Marcus Scholz

20. November 2020

Der HSV befindet sich in der Zweiten Fußball-Bundesliga in einer komfortablen Situation, doch darauf will sich Trainer Daniel Thioune nicht ausruhen. Nach zuletzt „nur“ zwei Teilerfolgen gegen St. Pauli (2:2) und Holstein Kiel (1:1) machte der noch ungeschlagene HSV-Coach deutlich, dass er im Heimspiel gegen den VfL Bochum den sechsten Saisonsieg einfahren möchte. „Es ist so, dass wir die drei Punkte hierbehalten wollen“, betonte der 46-Jährige heute bei der Pressekonferenz mit einem Lächeln im Gesicht. Wobei das Lächeln sicher mehr mit der Ausgangslage denn mit allem anderen zu tun haben dürfte. Noch immer liegt man fünf Punkte vor einem Nichtaufstiegsplatz. Zudem hat der HSV personell keinerlei Sorgen. Denn mit Ausnahme des weiterhin an den Folgen eines Kreuzbandrisses laborierenden Innenverteidigers Rick van Drongelen stehen am Sonntag (13.30 Uhr, bei uns auf der Livecouch könnt ihr natürlich wie immer auch diesmal wieder mitfiebern) gegen die erstarkten Bochumer voraussichtlich alle Akteure zur Verfügung.

 

Selbst der albanische Nationalspieler Klaus Gjasula, der eigentlich ob seiner Länderspielreise in Risikogebiete in Quarantäne sollte, darf wieder mitmischen. Im Austausch mit dem Gesundheitsamt wurde jetzt entschieden, dass der 30-Jährige kein Risiko darstellt. Thioune: „Klaus hat einen Corona-Test gemacht, der negativ ausgefallen ist. Er kann deshalb die Einheiten vor dem Bochum-Spiel mit der Mannschaft absolvieren. Ob der vom SC Paderborn als Abräumer für die Sechser-Position geholte Routinier von Beginn an zum Einsatz kommen wird, ließ Thioune allerdings ebenso offen wie die Frage, ob der Ex-Kölner Toni Leistner sein Heim-Debüt feiern wird.

Es würde mich überraschen, wenn Gjasula spielt. Wobei, nee: nicht unbedingt. Denn Thioune überrascht dafür einfach zu gern, als dass man Gjasulas Startelfnominierung ausschließen kann. Der HSV-Trainer, der heute Manuel Wintzheimer („Er wollte auf den Platz, hatte aber bisher noch keinen freien Tag in der Woche“) im Training zwangspausieren ließ, verfehlt mit dieser unberechenbaren Art sein Ziel nicht.  „Bei uns gibt es keine Spieler, die sich Montag oder Dienstag hängenlassen, weil sie schon merken, dass sie fürs Wochenende keine Rolle spielen“, lobt Terodde diese motivierende Art des Trainers, der auch taktisch immer wieder umstellt. Und die genaue Vorbereitung auf die Gegner führte zuletzt immerhin dazu, dass der HSV in sieben Spielen fünf verschiedene Systeme spielte. Eine unberechenbare Flexibilität, die tabellarisch allemal Früchte trägt. Diesmal kündigte der HSV-Trainer an, dass man gegen Bochum auf eine spielstarke Mannschaft treffen wird, gegen die „wir aggressiv ins Pressing gehen müssen, weil es eine Mannschaft ist, die gern über das Fußballerische kommt.“ Ergo: Thioune muss im Mittelfeld zusehen, die richtige Mischung aus  Zerstörern und Gestaltern zu finden.

VfL-Trainer Reis sieht den HSV ganz vorn

Lob bekam der HSV derweil vom Gegner. Und das nicht zu knapp: „Der HSV ist das Nonplusultra in der Liga. Der Favorit auf den Aufstieg. Wir müssen kämpferisch alles reinlegen, wollen dabei aber auch die spielerische Komponente nicht vergessen“, schwärmte VfL-Trainer Thomas Reis und benannte Holstein Kiel als Beispiel, wie es für sein Team auch gegen diesen HSV funktionieren kann: „Gegen Kiel war der HSV im ersten Durchgang sehr dominant. Nach dem Wechsel wurden sie dann aber mehr unter Druck gesetzt. Da konnte man also sehen, wie es gegen den HSV laufen kann. Unschlagbar ist keiner. Wir wollen den Gegner beschäftigen.“ Reis warnte zudem davor, dass man den HSV nicht allein auf Simon Terodde (8 Tore, 1 Assist) kaprizieren dürfe. „Da ist natürlich noch viel mehr Qualität da.“

Auf jeden Fall auch in der Breite so viel Qualität, dass sich bis auf wenige Ausnahmen niemand im Kader des HSV seines Startplatzes sicher sein kann. Thioune hat im Kader mit seinen nicht selten überraschenden Aufstellungen einen Konkurrenzkampf entfacht, der einzelne Spieler besser macht. Dass er personell aus dem Vollen schöpfen kann, kommt Thioune dabei natürlich aktuell entgegen. „Ich freue mich, Entscheidungen treffen zu müssen und weiß, dass ich einigen Spielern wehtun muss“, betonte der Coach, der wie immer in Sachen Aufstellung alles offen ließ. Auch die Personalie Leistner, den er lobte: „Toni war sehr, sehr stabil und hat gezeigt, warum wir ihn verpflichtet haben. Trotz des Rucksackes, den er mittragen musste. Toni kann auch am Wochenende ein Faktor sein“, so Thioune. Gegen die Bochumer, die „stets einen guten Ball spielen“ und oft mit drei gefährlichen Offensivkräften agieren, müsse er aber erst noch entscheiden, ob er mit Dreier- oder Vierer-Abwehrkette agieren lassen will. „Es kommt auf den Gegner an. Das haben wir noch nicht final entscheiden. Trainingseindrücke spielen eine Rolle, und die Eindrücke waren gut.“

Gesetzt sein dürften dennoch einige. Keeper Sven Ulreich sicher, ebenso Stephan Ambrosius als Innenverteidiger, Jan Gyamerah als rechter und Tim Leibold als linker Verteidiger. Bei der Variante Viererkette würde ich auf Leistner als zweiten Innenverteidiger tippen, da Thioune so den Alleskönner Moritz Heyer ins defensive  Mittelfeld schieben könnte. Bei mir wäre hier Amadou Onana so lange gesetzt, bis ich merken würde, dass er mal eine Auszeit braucht. Die würde er bekommen – aber auch danach wäre er bei mir wieder gesetzt. Aber ich glaube, das sieht Thioune etwas anders.

 

Fakt ist: Der HSV-Trainer hat bis auf die Sturmspitze alle Positionen mehrfach und gleichstark besetzt. Er muss dementsprechend schwierige Entscheidungen treffen. Spielt Jeremy Dudziak trotz einer durchwachsenen Leistung gegen Kiel wieder von Beginn an? Darf Hunt, der in Kiel nur eingewechselt wurde, diesmal auch von Beginn an? Wohin mit Gjasula (ich würde ihn aktuell nur für den Fall einplanen, dass man in den letzten Minuten noch mal Kopfballstärke braucht)? Und wer startet auf den Außenbahnen? Wird Dudziak auf die Zehn vorgezogen, damit Hunt UND Dudziak beginnen können? Oder auch: Darf Bakery Jatta nach seiner Verletzungspause wieder ran? Wobei die für mich spannendste Frage vielleicht die ist, wer am Sonntag aus dem Kader fliegt. Denn es wird erneut Härtefälle geben.

Es sind auf jeden Fall noch viele Fragen offen, die sich bei Thioune bekanntermaßen erst spät entscheiden. Zumindest gab er unlängst zu, dass er teilweise noch am Morgen des jeweiligen Spieltages nicht wisse, wie letztlich die Startelf später aussehen würde. Anbei die Aufstellung, die ich für Sonntag vermute: Ulreich – Gyamerah, Ambrosius, Heyer, Leibold – Onana, Hunt – Wintzheimer, Dudziak, Jatta – Terodde. Eine Aufstellung, bei der mein Kollege – nennen wir ihn einfach mal Oliver St. - zwar kotzen würde. Aber eben auch eine, die funktionieren kann. Oder wie seht Ihr das?

In diesem Sinne, bis morgen. Da melde ich mich nach den Zweitligapartien mit dem Blog zum Bochum-Spiel bei Euch und werde mal versuchen, mir noch ein paar spannende Hinweise von unserem Blogfreund Christian Hoch zu „seinem“ VfL zu holen. Denn eines ist auch mal sicher: Der VfL wird ein ganz hartes Stück Arbeit...

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