Marcus Scholz

29. Juli 2020

Es ist 17.20 Uhr und ich bin gerade erst an den Rechner gekommen. Heute morgen Drehen im Büro, danach ein Termin mit einem HSV-Mitarbeiter, eine etwas längerer Arztbesuch und dann der Versuch, die Laptoptaste „i“ reparieren bzw. ersetzen zu lassen. 2,5 Stunden (inklusive An- und Abfahrt) AEZ – erfolglos. Und jetzt ist es spät. Zu spät. Eigentlich wollte ich Euch heute über „die Konzepterstellung zwecks Wiederzulassung von Stadionbesuchern“ berichten, wie das 41 Seiten umfassende Pamphlet der DFL heißt. Allerdings wird das jetzt etwas zu knapp. Das DFL-Konzept bedarf etwas mehr als diese zwei Stunden. Aber die werde ich mir nehmen – nach dem Blog von heute, der in Teilen auch in eigener Sache ist. Denn gestern hat sich hier etwas zugetragen, was ich zum einen für sehr schade halte – zum anderen aber auch nicht akzeptieren kann. Aber dazu am Schluss mehr

Vorweg komme ich zu einem Thema, nach dem heute auch im Community-Talk mehrfach gefragt wurde. Sandro Wagner und Eric-Maxim Choupo-Moting sind auf dem Markt und viele von Euch haben gefragt, ob diese beiden nicht etwas für den HSV seien. Und während beide sportlich fraglos eine Qualität mitbrächten, die dem HSV helfen könnte, sind sie finanziell absolut nicht erschwinglich für den eh klammen HSV. Es sei denn – und das gibt es heutzutage vielleicht in einem von 1000 Fällen – einer der beiden würde aus idealistischen Gründen unbedingt zum HSV wollen. Aber: Merkt ihr selbst…

Dennoch weiß ich, dass sich der HSV mit den großen Kalibern beschäftigt – weil es schlichtweg dazugehört. Bei Wagner wurde zumindest angefragt. So wie 2005. Damals hatte man das Glück, einfach extrem fleißig – und zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Fleck gewesen zu sein. Damals gingen die Verantwortlichen auf zahlreiche nominell für den HSV unerschwingliche Spieler zu.  Spieler aus einer anderen Kategorie. Und bei Rafael van der Vaart hatte man Glück. Der damalige Weltklassespieler hatte in den Niederlanden bei Ajax Amsterdam Probleme. Zudem spielte mit Khalid Boulahrouz bereits ein Landsmann beim HSV, der ihm den Verein ans Herz legte. Und so wurde van der Vaart sportlich zum Glücksgriff für den HSV – und in den Folgejahren als Weltklassereferenz zum Türöffner bei Anfragen an die Topspieler.

HSV klopft bei Wagner an - und ist chancenlos

Auch dieses Jahr hat der HSV wieder solche Spieler angesprochen. Alles zwar zwei Klassen unter dem, was man 2005 versuchte – aber man hat es eben wenigstens versucht. Sie  würden ihren Job nicht gut machen, wenn sie nicht alles versuchen würden. So heißt es vom HSV. „Aber wir sind auch realistisch“, sagt Michael Mutzel, der sich beim HSV als Sportdirektor operativ federführend um die Zusammenstellung des Kaders kümmert. Im er in Absprache mit Trainerteam und Sportvorstand – logisch. Aber Mutzel bekommt auf dem Transfermarkt z8 spüren, wo der HSV inzwischen steht.

Bei Hendrik Weydandt scheiterte ein Transfer schon an den Finanzen. Hannover 96 überbot den HSV schlichtweg. Sandro Wagner, der zuletzt in China kolportierte 7,5 Millionen Euro im Jahr kassierte, hat andere Ziele. Sportlich wie finanziell. Und auch ein Choupo-Moting würde trotz (oder gerade wegen?) seiner HSV-Vergangenheit nicht auf Millionen verzichten. Angebote aus dem Ausland sowie der Ersten Bundesliga kann der HSV auch hier nichts entgegensetzen.

 

Auch deshalb wird intern Lukas Hinterseer gänzlich anders besprochen als nach au0en. Nach außen wird seit vielen Tagen darüber spekuliert, wohin der Österreicher wechselt, während Neutrainer Daniel Thioune ebenso wie Hinterseer selbst plant, die nächsten Tage und Wochen der Vorbereitung erst einmal abzuwarten. Klar ist: Die Leistung der Rückrunde, in der Hinterseer oft nur eingewechselt wurde und zudem auf der für ihn völlig ungeeigneten Rechtsaußenposition auflief, ist für Thioune nicht der alleinige Maßstab. Der neue HSV-Coach weiß vielmehr, dass Hinterseer bei gleichbleibenden Einsatzzeiten und -Positionen den neun Tore zumindest noch ein paar mehr hätte folgen lassen.

Wood ist unverkäuflich - Hinterseer neue Chance

Bei Bobby Wood gestaltet sich das leider anders. Der US-Amerikaner versucht zwar derzeit mit Beraterwechsel und freiwilligem Individualtraining wieder in Form zu kommen, aber wenn meine Infos stimmen, dürften allein die körperlichen Voraussetzungen schon die wenigen Interessenten abschrecken, die sich trotz des Mondgehaltes dennoch mit Wood beschäftigt haben. Die Knie, so heißt, seien lädiert. Das hatte sich zuletzt sogar in den Trainingsmesswerten niedergeschlagen. Mit anderen Worten: Wood war, ist und bleibt unter den aktuellen Rahmenbedingungen unverkäuflich. Ergo: Rund zwei Millionen Euro der insgesamt 23 Millionen des Etats sind verplant – voraussichtlich erneut ohne jede Gegenleistung.

Wer noch immer nicht verstanden hat, wo der HSV steht, der muss sich nur einmal intensiv mit der Kaderplanung beschäftigen. Und damit meine ich nicht einmal den Vergleich von heute mit der Kaderplanung von 2005. Dazwischen  liegen Welten. Aber wer sich einmal länger mit Mutzel unterhalten hat, der weiß auch, dass weder der Sportdirektor des HSV noch seine Mitstreiter aufhören werden, parallel zur eigenen Gewichtsklasse auch immer in den darüber liegenden zu suchen. Immer auf der Suche nach dem Rafael van der Vaart des heutigen HSV.

 

Ich weiß, dass viele die aktuelle Situation als belastend erachten. Und auch ich hätte den HSV lieber auf Erstligaebene vor einem Neuanfang. Aber dieses Dümpeln in Richtung Vollchaos über die letzten gefühlt zehn Jahre hat mich müde gemacht. Zu müde, um daran zu glauben, dass etwas anderes als ein erzwungener Neuanfang noch helfen kann. Denn eines wird mir in den Gesprächen mit den aktuell Verantwortlichen immer deutlicher:  Auch sie wissen spätestens jetzt, dass dieser HSV nur noch den Namen mit dem vergangener Tage gemein hat.

Der große Glanz, den immer wieder einige neue Trainer bei Amtsantritt erkannt haben wollen, reicht nicht einmal mehr aus, um den FC Augsburg auszustechen. Geld regiert – und das hat der HSV nicht. Bleibt nur zu hoffen, dass der HSV endlich die Ideen hat, die ihn sportlich aufblühen lassen. Besonders findig sind die Namen Choupo-Moting und Wagner dabei sicherlich nicht. Aber sie sind auch längst nicht die einzigen Kandidaten. Hoffe ich.

Leute, bitte haltet unsere Regeln ein!

Apropos Hoffen: Wer sich den Community Talk angesehen hat, der wird wissen, was jetzt kommt. Aber ich möchte hier noch einmal eine Lanze für meine Kollegen brechen, die sich seit Jahren die Mühe machen, mit der Community auch persönlich zu kommunizieren, wenn sich einzelne danebenbenehmen. In diesem Fall war es ein Post, in dem HSV-Spieler mit Krebsgeschwüren verglichen wurden. Und das ist einfach nicht das Niveau dieses Blogs – und übrigens auch längst nicht das des Kommentators. Daher hatten meine Blogkollegen den persönlichen Kontakt gesucht und den entsprechenden Post gelöscht. Daraus dann eine „Zensur“ abzuleiten, kann ich nicht stehen lassen. Das haben die Kollegen nicht verdient. Und obgleich ich es sehr schade fände, wenn derjenige hier nicht mehr an den Diskussionen teilnimmt, ist das seine Entscheidung und ich akzeptiere sie. Aber im Umkehrschluss erwarte ich, nein: erwarten wir hier von der Rautenperle, dass sich alle an die Regeln halten.

In diesem Sinne, bis morgen! Da melde ich mich um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch. Bis dahin!

Scholle

FAQs

 
 

Über uns

Die Rautenperle - das ist ein Team aus jungen Medienschaffenden und Sportjournalisten mit großer Affinität zum HSV. Wir sind 24/7 bei den Rothosen am Ball und produzieren frischen Content für Rautenliebhaber.

Unser Ziel ist es, moderne, unabhängige Berichterstattung und attraktiven, journalistischen Content für junge und jung gebliebene HSV-Anhänger zu bieten. Wichtig ist uns dabei, eine neue Art des Sportjournalismus zu präsentieren: dynamisch, zeitgemäß, zielgruppengerecht. Weg von verstaubten Zeitungsspalten und immergleichen Phrasen.

Die Rautenperle ist aber nicht nur ein Ort, um sich zu informieren, sondern soll auch immer ein Ort des Austausches und des Miteinanders sein. Wir wollen eurer Leidenschaft einen Platz im Netz bieten: zum Diskutieren, zum Mitfiebern, zum Mitmachen.