Marcus Scholz

31. August 2019

Wie vor jedem Spiel, werden wir auch diesmal vor dem Nordderby am Sonntag gegen Hannover 96, einen Vergleich machen, der die kennzeichnenden Merkmale des bevorstehenden Spiels beinhaltet. Den Gegner durchleuchtet dabei wieder mein Blog-Copilot Christian Hoch. Und ich bin froh, dass sich an der offensichtlich entlastenden Situation für Bakery Jatta nichts geändert hat und ich an dieser Stelle darauf verzichten kann, erneut über dieses Thema zu berichten. Meine Meinung dazu dürfte inzwischen ja auch der letzten leserin und dem letzten Leser hier klar sein. Von daher: Ab ins Nordderby...

Die Ausgangslage

Hannover 96: Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel beim HSV zeigte sich 96-Trainer Mirko Slomka gut gelaunt und angriffslustig. Fast jeden anwesenden Journalisten begrüßte er persönlich vor laufender Kamera und hatte dabei immer einen Spruch parat. Ihm rutschte aber auch fast etwas heraus: „Vielleicht sind wir im Moment in einer Krise, in die andere Mannschaften noch kommen können.“ Nur einen Atemzug später bemerkte Slomka, dass er nach vier Spielen und fünf Punkten schon selbst von einer Krise bei Hannover 96 gesprochen hat und korrigierte: „Wobei Krise ist ja eigentlich Schwachsinn.“ Und tatsächlich: Von einer Krise in Hannover zu sprechen - das wäre wirklich zu hoch gegriffen. Dennoch war der Start in diese Saison alles andere als wie erhofft: Fünf Pflichtspiele, nur ein Sieg gegen den punktlosen SV Wehen Wiesbaden, dazu das bittere Erstrundenaus im Pokal beim Karlsruher SC. In der Tabelle steht Hannover aktuell auf dem zehnten Platz - mit fünf Punkten Rückstand auf den HSV.

 

HSV: Beim HSV stimmt eigentlich alles – mit Ausnahme der Causa Jatta natürlich, die noch immer wie ein großer Schatten vor allem über dem Menschen Bakery Jatta schwebt. Sportlich passt es selbst bei dem Gambier derzeit gut. Auch gegen Hannover dürfte Jatta wieder in der Startelf stehen. Zumindest stärkte HSV-Trainer Dieter Hecking zusammen mit der Klubführung seinem Schützling wie vom ersten Tag an auch diesmal wieder den Rücken. Sollte Jattas Unschuld bewiesen werden können, wonach es aussieht, wird der HSV gestärkt aus der schwierigen Situation hervorgehen und neben dem sportlichen Erfolg auch intern ein sattelfestes Zusammengehörigkeitsgefühl aufweisen. Man vertraut sich – und man hilft sich. Auf und neben dem Platz.

 

Das größte Problem

Hannover 96: Das Slomka-Team schafft es noch nicht, positive Ansätze - sowohl in der Offensive als auch in der Defensive - über 90 Minuten konstant abzurufen. Das Potenzial in diesem Kader, der gespickt ist von eigentlich gestandenen Bundesligaspielern (Ron-Robert Zieler, Waldemar Anton, Matthias Ostrzolek, Genki Haraguchi, Hendrik Weydandt etc.) ist eigentlich höher als es die bisherigen Leistungen gezeigt haben. Der Slomka-Elf fehlt noch die Balance. Dieter Hecking, der dem HSV schon früh in der Saison zu enormer Stabilität verholfen hat, springt seinem ehemaligen Arbeitgeber jedoch zur Seite: „Bei Hannover läuft es noch nicht so, aber das ist bei so einem Umbruch völlig normal. Sie haben ein enormes Potenzial.“

HSV: Eigentlich müsste man auch hier die Causa Jatta anführen – aber der HSV hat es verstanden, die negative Geschichte in positive Energie umzuwandeln und in Form von Mannschaftsgeist mit auf den Platz zu bringen. Kaum vorstellbar, was passiert, wenn Jatta mal wieder trifft... Allerdings blieb in den ersten Partien der Liga auch nicht verborgen, dass Heckings Mannen gegen tief stehende Gegner noch immer Probleme hat, sich ausreichend Torchancen zu erspielen. Zudem wirkt Keeper Daniel Heuer-Fernandes noch nicht so sicher bei hohen Bällen, wie man es erwarten darf. Da parallel alle kopfballstarken Spieler verletzt (Ewerton, Letschert) oder nur auf der Bank (Papadopoulos) ist die Defensive noch zu anfällig bei gegnerischen Standards und hohen Bällen in die eigene Gefahrenzone.

Der Lichtblick

Hannover 96: Der Lichtblick - diese Kategorie bilden dieses Mal zwei Akteure: Die Sturmspitzen Marvin Duksch und Hendrik Weydandt. Duksch hat in vier Spielen bereits zwei Treffer und drei Vorlagen, also fünf Scorerpunkte gesammelt - ein richtig starker Wert. Auch Weydandt hat in drei Spielen zwei Mal getroffen und steht in der internen Scorer-Rangliste unmittelbar hinter Duksch. Also: Im Sturmzentrum hat Hannover zuverlässige Spieler, die knipsen. Ein weiterer Spieler, der die Erwartungen bisher erfüllen konnte, ist Linton Maina. Der rechte Mittelfeldspieler wurde sogar zum ersten Mal für die U21-Nationalmannschaft nominiert, doch Maina muss für das HSV-Spiel passen und auch die Nominierung sausen lassen. Der Grund: Er hat eine Ansatzreizung am Adduktor. Slomka bedauert den Ausfall: „Es tut mir sehr leid für ihn und auch für die Mannschaft, er hätte uns auch gegen den HSV gut getan.“

HSV: Der HSV hat im Mittelfgeld mit Adrian Fein einen konstant starken Regisseur, der das Spieltempo bestimmt, die Bälle verteilt und ggf. auch defensiv abräumt. Mit Sonny Kittel steht ein Spieler im Team, der auch aus dem Nichts mit seiner Schussstärke jedes Spiel entscheiden kann. Rechnet man noch die Formstärke der beiden Außenverteidiger und die zurück gewonnene Treffsicherheit von Lukas Hinterseer hinzu, darf das der Mannschaft von Beginn an ein gutes, selbstbewusstes Gefühl geben, wirklich jedes Spiel zu jeder Zeit gewinnen zu können. Ergo: Die Zusammensetzung der individuellen Qualitäten und Typen beim HSV ist sehr stimmig. Menschlich wie sportlich.

Das spannendste Duell

Hannover: Wenn die Niedersachsen am Sonntag um 13 Uhr auf den Hamburger SV treffen wird, werden viele Augen auf beide Trainerbänke gerichtet sein: Dieter Hecking und Mirko Slomka. Beide haben jeweils auch eine Vergangenheit als Trainer beim Gegner, beide spielen das Wiedersehen mit dem Ex vor der Partie aber auch herunter. Slomka: „Hannover ist meine Heimat, für mich zählt nur das Hier und Jetzt.“ Und auch Hecking meint: „Die Zeit in Hannover ist für mich schon sehr weit in den Hintergrund gerückt.“ Auch auf dem Platz gibt es übrigens viele Überläufer. Beispiele: Bobby Wood (aktuell HSV) war in der vergangenen Saison noch an Hannover ausgeliehen, Matthias Ostrzolek (aktuell Hannover 96) kämpfte einige Abstiegskampf-Schlachten mit dem HSV in der Bundesliga in der Vergangenheit.

HSV: Im Mittelfeldzentrum werden sich auf der einen Seite Bakalaorz/Prib und Fein/Kinsombi auf der anderen Seite gegenüberstehen – und beide Duos sind die jeweiligen Taktgeber. Hier wird sich zeigen, wer das Spiel zuerst in den Griff bekommt und dem Gegner sein Spiel aufdrücken kann. Spannend wird auch sein, ob beide Teams konsequent wie zuletzt nach vorn spielen und dem jeweils anderen damit Räume eröffnen. Dann könnte es tatsächlich ein torreiches oder aber zumindest Torszenen-reiches Spiel werden.

Taktik

Hannover 96: Zieler - Korb, Franke, Anton, Ostrzolek - Bakalorz, Prib - Hansson, Muslija - Weydandt, Duksch

HSV: Heuer-Fernandes – Gyamerah, Jung, van Drongelen, Leibold – Fein – Narey, Kinsombi, Kittel, Jatta – Hinterseer.

Kader des HSV gegen Hannover 96

 

Ausblick

Hannover 96: Gegen die Hamburger hat Hannover 96 die Chance, den Anschluss an die vorderen Plätze herzustellen. Ein Sieg würde einen Riesenschritt in der Tabelle und in der Entwicklung bedeuten: Mit acht Zählern wäre man dann nur zwei Punkte hinter dem „großen“ HSV. Bei einer Pleite würde der Rückstand andererseits aber auch schon acht Punkte betragen - ein Drahtseilakt. Wichtig wäre ein Sieg für H96 in jeglicher Hinsicht: für die Stimmung im Umfeld, für den Glauben innerhalb in der Mannschaft, für die eigene Entwicklung und auch mit Blick auf das Programm danach: Heimspiel gegen Arminia Bielefeld (2.), Auswärtsspiel bei Holstein Kiel, Heimspiel gegen Aufstiegsaspirant 1. FC Nürnberg.

HSV: Mit dem Heimspiel gegen Slomka und Co. kann der HSV seine Tabellenführung mit in die Länderspielpause retten, in der mit Timo Letschert mindestens ein Spieler zurückkehrt und ein Spieler wie Aaron Hunt die Möglichkeit hat, sich wieder bis an die persönlichen 100 Prozent heranzuarbeiten. Dazu wird auch das Testspiel am kommenden Donnerstag in Wolfsburg geeignet sein. Im Anschluss daran steht das Nonplusultra-Spiel aus HSV-Sicht an: Das Stadtderby beim FC St. Pauli. Aussichten, die Spaß machen und die jeder Gegner voller Optimismus genießen kann, solange es so läuft wie bisher. 

 

In diesem Sinne, bis morgen! Da melden Christian und ich uns vor dem Spiel mit letzten Infos zum Nordderby aus dem Stadion. Ebenso in der Halbzeit und natürlich nach dem Spiel! Bis dahin Euch allen einen richtig schönen Abend!

Scholle

 

P.S.: Bobby Wood hat sich am Freitag beim Geheimtraining einen Mittelhandknochen gebrochen, soll aber mit Spezialmanschette dabei sein.

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