Marcus Scholz

9. August 2020

Bei allem, was er trainieren würde, wären letztlich Siege in Testspielen essentiell fürs Selbstvertrauen und die Entwicklung der Mannschaft. Das hatte der neue HSV-Trainer Daniel Thioune im Kennenlerngespräch erzählt. Und wenn es danach geht, darf der 45-Jährige nach dem ersten Sieg im ersten Testspiel mit  seinem Trainerdebüt im Volksparkstadion zufrieden sein. Oder? „Der Schwerpunkt lag heute auf der Defensive – und das hat weitestgehend gut funktioniert“, so Thioune nach dem 1:0-Sieg gegen den Drittligisten Hansa Rostock, den Stephan Ambrosius in der Schlussminute per Kopfballtreffer besorgt hatte. Schöner Nebeneffekt: Als Belohnung hatte Trainer Daniel Thioune seiner Mannschaft einen freien Vormittag versprochen, sollte das Spiel gewonnen werden. „Vieles von dem, was wir trainiert haben, haben wir heute umgesetzt“, so der Trainer zufrieden. Und: „Über allem steht immer der Erfolg“

Der HSV begann auch tatsächlich genauso, wie es Trainer Daniel Thioune angekündigt hatte: Aus einer stabilen Defensive, die mit Tim Leibold als Kapitän, dem auffällig rustikal agierenden Stephan Ambrosius und Jonas David sowie Khaled Narey zunächst keine Probleme hatte, die wenigen Rostocker Angriffe zu unterbinden, sollte und wurde nach Ballgewinnen schnell umgeschaltet. Vor allem Amadou Onana wirkte in den ersten Minuten präsent und musste ob der anfänglich überharten Gangart des Drittligisten mächtig was einstecken. Mit dem 18-jährigen Talent werden wir hier noch viel Spaß haben, da lege ich mich heute schon fest, obgleich Trainer Thioune im Anschluss auch kritische Worte fand: „Es war überraschend, dass sich ein 18-Jähruger so deutlich zeugt“, so der Trainer, der kritisierte: „Ich hatte mir in einigen Szenen aber mehr Pressing von ihm erhofft. Da war er einige Male einen Schritt zu spät. Das muss er lernen.“

Defensiv okay - aber nach vorn ging nichts

Und obwohl Bobby Wood in den ersten Minuten ordentlich und Manuel Wintzheimer sehr fleißig unterwegs waren, kam der HSV erst in der 20. Minute zum ersten Torschuss – wenn man den geblockten Ball von Wintzheimer so nennen darf. Ansonsten gab es noch einen Freistoß von Xavier Amaechi (32.) und viel Ballbesitz – allerdings ohne große Effekte. Offensiv war das schlichtweg noch deutlich zu wenig.

Es fehlte wie zuletzt in der Liga auch heute die Idee. Gegen tief stehende und auf Konter ausgerichtete Rostocker kam der HSV zu selten in die Situation, schnell umzuschalten. Und mit dem Ball am Fuß gegen eine massierte Abwehr war man wie in der abgelaufenen Saison nicht in der Lage, den Gegner auszuhebeln. Ein langer Ball auf den ansonsten wirkungslosen Aaron Opoku, der den Ball übers Tor köpfte – mehr gab es nicht zu berichten, da von David Kinsombi als zentraler Mittelfeldmann zu wenig kam. Und da auch die Eins-gegen-Eins-Situationen nicht gesucht wurden lief man sich immer wieder fest. Logische Konsequenz: Es ging mit 0:0 in die Halbzeitpause, in der Trainer Thioune bis auf die beiden Innenverteidiger, Narey und Opoku siebenmal wechselte.

 

Auch auf der Torhüterposition. Nach Daniel Heuer Fernandes in der ersten Hälfte kam in der zweiten Halbzeit Tom Mickel zum Einsatz. Julian Pollersbeck spielte gar nicht. „Heute hatten wir uns für Daniel Heuer Fernandes entschieden – aber nicht gegen Julian. Am kommenden Wochenende gegen Lübeck ist es dann andersrum“, versuchte Thioune dieser Personalie jegliche Wertung zu nehmen, „da wird dann Julian spielen und einer der anderen beiden.“ Allerdings macht es bislang den Eindruck, als wäre Heuer Fernandes bei Thioune ein wenig besser gelitten als Pollersbeck. Abwarten.

Onana gefällt, Pollersbeck kommt nicht zum Einsatz

Nach Leibold übernahm in der zweiten Halbzeit Aaron Hunt das Kapitänsamt und leitete auch gleich den ersten gefährlichen Angriff (48.) ein. Allerdings auf der falschen Seite. Und hätte Mickel nicht eh sehr hoch gestanden und so schnell reagiert, wäre Rostocks Korbinian Vollmann wohl freistehend vor dem Tor an den Ball gekommen. So aber klärte Mickel mit einer Grätsche. Apropos: In Sachen Grätschen erwarteten hier natürlich alle was von Klaus Gjasula. Und der hielt vier Minuten nach seiner Einwechslung auch gleich mal so richtig hin – verfehlte seinen schnelleren Gegenspieler allerdings knapp.

Knapp wurde es weiterhin nicht wirklich. Im Gegenteil: Das Spiel wurde noch behäbiger, da Hunt im Zentrum das machte, wofür er nicht nur her im Blogforum immer wieder heftig kritisiert wird: Er nahm den Angriffen jegliches Tempo. Mehr noch: Nach einem Rostocker Eckball verlängerte er den Ball sogar noch einmal gefährlich vors eigene Tor (65.). Kurzum: Wäre es nicht der erste Test und somit noch nicht allzu aussagekräftig, müsste man die Personalie Hunt tatsächlich noch einmal grundsätzlich thematisieren. „Defensiv war das okay“, so Thioune, „und offensiv wissen wir, dass er es besser kann.“

 

Und da Jeremy Dudziak heute auch auf maximal 60 Prozent lief kam nach vorn auch in der zweiten Halbzeit nahezu nichts – bis der eingewechselte (und im Training auffällig mutige) Lukas Pinckert eine Idee hatte. Sein langer Ball fand passgenau den durchstartenden Vornamensvetter Lukas Hinterseer, der allein auf Rostocks Keeper zulief und – abspielte!! Warum er den Ball nicht einfach selbst machte, sondern noch mal querlegen wollte – keine Ahnung! Aber das hätte das 1:0 sein müssen (77.).

Dass es am Ende im ersten Test doch noch den ersten Sieg und damit eine gesparte Trainingseinheit zu bejubeln gab, lag an Stephan Ambrosius, der beim HSV 90 Minuten durchspielte und in der 90. Minute einen Eckball von Hunt am zweiten Pfosten stehend einköpfte. Dabei hatte er gar nicht mehr mit nach vorn gehen wollen, wie er selbst zugab. „Ich war tatsächlich ein wenig platt“, so der Innenverteidiger, der von Trainer Thioune viel Lob für ein fehlerfreies Spiel attestiert bekam. Allerdings hatte Tom Mickel etwas dagegen und der Ersatzkeeper feuerte den jungen Innenverteidiger an, mitzugehen. „Er hat mich heiß gemacht“, so Ambrosius, der sich mit dem Treffer für ein sehr solides Spiel selbst belohnte - und nebenbei der Mannschaft eine Trainingseinheit ersparte.

 

Denn Trainer Daniel Thioune, der nach dem Spiel noch einmal betonte, dass er mit der Arbeit seiner Mannschaft gegen den Ball durchaus zufrieden. „Von dem, was wir trainiert haben, war vieles schon gut“, so der neue HSV-Coach, der die Mannschaft vor dem Spiel provoziert hatte mit Forderungen. So sollte der Gegner nur eine bestimmte Zeit den Ball haben dürfen – was in der ersten Hälfte sehr gut gelungen sei. „In der zweiten Halbzeit haben wir es bis zur Trinkpause nicht gut gemacht. Das habe ich der Mannschaft dann auch noch mal gesagt – und es wurde besser.“

Auch deshalb steht morgen statt um 10 Uhr und um 16 Uhr nur die eine Einheit am Nachmittag auf dem Programm. Ich werde mich natürlich trotzdem um 7.30 Uhr wieder pünktlich mit dem MorningCall bei Euch melden. Bis dahin Euch allen noch einen schönen Abend!

Scholle

 

 

Statistik zum Spiel​​

HSV: Heuer Fernandes (46. Mickel) - Narey (62. Kittel), David (70. Pinckert), Ambrosius, Leibold (46. Hein) - Onana (46. Gjasula), Kinsombi (46. Dudziak) - Opoku, Wintzheimer (46. Hunt), Amaechi (46. Vagnoman) - Wood (46. Hinterseer) 
F.C. Hansa Rostock: Kolke - Butzen (46. Riedel), Reinthaler (46. Straith), Sonnenberg (46. Vollmann), Roßbach - Rother, Bahn (46. Daedlow), Litka (46. Neidhardt) - Schulz, Farrona Pulido - Engelhardt (46. Breier) 
Tore: 1:0 Ambrosius (90.)
Schiedsrichter: Konrad Oldhafer

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