26. April 2020
Um gleich all diejenigen zu beruhigen, der heutige Blog ist komplett unaufgeregt. Darum geht es mal gar nicht. Aber ich bin in einem der letzten Community-Talks gefragt worden, was wir von einer Trainerdiskussion halten - und ich habe klar gesagt, dass es diese bei uns weder gab noch gibt. Und daran hat sich selbstverständlich auch in dieser Corona-Pause bislang nichts verändert. Im Gegenteil: Das, was Dieter Hecking machen konnte, hat er aus meiner Sicht sehr gut gelöst. Denn seine Einstellung zum Thema Fußball in dieser Pandemie ist ehrenwert. „Wir dürfen uns nicht so wichtig nehmen“ hatte Hecking gesagt und betont, dass man in solch schwierigen Phasen auch mal zurückstecken müsse. Anders als beispielsweise Ralf Rangnick, der den Fußball als essential für die Seele der gesamten Menschheit erachtet. Aber das hatten wir ja gestern schon. Nun erscheint am Montag im Kicker ein Artikel, in dem HSV-Sportvorstand Jonas Boldt zu Wort kommt und sich dabei auch über Trainer Dieter Heckings Zukunft äußert. Boldt betont, dass er abwarten wolle, bis klar ist, ob der HSV 2020/21 wieder in der Bundesliga spielt. „Wir werden diese Entscheidung nicht vorziehen“, sagte der Sportvorstand und erklärte: „Dieter und der HSV wurden im vergangenen Sommer für die Konstellation, dass sich sein Vertrag nur im Aufstiegsfall automatisch verlängert, gefeiert. Er wollte damit etwas signalisieren, das immer noch gilt: Wir wollen gemeinsam in die 1. Liga.“
Am 30. Juni endet der Vertrag von Trainer Dieter Hecking. Nur bei Aufstieg verlängert er sich automatisch. Durchaus möglich ist aber, dass bis die Zweitliga-Saison wegen der Corona-Auswirkungen bis dahin noch gar nicht beendet ist. Falls doch, gibt es natürlich Bauch das Szenario einzukalkulieren, dass der HSV nicht aufsteigt. Was dann passiert? Boldt: „Natürlich kann auch ich mir vorstellen, dass wir die Zusammenarbeit ligaunabhängig fortführen. Wir vertrauen uns und sind dabei, gemeinsam etwas aufzubauen, es funktioniert sportlich und menschlich sehr gut. Wenn wir es am Ende dennoch nicht schaffen sollten, werden wir so offen und ehrlich wie in den zurückliegenden Monaten eine Entscheidung finden.“ Mit anderen Worten: Nichts ist entschieden. Dementsprechend kann es im Sommer bzw. am Saisonende auch vorbei sein für Hecking.
Und darauf werden sich viele stürzen, ganz sicher. Wobei ich das ganze Thema schon heute anreiße und eigentlich auch gar nicht großartig thematisieren würde, da das Prozedere eigentlich genau das ist, was man sich beim HSV wünscht. Denn zwischen dem Wunsch nach Kontinuität auf Führungspositionen und der Angst vor zu viel Wohlfühlatmosphäre liegt auch etwas: der Leistungsgedanke. Und den hatten alle Beteiligten bei der Vertragsunterschrift im vergangenen Sommer ganz bewusst als Grundlage für den Einjahresvertrag plus Option gewählt. Würde heute entscheiden werden müssen, Hecking würde bleiben. Da bin ich mir sicher. Auf der anderen Seite ist Hecking seinerseits jemand, der hohe Ansprüche an sich selbst stellt und sich daran auch messen lässt. Soll heißen: Sollte es mit dem Aufstieg nicht klappen, könnte ich mir sogar vorstellen, dass Hecking von sich aus geht. Auch wenn er vor Rückserienbeginn gesagt hatte, sich auch bei Nichtaufstieg einen verbleib vorstellen zu können.
Von daher halte ich diese sehr klare Art, wie Boldt und Hecking miteinander kommunizieren, für sehr produktiv. Bislang zumindest. Man muss sich auch sagen können, was nicht passt. Und genau das hat sich Boldt völlig zurecht offen gehalten, ohne dabei den Trainer in Frage zu stellen. Wie beim Gehaltsverzicht, wo Boldt den zweifellos ehrenhaften Vorstoß seiner Spieler stoppte, um der ganzen Aktion auch den notwendigen Inhalt beizusteuern. Denn während einige Kritiker inhaltlich stark gekürzt behaupten, die HSV-Profis hätten noch nicht auf Gehalt verzichtet, ging es Boldt nur darum, abzuwarten, wie groß der Schaden wirklich wird. Es würde ja nicht s bringen, am Anfang eine Summe X zu nennen, wenn diese am Ende überhaupt nicht mit dem entstandenen Schaden übereinstimme, so der Sportvorstand vor ein paar Wochen.
Auch Hecking hatte sich vor der Corona-Pause häufiger in den Gesprächen mit uns über seine Vertragssituation unterhalten. Er habe nur auf die Frage geantwortet, ob er sich vorstellen könne, auch bei Nichtaufstieg zu bleiben, so Hecking damals. Soll heißen: Er hat nicht proaktiv seinen verbleib gefordert. Vielmehr war schon damals intern alles so geklärt, wie es Boldt heute noch einmal dem „kicker“ sagt. Von daher bleibe ich bei meinem Standpunkt, dass es hier weder eine Trainerdiskussion gegeben hat, noch eine gibt. Dass gegen Ende der Saison irgendwann darüber befunden werden muss, wie die Zusammenarbeit in Zukunft aussehen soll - logisch. Das liegt in der Natur eines auslaufenden Vertrages. Aber gern noch einmal ganz deutlich: In diesem Fall gestaltet sich die Situation komplett unaufgeregt. Und ich würde darauf wetten, dass das auch so bleibt. Endlich mal.
Das soll es auch für heute gewesen sein. Ich brauchte einfach mal eine Pause von der Diskussion über Ethik und Moral im Fußball. Zudem feiert mein Großer heute seinen 12. Geburtstag und ich werde gleich etwas ranrauschen müssen, um als Ersatz für die eigentlich geplanten Geburtstagsgäste zu fungieren. Aber ich bin natürlich morgen früh wieder für Euch da und werde mich um 7.30 Uhr mit dem MorningCall bei Euch melden, ehe ich Euch am Abend mit dem Blog wieder auf den neuesten Stand bringen werde. Bis dahin Euch allen einen schönen Abend - und vor allem: bleibt gesund!
Scholle