Lars Pegelow

4. Oktober 2018

HSV-Trainer Christian Titz geht einfach mal den ersten Schritt. Anstatt nach der müden Nullnummer gegen den FC St. Pauli in Aktionismus zu verfallen, lässt er vieles beim Alten. Ähnliche Abläufe, ähnliche Trainingsschwerpunkte, auch wenn in dieser Woche wieder ein größeres Augenmerk auf den Weg nach vorn gelegt wurde. Der 18er-Mannschaftskader für die Partie in Darmstadt ist der Gleiche und vermutlich wird sich auf in der HSV-Startelf nicht viel ändern. Ito für Janjicic – das ist wahrscheinlich die einzige personelle Veränderung, die Christian Titz vornehmen wird. Titz vertraut auf diejenigen, denen er auch in den letzten erfolglosen Wochen vertraut hat. Nun ist es an der Zeit, zurückzuzahlen. Titz und das Team sind in der Pflicht!

 

Was die taktische Ausrichtung und die Worte zum Gegner angeht, erinnerte die heutige Pressekonferenz in vielen Teilen anderen Pressekonferenzen – auch zu Saisonbeginn. Es ändert sich Woche für Woche nicht viel daran, dass der HSV auf einen defensiv eingestellten Gegner trifft mit Stärken im berühmten Umschaltspiel. Für den Gegner, in diesem Fall Darmstadt 98, hat die Partie gegen den HSV Pokal-Charakter. Das lässt sich allein daran ablesen, dass das Stadion am Böllenfalltor mit 17.000 Zuschauern ausverkauft sein wird. Unter ihnen mehr als 2000 HSV-Fans, damit ist das Gäste-Kontingent einmal mehr komplett ausgeschöpft.

 

Der Trainer der „Lilien“, Dirk Schuster, hat vor der Partie schon einmal seine Sicht dargestellt was die Favoritenrolle angeht. „Wir wissen, was auf uns zurollt“, warnte Schuster und wies damit auf die Offensiv-Power des HSV hin. In den vergangenen Spielen habe der HSV überdies seine Stabilität in der Defensive gefunden, ergänzte Schuster, und zollte dem Gegner somit großen Respekt. In der Tat blieb der HSV in seinen drei Auswärtsspielen dieser Saison (3:0 in Sandhausen, 1:0 in Dresden, 0:0 in Fürth) noch ohne Gegentor. Ein Kunststück, das nur dem HSV gelang. Dass der HSV darüber hinaus mit tief stehenden Mannschaft seine Probleme hat, ist Schuster allerdings auch nicht verborgen geblieben. Und so kann sich Kollege Titz erneut auf einen stabilen, abwartenden Gegner einstellen, der kämpfen wird ohne Ende. „Es wird eine geile Atmosphäre herrschen“, verspricht Schuster. Sein Team liegt in der Tabelle mit zehn Zählern nur vier Punkte hinter dem HSV. Der tabellarische Abstand (HSV ist Vierter, Darmstadt 13.) verzerrt etwas.

 

Aber zurück zum HSV. Ito für Janjicic, so könnte also die einzige Veränderung in der Formation aussehen. Das hat Mittelfeld-Verschiebungen zur Folge. Orel Mangala dürfte auf die Sechser-Position vor der Abwehr zurückfallen und sich dort mit Lewis Holtby abwechseln. Diese beiden haben höhere spielerische Qualitäten als zuletzt Vasilije Janjicic, und davon dürfte sich Christian Titz generell einen besseren Spielaufbau versprechen. Gerade Lewis Holtby, aber auch Aaron Hunt, hatten in den vergangenen Spielen viel zu wenige Aktionen. Durch die Umstellung im Mittelfeld soll das verbessert werden.

 

Die erfahrenen Spieler beim HSV sind nun aber tatsächlich gefordert, Leistung zu bringen, und den lahmen Karren wieder flott zu machen. Gerade auf ihren Schultern liegt die Verantwortung, für solche Phasen in der Saison sind Holtby, Hunt und Sakai beim HSV geblieben. Sie haben sicher schon ganz andere, stürmische Zeiten in Hamburg überstanden, und ihre Erfahrung sollte nun zum Tragen kommen. Rick van Drongelen, David Bates, Ito und Arp – sie haben schon genug damit zu tun, „für sich“ ihren Mann zu stehen (was zuletzt insbesondere David Bates besser gelungen ist als zu Saisonbeginn). Was das Mannschaftsgefüge und die Stabilität angeht, kommt es auf die Routiniers an. Doch was geschieht, wenn ihre Erfahrung nicht zum Tragen kommt, und auch sonst der Plan des Trainers schief geht? Das kann jeder nach den Debatten der vergangenen Tage selbst erahnen.

 

Gefordert ist allem Anschein nach also auch wieder Fiete Arp. Gegen St. Pauli klappte nicht viel, und Christian Titz hat ihn nach der Partie ausdrücklich in Schutz genommen. „Fiete braucht Spielpraxis“, sagte der Trainer – und diese Spielpraxis soll er am Böllenfalltor bekommen. Vielleicht bekommt Arp auswärts auch zumindest etwas mehr Räume als zu Hause. Gegen St. Pauli hat er sich allzu oft mit dem Ball in einen ausweglosen Kampf mit drei Gegenspielern gestürzt – das sah schon teilweise, gelinden gesagt, recht ungestüm aus. Heute erhielt der junge Angreifer ein Extra-Lob von Christian Titz für seine Trainingswoche.

 

Christian Titz selbst, das war der Eindruck seines öffentlichen Auftritts heute, weiß ganz genau, was ihn erwartet. Alle möglichen Fragen zu seiner Situation, zur Trainer-Diskussion, zu seinem Verhältnis mit den Vorstands-Mitgliedern Ralf Becker und Bernd Hoffmann, ließ der Trainer unkommentiert. Er konzentriere sich auf die Mannschaft, und ließ es bei einigen allgemeinen Aussagen. Fußball und Geduld – das seien im modernen Fußballgeschäft zwei Begriffe, die manchmal nur ganz schwer zusammen passten. Er wisse, so Titz, dass sich sein junges Team in einem Prozess befinde. Er beschäftige sich nur mit dem Gegner und mit seinen Spielern. Ob Lasogga, Moritz oder Holtby, es gebe außerdem mit allen möglichen Spielern immer wieder den nötigen Austausch.

 

Titz weiß: In der augenblicklichen Lage des HSV kann ein Spiel viel ausmachen. Überzeugender Sieg oder enttäuschende Niederlage – der Ausgang der Partie in Darmstadt kann seinen Job betreffen. In den vergangenen Jahren wechselte der HSV im Herbst oder Frühjahr seine Trainer regelmäßig immer in Abstiegsgefahr. So weit muss es in dieser Saison anscheinend gar nicht kommen. Es kommt auf Titz‘ Überzeugung an und darauf, welche Widerstands-Kraft sein Team besitzt. Geht es mit ihm durch dick und dünn, dann gibt es morgen einen Sieg in Darmstadt. Ansonsten werden wir vom Vorstand in den kommenden Tagen vermutlich klarere Worte hören als in den vergangenen Tagen.

 

Wir haben heute mit einigen Kollegen am Trainingsplatz heiß darüber diskutiert, ob die Trainerfrage zu diesem Zeitpunkt denn überhaupt gerechtfertigt ist. Alle Argumente, pro und contra, sind ja hier auch im Blog in den vergangenen Tagen umfassend ausgetauscht worden. Ein klares Urteil gab es nicht, wobei – wie bei wohl den meisten Diskussionen im Moment – immer wieder die Hoffnung auf Ruhe und einen kontinuierlichen Aufbau zum Ausdruck gebracht wurde. Sollte das Projekt Titz schief gehen, wären viele Anhänger des HSV bestimmt wieder aufs Neue desillusioniert. Am Freitag gegen 20.20 Uhr wissen wir mehr.

 

Die Elf des HSV: Pollersbeck – Sakai, Bates, van Drongelen, Douglas Santos – Mangala – Hwang, Holtby, Hunt, Ito - Arp

 

Fünf HSV-Spieler wurden in der Zwischenzeit zu U-Länderspielen eingeladen. Fiete Arp, Tobias Knost, Josha Vagnoman und Jonas David gehen nach Zypern zur U 19, Manuel Wintzheimer zu zwei U-20-Auftritten (gegen die Niederlande und gegen die Schweiz).

 

Zum Abschluss geht ein herzlicher Gruß nach Dublin. Dort feiert Willi Schulz heute im Kreis seiner Familie den 80. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch an einen großen HSV-Spieler!

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