Tobias Escher

6. März 2019

 

 

Hamburgs später 1:0-Sieg gegen Fürth war – vorsichtig formuliert – kein allzu großer Leckerbissen. Über weite Strecken des Spiels biss sich der HSV die Zähne aus an Fürths enger Manndeckung. Warum sich der HSV so schwer tat, analysiert unser Taktik-Kolumnist Tobias Escher.

Wer die Schwachstelle des Hamburger SV in dieser Zweitliga-Saison sucht, muss nur einen Blick auf die Tabelle werfen. 24 Spiele sind absolviert, gerade einmal 32 Tore hat der HSV erzielt; damit stehen sie in der Liga auf Rang zehn. Auch gegen Greuther Fürth taten sich die Hamburger mal wieder äußerst schwer.

Sakai als Mangala-Ersatz

Trainer Hannes Wolf musste aufgrund von Sperren und Verletzungen auf einigen Positionen umbauen. Gotoku Sakai rückte von der Außenverteidiger-Position ins zentrale Mittelfeld, Khaled Narey übernahm den Posten des Rechtsverteidigers. Im Tor ersetzte Tom Mickel Stammkeeper Julian Pollersbeck.

Durch die neue Aufstellung veränderte sich auch die taktische Anordnung auf dem Rasen. Douglas Santos rückte als Linksverteidiger wie gewohnt ins Zentrum. Narey wiederum hielt seine Position auf der rechten Seite und rückte weit nach vorne. Das erlaubte wiederum Rechtsaußen Hee-Chan Hwang, weit ins Zentrum zu rücken. Auf Linksaußen sorgte Bakary Jatta für Breite.

Das Hamburger System ähnelte im Aufbau einem 2-4-1-3. Auffällig waren die hohe Positionierung von Lewis Holtby, der häufig in vorderster Linie agierte. Aaron Hunt schwebte als freies Radikal etwas zwischen Sakai und Sturmspitze Pierre-Michel Lasogga.

Taktische Aufstellung HSV-SGF

 

Fürth stellt Spielaufbau zu

Fürth war auf diese Formation der Hamburger gut eingestellt. Sie agierten aus einem 4-2-3-1-System. Zehner Julian Green hatte die simple Aufgabe, Hamburgs Sechser Sakai per Manndeckung aus dem Spiel zu nehmen. Ähnlich ging Rechtsaußen Sebastian Ernst vor. Er verfolgte Santos, sobald dieser ins Zentrum zog, und stellte den Passweg auf ihn zu. Die Fürther paarten diese Manndeckungen mit einem aggressiven Pressing. Sobald der HSV den Ball auf die halbrechte Seite spielte, schoss Kenny Prince Redondo nach vorne und ging zum Pressing über.

Leider ließ sich der HSV durch diese simplen defensiven Kniffe den Schneid abkaufen. Das zentrale Mittelfeld war aus dem Spiel genommen. Alternative Wege nach vorne fand der HSV nicht. Es war auffällig, wie selten die Hamburger Offensivspieler sich fallen ließen oder die Positionen tauschten. Es gab schlicht keine Anspielstationen im offensiven Mittelfeld. Einziger Ausweg war häufig ein Pass auf die Außen. Weder Jatta noch Narey konnten an diesem Abend mit ihren Dribblings überzeugen.

Ein weiteres Problem lag in dem Wechsel auf der Torhüter-Position. Pollersbeck ist Mickel im Spielaufbau deutlich voraus. Sobald Fürth presste und den HSV zu einem Rückpass auf den Torhüter zwang, konnte Mikel die Situation meist nur mit einem langen Ball auflösen. Diese eroberte der HSV nicht sonderlich häufig.

Ein zähes Spiel und eine gelb-rote Karte

Zumindest defensiv funktionierte Wolfs System über weite Teile der Partie. Die durch das Einrücken von Hwang und Sakai recht enge Anordnung erlaubte es dem HSV, nach Ballverlusten sofort ins Gegenpressing zu gelangen. Da Fürths Außenspieler ebenfalls recht weit einrückten, fehlte den Gästen die Breite im Spiel, um das Gegenpressing der Hamburger zu umspielen. Sie verzettelten sich häufig in engen Räumen, der HSV würgte die meisten Konter früh ab.

Wolf versuchte, mit seinen Wechseln die Statik des Spiels zu verändern. Berkay Özcan musste bereits vor der Pause Hwang ersetzen (38.) und ließ sich häufiger fallen. Größere Veränderungen hatte die Einwechslung von Gideon Jung (46., für Holtby) zur Folge. Jung agierte neben Sakai als weiterer Sechser. Wolf wollte die Manndeckung der Fürther sprengen. Santos rückte nun seltener ins Zentrum. Fürth agierte im 4-2-3-1-System jedoch weiter kompakt und stellte das Zentrum zu. Beim HSV fehlte noch immer jede Anbindung zwischen defensivem und offensivem Mittelfeld.

Erst nach der Gelb-Roten Karte gegen Green (67.) erhielt der HSV etwas Oberwasser. Fürth verteidigte weiterhin aggressiv in einem 4-3-2-System. Ihnen gelang es, Hamburgs Doppelsechs in einem Fünfeck einzukesseln. Zugleich waren die Räume auf den Flügeln aber mittlerweile so groß, dass Narey und der eingewechselte Tatsuya Ito (73., für Jatta) häufiger ins Eins-gegen-Eins gehen konnten. Das Tor (85.) fiel indes, nachdem Hunt und Özcan endlich einmal den Raum zwischen den gegnerischen Linien besetzt hatten.

Fazit und Ausblick

Der zähe 1:0-Erfolg trübt die Aussicht auf das anstehende Derby. Dass der FC St. Pauli gut verteidigen kann, bewiesen sie beim ereignislosen 0:0-Unentschieden im Hinspiel. Trainer Markus Kauczinski dürfte auch im Rückspiel kein Feuerwerk abbrennen. Zumeist verteidigt sein Team in einem 4-4-1-1-System, Kauczinski setzte aber auch schon auf Varianten mit einer Fünferkette. Gefürchtet sind die schnellen Gegenstöße über die Flügelspieler – und Strafraum-Stürmer Alexander Meier. Seit er nach St. Pauli gewechselt ist, erzielte er fünf der insgesamt acht Tore.

Für Wolf dürfte indes die Zeit gekommen sein, sein eigenes Spielsystem weiterzuentwickeln. Den Trick mit den einrückenden Außenverteidigern haben die meisten Gegner mittlerweile durchschaut. Es fehlen gerade in der gegnerischen Hälfte Lösungen, um eine kompakte Defensive zu knacken. Lösungen, die auch im Derby gefragt sein werden.

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