Marcus Scholz

11. Mai 2020

Den ersten Coronatest hat er jetzt abgegeben, am Freitag soll es endlich auch wieder mit dem Mannschaftstraining losgehen. Und normalerweise wäre der Termin am Sonntag um 13.30 Uhr für ihn geblockt - wenn er denn ins Stadion dürfte. „Ich wäre wohl nach Fürth gefahren und hätte mir meinen HSV live angesehen“, sagt Jonas David, der aktuell an die Kickers Würzburg verliehen ist und sich darüber freut, dass auch die Dritte Liga grünes Licht vom DFB bekommen hat. „Wir freuen uns alle darauf. Zuerst, dass wir ab Freitag wieder ins Mannschaftstraining einsteigen können“, sagt der U20-Nationalspieler, der erst im Winter für ein halbes Jahr nach Würzburg ausgeliehen worden war, um dort Spielpraxis zu sammeln. „Danach wollen wir unseren positiven Trend der letzten Spiele fortsetzen.“ Fünf Einsätze hatte David - dann war coronabedingt Pause. Leider. Denn für David lief es richtig gut. „Man hat es mir hier wirklich leicht gemacht, mich einzugewöhnen“, sagt der Rechtsfuß, den HSV-Trainer Dieter Hecking gern in Hamburg gehalten hätte.

Fünf Einsätze (einmal nur für zehn Minuten, anschließend viermal über die komplette Distanz) und dabei immer ungeschlagen - seit David bei Würzburg in der Innenverteidigung spielt, gab es nur zwei Gegentore und einen Tabellensprung von Rang 14 im Winter auf aktuell Rang sieben. „Wir hätten wie wahrscheinlich viele andere auch sehr gern weitergespielt. Die Pause hätten wir gern vermieden, weil wir echt gut drauf waren“, sagt David, der sehr wohl die Bedeutung des Fußballs in der aktuellen Zeit einzuordnen weiß. Dennoch, da der DFB auch der Dritten Liga Grünes Licht für eine Saisonfortsetzung erteilt hat, steht er parat. „Ich habe in den letzten Wochen viel gemacht, um mich fit zu halten. Dass das alles nicht mit dem Wettkampf vergleichbar ist - logisch. Aber ich bin noch jung, meine Knochen auch. Von daher werde ich einer der Letzten sein, der sich über die kurze Vorbereitung und die hohe Belastung beschwert.“ Dabei hat es die Dritte Liga im Vergleich zur Ersten und Zweiten Liga mal so richtig in sich. Immerhin müssen hier dem Vernehmen nach bis Ende Juni sogar elf Spiele gespielt werden. Und das bedeutet durchgehend Englische Wochen. „Das wird für alle eine Herausforderung“, weiß David, „vor allem körperlich. Umso wichtiger ist, dass wir endlich wieder voll trainieren können.“

David wird in Holland pfeilgeboten - und weiß nichts davon

Ob es über den Sommer hinaus für ihn in Würzburg weitergeht, weiß David (noch) nicht. Der 20 Jahre junge Innenverteidiger ist aber smart und vor allem respektvoll genug, als dass er sich nicht zu seiner Zukunft äußern möchte, um seinem aktuellen Verein nicht weh zu tun. Denn auch er weiß, dass der HSV ihn gern wieder nach Hamburg holen würde. mehr noch, der HSV will mit Ohm verlängern. Das erste Vertragsangebot soll in den nächsten Tagen schriftlich vorliegen. Sehr zur Freude Davids, der zuletzt mitbekommen hatte, wie seine Freunde Josha Vagnoman und Aaron Opoku ihre Verträge jeweils langfristig verlängert haben. „Ich fühle mich bei den Kickers sehr wohl und kann hier die nächsten Schritte machen, wenn ich hart arbeite“, sagt David, um zuzugeben, dass er natürlich schon darauf schielen würde, bald für den HSV mit seinen Freunden aufzulaufen. „Das war ja von allen Beteiligten so vorgesehen. Das Leihgeschäft hatte ja das Ziel, dass ich einerseits Spielpraxis sammele und andererseits damit den Kickers helfe. Und genau darauf konzentriere ich mich jetzt zu 100 Prozent. Was dann im Sommer passiert - ich weiß es noch nicht.“

Muss er auch nicht. Dafür gibt es dann ja auch Berater. Und Jonas David hat einen, der sich beim HSV sehr gut auskennt: Dr. Dieter Gudel. Der ehemalige Leiter des HSV-Nachwuchses betreut ihn seit geraumer Zeit. Inzwischen allerdings in seiner Funktion als Geschäftsführer der Agentur FTC. Gudel  hatte ihn auch persönlich nach Würzburg gefahren, als es im Winter kurz vor Ende der Transferperiode alles plötzlich ganz schnell gehen musste. Der HSV hatte seinerzeit bis zur letzten Sekunde abwarten wollen, wie sich Trainer Dieter Hecking bei dem Youngster entscheidet. Der HSV-Coach hatte sich schwergetan, David ziehen zu lassen. Am Ende aber siegte der Ausbildungsgedanke und David unterschrieb für ein halbes Jahr in Würzburg. Eine Win-Win-Situation, wie sich alle Beteiligten bis heute einig sind. Jetzt allerdings kommt der kuriose Teil.

 

Denn im Winter hatte sich der HSV frühzeitig für David nach einem möglichen Leihklub umgesehen. Dabei hatte sich HSV-Sportdirektor Michael Mutzel auch in den Niederlanden schlau gemacht. Über die Agentur „Keysports Management“ gab es Kontakte zu Vereinen wie Almelo und auch Utrecht. Da allerdings Almelo den Youngster wenn überhaupt hätte kaufen wollen, wofür zumindest neben einer Leihgebühr eine Kaufoption nötig geworden wäre und Utrecht aus sportlichen Gründen eher nicht infrage kam, ging es für David nach Würzburg. Und von dort soll es wieder zurück zum HSV gehen, sagen zumindest die HSV-Verantwortlichen und David selbst. Nicht so die Agenten der Firma „Keysports Management“ . Die haben sich einfach mal gedacht: Probieren wir es doch einfach noch einmal. Und so sind sie unaufgefordert und ohne jedes Mandat losgelaufen und haben Jonas David pfeilgeboten. „Ich habe das gestern gehört und wusste es erst einmal überhaupt nicht einzuordnen“, sagte mir David heute, „ich war wohl so unter Schock, dass ich das gar nicht wirklich für voll genommen habe. Mich hatte ja in der ganzen Angelegenheit nie jemand kontaktiert. Und mein Berater wusste auch nichts davon.“

Jonas David: „Ich war schockiert!"

Und während David die ganze Angelegenheit unter „Missverständnis“ abhaken wollte, drohte hier in Hamburg ein Konflikt. Denn was passiert, wenn der HSV völlig unvorbereitet und hintenrum mitbekommt, dass David bei anderen Vereinen angeboten wird, während man hier davon spricht, weiter zusammenarbeiten zu wollen und verhandelt, das kann sich jeder selbst ausmalen. Dann würde es letztlich alles zu Lasten des Spielers gehen, obgleich dieser absolut nichts dafür kann. Und deshalb wurde Davids Berater Gudel aktiv. Der war nämlich von einem alten Bekannten informiert worden, mit dem man im Winter schon Kontakt hatte: Alfred Nijhuis. Der ehemalige Bundesligaprofi ist inzwischen Chefscout bei Almelo und hatte sich auch im Winter mit einer möglichen Verpflichtung Davids beschäftigt, bis ihm die zwei ominösen Berater jetzt eben diesen Spieler wieder anboten.Nijhuis lehnte ab mit der begleitenden Erklärung, er kenne den Spieler gut und beschäftige sich schon länger mit ihm.

Soweit so gut. Wäre es hierbei geblieben, wäre die Geschichte vielleicht nicht einmal rausgekommen. Da die beiden Agenten aber dachten, Nijhuis umgehen zu können, indem sie im Anschluss an die Absage direkt an Heracles Almelos Sportchef Tim Gilissen eine Etage höher herantraten, war Nijhuis so verärgert, dass er bei Davids Berateragentur „FTC“ anrief und sich erkundigte, was das solle. Dort wiederum war man völlig perplex und rief beim HSV an, weil man dachte, der HSV habe vielleicht proaktiv jemanden engagiert, um nach einem mögliche Leihverein ab Sommer Ausschau zu halten. Für den Fall der Fälle. Auch das wäre schon komisch. Aber auch Mutzel konnte das Ganze im persönlichen Gespräch mit Gudel nicht einordnen und rief stattdessen verärgert die zu diesen Beratern gehörige Agentur an, um seinem Ärger Luft zu machen, wo der Agenturchef Frank Schouten wiederum beteuerte, nichts von dem eigenständigen Vorgehen seiner Mitarbeiter zu wissen, geschweige denn es angeordnet zu haben. Der ganz normale Wahnsinn eben.

Agenten arbeiten nicht selten ohne Rücksicht auf die Spieler

Aber eben auch ein gutes Beispiel von sicherlich vielen, wie unseriös hier (oftmals einfach nur unerkannt) auf dem Transfermarkt in Teilen gearbeitet wird. Da bieten Berater junge Talente an wie Handelsware, obgleich sie nicht einmal ein Mandat dafür haben. Dabei werden sogar schon Preise genannt, ohne dass überhaupt der abgebende Verein, noch der Berater - und am allerwenigsten der Spieler selbst gefragt wurden. Denn wäre das passiert, hätte man von David nur eine Antwort bekommen: „Ich bin bei den Kickers Würzburg bis Saisonende und danach beim HSV unter Vertrag. Ich bin weit davon entfernt, mir über irgendwas anderes Gedanken zu machen.“ Im Gegenteil, die Gespräche mit dem HSV seien sehr gut und David scheint sich sehr gut vorstellen zu können, seinen Vertrag beim HSV vorzeitig langfristig zu verlängern.

Übrigens, um der ganzen Geschichte noch die Krone aufzusetzen: Parallel zu David boten die Agenten auch gleich noch HSV-Talent Xavier Amaechi mit an, der beim HSV noch bis 2023 unter Vertrag steht. Und auch der wusste von nichts…

Unfassbar, oder? Aber leider auch keine Seltenheit, wie ich in den letzten 20 Jahren als HSV- und Fußballreporter im Profigeschäft miterlebt habe. Da war tatsächlich alles dabei. Von Vätern, die unmittelbar vor der Unterschrift bei einem teuren Wechsel den Berater kickten und sich stattdessen als Vermittler einsetzten, um die Provision abzugreifen, bis hin zu Mittelsmännern, die auf eigene Faust erst Spieler anboten, um mit dem Angebot wiederum den Spieler zu ködern. Von den ganzen unseriösen Machenschaften mit Handgeld und Co. mal ganz zu schweigen. Problem dabei ist aber nicht selten, dass letztlich nicht die windigen Berater sondern der Ruf des Spielers darunter leidet.

Der ganz normale Wahnsinn? David hatte Glück

In diesem Fall ist es noch mal gutgefangen, weil der HSV und die Agentur FTC von Jonas David einen engen Austausch pflegen und sich gegenseitig zumindest insoweit vertraut haben, dass sie sich gegenseitig informierten. Aber ich will gar nicht wissen, wie oft der unwissende Spieler plötzlich als geldgieriger Söldner aus solchen kriminellen Machenschaften dubioser Berater und Agenten hervorgegangen ist. Von daher: Nicht alles ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Aber das nur für den Hinterkopf für die Beurteilung der Dinge, die Ihr über Spieler zu lesen und zu hören bekommt.

Apropos: Morgen gibt es wieder ab 7.30 Uhr im MorningCall zu hören, was alles über den HSV berichtet wird. Dabei werde ich Euch noch einmal nacherzählen, wie die Reise der Profis heute Abend nach Herzogenaurach abgelaufen ist und welche Bedingungen die Mannschaft vor Ort vorgefunden hat. Denn seit heute bereiten sich Hecking und seine Profis in Bayern auf das erste Spiel nach Corona bei der SpVgg Greuther Fürth vor. Aber dazu morgen mehr. Bis dahin alles Gute - und bleibt nicht nur sauberer als diese zwei ominösen Agenten, sondern bleibt vor allem gesund!

Scholle

 

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