Marcus Scholz

24. Juli 2019

„Der sieht ja aus wie Maxi Beister“, war sich einer der jüngeren Fans heute Nachmittag unschlüssig, als er den zehnten Neuen des HSV die Treppen zum Trainingsplatz hinabsteigen sah. Und zugegeben: Timo Letschert hat tatsächlich Ähnlichkeiten mit dem ehemaligen HSV-Offensivspieler - zumindest rein äußerlich. Vom Spielertypus her allerdings könnten die beiden kaum unterschiedlicher sein. Denn während man Beister des Öfteren zu wenig Körperlichkeit nachsagte, hat der Niederländer in der Vergangenheit davon oft sehr viel gezeigt. Manchmal sogar etwas zu viel. Nicht selten eckte der Niederländer mit seiner aggressiven Art an. Auf wie neben dem Platz.

(Info: leider lässt sich der Titel - hier muss es Donnerstag statt Mittwoch heißen, nachträglich nicht mehr aus dem Link heraus ändern)

„Er ist ein Verteidiger, der Tore verhindern will, der in der Box hart verteidigt“, sagt Trainer Dieter Hecking über seinen nächsten Neuzugang, der heute in Hamburg einen Vertrag bis Saisonende unterschrieben hat und in der Nachmittagseinheit das erste Mal mit den Kollegen auf dem Platz stand. Das allerdings nur beim Warmmachen und im Anschluss an das Training, als er mit Josha Vagnoman, Gotoku Sakai und Jonas David ein kurzes Kreisspiel machte. Zum Kennenlernen sozusagen.

Die Pressemitteilung, die heute um 15.30 Uhr veröffentlicht wurde:

HSV VERPFLICHTET TIMO LETSCHERT

DER 26-JÄHRIGE INNENVERTEIDIGER WECHSELT VON SASSUOLO CALCIO ZUM HSV UND UNTERSCHREIBT EINEN EINJAHRESVERTRAG. 

 

Der zehnte Neuzugang der laufenden Transferperiode ist perfekt: Timo Letschert wechselt vom italienischen Erstligisten Sassuolo Calcio zum HSV. Der 26-jährige Innenverteidiger absolvierte bereits am Dienstag (23. Juli) seinen Medizincheck im UKE Athleticum und unterschrieb am Mittwoch (24. Juli) einen Einjahresvertrag bei den Rothosen. "Mit Timo haben wir einen erfahrenen Spieler dazugewonnen, der zudem in einem guten Alter ist. Er ist sehr zweikampfstark und will immer gewinnen. Vielleicht eckt er deswegen auch mal an. Aber genau das sind die Attribute, die wir in der Mannschaft brauchen, vor allem im defensiven Bereich", sagt Sportvorstand Jonas Boldt über die Verpflichtung des Niederländers.

„DER RICHTIGE SCHRITT IN MEINER KARRIERE“

Auch der Neuzugang freut sich auf die bevorstehenden Herausforderungen mit seinem neuen Club: "Die Gespräche mit den Verantwortlichen waren sehr gut. Ich habe das Gefühl, dass dies der richtige Schritt in meiner Karriere ist. Ich bin sehr froh, dass ich nun beim HSV bin und blicke positiv auf unsere Aufgabe in der 2. Liga. Ich habe auch mit Rick van Drongelen über den Club und seine Fans gesprochen. Er ist total begeistert und hat nur gute Sachen erzählt. Das war eine extra Portion Motivation für mich."

Timo Letschert, der in der Jugend unter anderem für Ajax Amsterdam und den SC Heerenveen spielte, feierte sein Pflichtspiel-Debüt im Herrenbereich im April 2013, als er erstmals für den FC Groningen in der Eredivisie auflief. Den Grün-Weißen hatte sich der Rechtsfuß im Sommer 2012 angeschlossen. Im Januar 2014 folgte schließlich der Wechsel zu Roda Kerkrade. Weitere sieben Monate später wurde der viermalige Junioren-Nationalspieler zum FC Utrecht verliehen.

Nach Ende der Leihe im Sommer 2015 verpflichtete der FCU den Innenverteidiger fest. Einer starken Saison mit 40 Pflichtspieleinsätzen (drei Tore, eine Vorlage) und der erstmaligen Nominierung für die niederländische A-Nationalmannschaft (ohne Einsatz) folgte im August 2016 schließlich der Transfer zum US Sassuolo. Beim italienischen Erstligisten stand Letschert bis Sommer 2018 in 19 Pflichtspielen auf dem Platz, ehe er für ein Jahr zum FC Utrecht verliehen wurde. An seiner alten Wirkungsstätte bestritt der 1,88 Meter große Abwehrspieler 33 Pflichtspiele (zwei Tore, zwei Vorlagen), kehrte zum 1. Juli 2019 zu seinem Stammverein nach Italien zurück und schließt sich nun dem HSV an.  

 

STECKBRIEF: 

Name: Timo Letschert

Geburtstag: 25. Mai 1993

Geburtsort: Purmerend, Niederlande

Größe: 1,88 m

Position: Innenverteidigung

Stationen: FC Groningen (7/2012-1/2014), Roda Kerkrade (1/2014-9/2014), FC Utrecht (9/2014-8/2016), US Sassuolo (8/2016-7/2019), FC Utrecht (8/2018-6/2019, Leihe)

 

Davor hatte die Mannschaft ein intensives Kleinfeldturnierbei hochsommerlichen Temperaturen absolviert. Vier Mannschaften á sechs Spieler auf verkürztem Feld. Wieder einmal lag - wie schon im Vormittagstraining - der Fokus voll auf dem Kreieren von Torchancen bzw. dem Nutzen selbiger. Viele Abschlüsse sollten für möglichst viele Erfolgserlebnisse sorgen. Eine Übungsform, die Trainer gern machen, wenn sie das Gefühl haben, ihrer Mannschaft fehle die Selbstsicherheit, Tore erzielen zu können. Und wenn die Vorbereitung bislang eine deutliche Botschaft hatte, dann die, dass der Zug zum Tor(erfolg) fehlt noch. Und so, wie man heute einen weiteren Innenverteidiger zum Verhindern von Gegentoren geholt hat, so gern hätten die Verantwortliche lieber gestern als morgen einen weiteren Offensivspieler präsentiert.

Ein Außenstürmer soll es werden, wie ich erfahren habe. Und wenn es nach mir ginge, würde ich tatsächlich neben einem weiteren Außenstürmer auch weiter nach einem zentralem Stürmer forsten. Denn Lukas Hinterseer ist sicher eine Verstärkung, wenn er gesund bleibt. Aber: Bobby Wood fehlt es noch, obgleich der US-Amerikaner in allen Bereichen zugelegt hat. Er ist deutlich präsenter als zuletzt in Hannover sowie davor beim HSV. Wood ist engagiert, gibt im Training Gas - kurzum: Er ist so präsent, wie er es aktuell sein kann. Aber: Das reicht leider noch nicht. Wood hat durch die letzten zwei katastrophalen Jahre einfach zu viel Rückstand aufzuholen, als dass man ihn heute schon als Hilfe betrachten kann.

So, wie ich ihn bislang sehe, ist er allein als Konterstürmer für den Fall zu gebrauchen, dass der Gegner aufmachen muss. Wobei, nein.  Ehrlich gesagt ist seine Abschlussquote in Testspielen wie im Training selbst dafür noch nicht gut genug gewesen. Aber: Wood will. Und das allein ist schon ein Fortschritt, den ich vor seiner Rückkehr zum HSV nicht für möglich gehalten habe. Er ist durchgehend engagiert und bekommt deshalb seine Chance von Trainer Hecking. Ob und inwieweit das auch für Ligaspiele gilt - offen.

Der HSV ist im Soll - mehr aber noch nicht

Ich hatte in meinem Trainingslagerfazit vor meinem Urlaub geschrieben, das der HSV für mich im Soll ist - mehr aber auch nicht. Und daran hat sich nicht viel verändert. Dieses Soll wiederum ist für mich gefühlt Platz vier oder Fünf. Für mehr müsste schon alles optimal verlaufen - oder der HSV eben weiter nachbessern. Letschert allein reicht hierbei allerdings noch nicht. Denn die restliche Achse macht mir weiter zu schaffen. Auf der Torwartposition spricht zwar fast alles für Daniel Heuer-Fernandes. Aber der Neue muss sich nach guten Trainingseindrücken seinen Platz als Leistungsträger auch in den Spielen erst noch verdienen. Dazu hat man im Abwehrzentrum Rick van Drongelen und Kyriakos Papadopoulos aktuell vorn, wobei der Grieche bekanntermaßen verletzungsanfällig ist und die Verpflichtungen von Nürnbergs Ewerton, der heute mit der Mannschaft trainierte, sowie von Letschert machen deutlich, dass auch die HSV-Verantwortlichen im Abwehrzentrum Notwendigkeit ausgemacht hatten.

Und gehen wir die Achse über das Mittelfeld bis hin zum oben bereits erwähnten Sturmzentrum weiter, dann wird es nicht anders. Aaron Hunt als Zehner und Kapitän ist aktuell fit und präsentiert sich in guter Verfassung. Aber: Wie lange hält er durch? Zudem ist im defensiven Mittelfeld der als Leader eingeplante David Kinsombi nach seiner halbjährigen Pause und dem anschließenden Ausfall in der Vorbereitung noch nicht so weit, dass man die von ihm erwartete Führung sportlich schon erwarten kann. Stattdessen präsentiert sich Adrian Fein weiter als stabilster Mittelfeldspieler. Aber auch er ist kein klarer Sechser, sondern eher der Typ Achter. Also ein zentraler Mittelfeldspieler, der das Spiel von hinten raus lenken kann. Dennoch wird Fein die Sechserposition mangels Alternativen wohl spielen müssen.

Zusammen mit Hunt auf der Zehn und entweder Jeremy Dudziak, der ebenfalls eher über das Spiel nach vorn denn das Abräumen iim Mittelfeld kommt, oder Sonny Kittel, dessen Qualitäten nahezu ausschließlich in der Offensive liegen. Auch deshalb wird weiter nach einem klaren Sechser gesucht. Gideon Jung wird zwar auf der zentralen Position als Springer zwischen  Innenverteidigung und Sechserposition (mit klarer Tendenz zur Sechserposition) gesehen. Aber auch hier gilt es, einen langen verletzungsbedingten Ausfall in der abgelaufenen Saison sowie in der aktuellen Vorbereitung zu kompensieren.

Die notwendige, stabile Mittelachse ist noch nicht gefunden

Kurzum: Die stabile Mittelachse fehlt dem HSV noch. Sie ist nicht planbar und muss entweder von Trainer Dieter Hecking über die Saison hinweg entweder gebildet werden - oder es werden noch Spieler kommen, die vom Potenzial her diese Rolle ausfüllen sollen, können und müssen.

„Für mich ist das Glas immer halbvoll“, sagte uns Trainer Hecking heute nach der Vormittagseinheit, die auf mich den Eindruck machte, als wäre der Trainer damit nicht zufrieden sein mit dem aktuellen Stand. Er selbst wollte das so nicht bestätigen - was auch öffentlich keinen Sinn macht. Wozu jetzt unmittelbar vor dem ersten Spiel die eigene Mannschaft schwachreden? Aber: Intern haben sowohl die Trainer als auch Sportvorstand Jonas Boldt den Spielern schon sehr deutlich gemacht, dass sie sich noch steigern müssen, und dass von ihnen deutlich mehr als das bisher Gezeigte gefordert und erwartet wird, wenn allesamt am Ende wirklich den Anspruch stellen wollen, als Erster oder Zweiter in die Erste Liga aufzusteigen.

Ergo: Noch reicht es nicht - aber die Verantwortlichen wissen das und planen die notwendigen Schritte. Mit Letschert ist der erste Schritt gegangen worden, weitere müssen und werden folgen. Dass dazu auch weitere Verkäufe bzw. Wechsel von Spielern wie Gotku Sakai (verhandelt mit japanischen Erstligsiten) Vasilije Janjicic oder auch Julian Pollersbeck zählen - logisch. Aber schwer einzukalkulieren. Sich deshalb wurde intern darüber gesprochen, finanziell das Budget für den Kader noch einmal anzuheben.

Die nächsten Neuen sollen zeitnah verpflichtet werden

Ich bin gespannt, wie es in den nächsten Tagen weitergeht. Morgen wird um zehn Uhr trainiert. Mit Ewerton, Kinsombi und wohl auch Letschert, wie Trainer Dieter Hecking heute andeutete. Und wer weiß, vielleicht gesellt sich morgen ja schon der nächste Neue dazu. „Auszuschließen ist nichts“, so Boldt heute vielsagend. Ich bin gespannt.

Bis dahin Euch allen einen schönen Abend! Scholle

 

P.S.: Gegen Mittag hatte der HSV bereits mitgeteilt, dass man sich mit dem NDR auf eine weitere Zusammenarbeit habe einigen können. Mit einer Änderung:

 

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