit unterbrochenen Spielbetrieb in der zweiten Mai-Hälfte wieder aufnehmen wird. Wenn auch vorbelastet: „Ich kann nur appellieren: Es sollten auch Spieler, die sich unvernünftig verhalten, mit Konsequenzen rechnen müssen. Es war von dem einen Spieler von Hertha BSC schon ein schweres Eigentor", sagte Markus Söder (CSU) heute nach dem Politikgipfel der 16 Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin. Es hätten sich „alle an die Hygienemaßnahmen zu halten“, stellte der bayerische Ministerpräsident Söder klar und spielte dabei auf das verstörende Video von Hertha-Profi Salomon Kalou an. Der Beschluss sei „einstimmig und einvernehmlich“ erfolgt, ergänzte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).

Und wie im Fußball sind auch hier Hamburg und Bremen grundsätzlich gegenteilig. Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) jedenfalls, der als Kritiker der Wiederaufnahme der Bundesligasaison gilt, sagte, in der Diskussion der Ministerpräsidenten über den Termin für den Re-Start der Bundesliga sei es „ordentlich zur Sache“ gegangen. Man habe sich bei diesem Thema in der gemeinsamen Telefonschalte mit der Bundeskanzlerin in die Wolle gekriegt. Er habe auch diesmal keinen Hehl aus seiner Skepsis gegenüber Geisterspielen gemacht. Nach der Entscheidung habe er dann aber für einen Start am 20. oder 21. Mai geworben, sagte Bovenschulte. Die DFL und die überwiegende Zahl der Ministerpräsidenten hätten jedoch für den 15. Mai votiert. Ebenso wie die DFL, die inzwischen das Wochenende 15. bis 17.5. als Startpunkt festlegte.  So viel zum Thema „einstimmige Entscheidung pro Bundesliga“…

Einstimmig? Bremens Regierungschef dementiert

Dennoch freute sich vor allem DFL-Geschäftsführer Christian Seifert, der in den letzten Wochen als Krisenmanager einen anerkennenswert guten Job abgeliefert hat: „Die heutige Entscheidung ist eine gute Nachricht für die Bundesliga und die 2. Bundesliga. Sie ist verbunden mit einer großen Verantwortung für die Clubs und ihre Angestellten, die medizinischen und organisatorischen Vorgaben diszipliniert umzusetzen. Spiele ohne Stadion-Zuschauer sind für niemanden eine ideale Lösung. Es ist in einer für einige Clubs existenzbedrohenden Krise allerdings die einzige Möglichkeit, den Fortbestand der Ligen in ihrer jetzigen Form zu bewahren. Mein Dank gilt an diesem Tag den politischen Entscheidungsträgern aus Bund und Ländern für ihr Vertrauen.“ Demnach auch an Hamburgs Bürgermeister Tschentscher, der in der Pressekonferenz betonte, dass es der Kanzlerin und den Länderchefs aber bei der Entscheidung wichtig gewesen, neben dem Profibetrieb auch den Amateursport nicht zu vergessen, versicherte Tschentscher. Hintergrund: Im Breiten- und Freizeitsport wurde der Trainingsbetrieb unter freiem Himmel in Hamburg wieder erlaubt.

Dementsprechend darf der HSV auch wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Die Hamburger Behörde für Inneres und Sport hat dem HSV eine entsprechende Ausnahmegenehmigung erteilt. „Das Teamtraining, das weiterhin unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden wird, ist wie das zuletzt absolvierte Kleingruppentraining mit maximalen Hygiene- und Präventionsvorgaben versehen. Um die Regeln mit dem gesamten Kader, Trainer- und Betreuerstab optimal umsetzen zu können, ziehen die Zweitligaprofis vorerst in die Alexander-Otto-Akademie um“, heißt des auf der HSV-Homepage. „Die Räumlichkeiten dort eignen sich besser, um Abstands- und Hygieneregeln außerhalb der Trainingseinheiten einzuhalten. Wir sind sehr froh und dankbar, dass Alexander Otto dieser eigentlich nur für den Nachwuchs vorgesehenen Nutzung sofort zugestimmt hat“, sagt Sportvorstand Jonas Boldt.

 

Es war wie zuletzt so oft - auf der Pressekonferenz der Bundeskanzlerin nebst Söder und Tschentscher wurde versucht, alle öffentlichen Bedenken beizulegen. Auch die Situation um weitere positive Tests in Mannschaften würden nicht zwangsweise 14 Tage Mannschaftsquarantäne nach sich ziehen, wie es bei uns Normalbürgerinnen und -bürger der Fall wäre. „Dass dort regelmäßig getestet wird, ist natürlich eine andere Situation, als wenn jemand nur einmal am Anfang und am Ende der Quarantäne getestet wird. Das ist der Hintergrund“, begründete Merkel in der Pressekonferenz am Mittwoch. Auch bei Kontaktpersonen von positiven Corona-Fällen kann die Quarantäne wegen der Dauertestung kürzer ausfallen, die Entscheidung läge hier bei den örtlichen Gesundheitsbehörden. Offen ist allerdings noch, wann genau es losgeht - und vor allem mit welchem Spieltag. Zuletzt hieß es, man würde zunächst die angesetzten Spieltage spielen und dann die ausgefallenen Partien Spieltag für Spieltag nachholen. Aber in diesem Fall wird schon die erste, sehr kontroverse Diskussion der 36 Bundesligisten erwartet.

Morgen beraten DFL und Klubs über Terminplan

Wenn es jetzt am 15. Mai tatsächlich losgeht, würde der HSV zunächst mit einem Heimspiel gegen Sandhausen beginnen, ehe die Auswärtspartie in Fürth nachgeholt würde. Am letzten Spieltag ginge es dann nach Heidenheim zum Spitzenspiel für den HSV, der aktuell als Dritter nur einen Platz vor dem FCH rangiert. Gut möglich, dass es dann noch um alles geht - für beide. Für morgen haben die DFL und ihre 36 Profiklubs die nächste außerordentliche Vollversammlung anberaumt, um über genau diese Fragen zu beratschlagen. Und auch wenn hier der FC St. Pauli außer an Derby-Spieltagen keine große Rolle spielt, zitiere ich heute gern den Präsidenten Oke Göttlich. Denn der erinnerte im Moment der Freude daran, worauf es ankommen wird. Göttlich: „Allen muss klar sein, dass dieser Re-Start auch der unbedingte Anstoß einer Debatte über die Neuausrichtung des systematisch aus dem Ruder gelaufenen Profi-Fußballs sein muss. Spiele ohne Fans bieten in allen Facetten ein gruseliges Bild, was wir alle im puren Marktglauben aus diesem Spiel gemacht haben.“ Das Verhältnis aus Sport, Kultur und Wirtschaft müsse neu justiert werden. Und das muss es ganz sicher.

Hoffen wir mal, dass dieser Warnschuss allen Klubs für die Zukunft eine Lehre sein wird, nicht mehr komplett auf Naht zu arbeiten. ich persönlich befürchte, dass der harte Wettkampf in der Praxis letztlich viel zu schnell wieder jegliche zuletzt formulierte Vernunft schlagen wird. Oder glaubt Ihr daran, dass die Klubs nachhaltig aus dieser bedrohlichen Situation Schlüsse für sich ziehen? Eure Meinung hierzu würde mich sehr interessieren…

In diesem Sinne, bis morgen! Da melde ich mich wie immer um 7.30 Uhr wieder mit dem MorningCall bei Euch, ehe wir uns am Abend mit Blog und der fünften Auflage unseres HSV-Quiz’ bei Euch melden. Im Anhang findet Ihr zudem noch einige Reaktionen der verschiedenen Bundesliga-Verantwortlichen. Bis morgen!

Scholle

 

 

Reaktionen zum Bundesligastart:

Uwe Koschinat (Trainer SV Sandhausen): „Das wird natürlich schon eine Herkulesaufgabe für jede Mannschaft. Mit Sicherheit werden jetzt Trainingssteuerung und das sensible Umgehen mit den einzelnen Spielern ganz, ganz wichtig werden. Freude ist glaube ich aktuell bei mir nicht so das primäre Gefühl. Die Situation ist so außergewöhnlich wie sie mit Sicherheit noch nie war.“

Jörg Schmadtke (Sportchef VfL Wolfsburg): „Wir sind sehr froh, dass die Bundesliga den Spielbetrieb wieder aufnehmen kann. Das sichert den Vereinen den wirtschaftlichen Betrieb und bringt den Menschen in diesen schwierigen Zeiten ein wenig Ablenkung von den Alltagssorgen und etwas Unterhaltung. Alle Vereine haben ja bereits seit längerer Zeit alle nötigen Hygienemaßnahmen umgesetzt und werden das natürlich auch weiter tun. Dieses Hygienepaket ist so eng geschnürt, dass wir für alle den bestmöglichen Schutz bieten und die Ansteckungsgefahr so weit wie möglich reduzieren."

Thomas Hitzlsperger (Vorstandsvorsitzender VfB Stuttgart): "Wir haben immer betont, welche Bedeutung die Fortsetzung der Saison für den Fußball hat. Dementsprechend froh sind wir über die getroffene Entscheidung. Gleichzeitig wissen wir, welche Verantwortung mit der Wiederaufnahme des Spielbetriebs einhergeht. Dieser Verantwortung wollen und werden wir gerecht werden und weiterhin sehr genau auf die Einhaltung der vorgegebenen Richtlinien achten."

Michael Preetz (Manager Hertha BSC Berlin): „Das ist eine gute Nachricht für die Bundesliga. Die Entscheidung der Regierung beinhalte einen großen Vertrauensvorschuss und fußt auf einem von der DFL ausgearbeiteten sehr guten Konzept."

Hans-Joachim Watzke (BVB-Geschäftsführer): „Viele Branchen fahren langsam und unter Einhaltung strenger Regeln nun wieder hoch, das gilt auch für den Berufsfußball. Im Rahmen dessen sind wir uns bei Borussia Dortmund einer großen Verantwortung bewusst. Wir werden - im Wissen darum, dass es keine Garantien gibt - alles versuchen, um eine möglichst hohe Sicherheit zu gewährleisten, dass es zu keinen neuen Infektionen bei Spielern und deren Familien kommt. Vor leeren Rängen spielen zu müssen, ist gerade für einen Verein wie den BVB, der aus der Leidenschaft seiner Fans im Stadion viel Kraft zieht, eine enorme Herausforderung. Die Bundesliga so lange ruhen zu lassen, bis wieder Zuschauer in die Stadien dürfen, wäre für die Vereine wirtschaftlich allerdings nicht durchzuhalten gewesen.“

Robert Palikuca (Sportvorstand 1. FC Nürnberg): „Die Vorfreude auf den Wettkampf nach der langen Zeit ohne Spiele ist definitiv groß. Ich freue mich, dass durch die Lockerungen die Menschen in Deutschland nach und nach wieder zur Normalität finden können. Das ist ein für alle wichtiger Schritt.“

Fredi Bobic (Sportchef Eintracht Frankfurt): „Die Erlaubnis von Bund und Ländern bedeutet für den deutschen Fußball einen riesen Vorsprung. Nicht zuletzt mit Blick auf das öffentliche Leben sind wir die ersten, die die Situation unter medizinischen Gesichtspunkten absolut sauber gestalten, um in Zeiten dieses Virus unserem Beruf nachgehen zu können.“

Oliver Mintzlaff (Geschäftsführer RB Leipzig): „Es gibt keinen Grund dafür, länger zu warten. Ich gehe da auch nicht von einer großen Diskussion in der Mitgliederversammlung aus. Wir sollten am 15. Mai starten. "Wir haben alle Vorkehrungen getroffen. Die Spieler sind heiß darauf, dass es wieder losgeht.“

Fabian Wohlgemuth (Paderborns Geschäftsführer Sport): "Wir freuen uns sehr über die Entscheidung der Politik, den Wiedereinstieg in den Spielbetrieb der Bundesliga und der 2. Bundesliga zu ermöglichen. Die Deutsche Fußball Liga hat ein überzeugendes Konzept entwickelt, das eine sehr gute Grundlage für einen Ligabetrieb unter Berücksichtigung strenger Hygiene- und Verhaltensregeln darstellt. Wir haben uns beim SC Paderborn 07 stets an diesen Vorgaben orientiert und fühlen uns auch durch die jüngsten Testergebnisse unserer Spieler und Betreuer bestätigt. Nun ist es die zentrale Aufgabe, das Infektionsrisiko innerhalb und außerhalb unseres Trainingszentrums so gering wie möglich zu halten. Wir haben dazu bereits vor Wochen umfangreiche Maßnahmen entwickelt, die wir stets überprüfen und verfeinern. Dabei kommt einem intensiven Austausch aller Spieler und sonstigen Beteiligten sowie einer qualifizierten Unterweisung auch durch unseren Hygienebeauftragten große Bedeutung zu."

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