Marcus Scholz

21. Dezember 2017

Heribert Bruchhagen bleibt, Bernd Hoffmann möchte zurück zum HSV – wenn auch erst einmal zum e.V. als Präsident – und dort den Platz von Jens Meier einnehmen, der gar nicht gehen möchte. Zudem wird der Aufsichtsrat im Februar neu besetzt, während „Football Leaks“ interne Dokumente des HSV veröffentlicht, die den HSV zu einer Strafanzeige gegen Unbekannt sowie interne Ermittlungen veranlassen. Es scheint alles gerade gut genug, um vom Wesentlichen abzulenken. Denn ganz nebenbei ist der HSV leider auch noch auf einem Abstiegsplatz in der Winterpause – und das geht bei dem ganzen Trouble fast schon ein wenig unter. Den Trainer wird es weniger ärgern, und die Mannschaft auch nicht. Hier werden gerade Verträge verlängert. Was gut ist. Weniger gut ist, dass hier plötzlich verbesserte Bezüge angeboten werden, wie zu hören ist. Fragt sich nur, wofür...?

Nein, der HSV bleibt sich leider treu. Das Leistungsprinzip zählt - immer nur für die anderen. Während die aktuelle sportliche Situation alles hergibt, um den Spielern ihre Bringschuld vor Augen zu führen, Gehälter dort zu kürzen und durch aufgestockte Leistungsprämien zu ersetzen, wird immer wieder das Totschlagargument „Konstanz in den Verein bringen“ über alles gelegt. Also, wenn es gerade gut passt. Denn es klingt gut – und das ist es ja eigentlich auch. Allerdings nur richtig angewendet. Denn bislang ist beim HSV nur der Misserfolg konstant. Und davon kann sich keiner frei machen. Schon gar nicht Heribert Bruchhagen als Vorstand der AG. Und trotzdem hat er seinen Vertrag noch vor der Neubesetzung des Aufsichtsrates bis 2019 verlängert. Natürlich in Absprache mit dem aktuellen Aufsichtsrat.

Es ist ja auch egal, dass der schon sehr bald so nicht mehr zusammensitzt. Man müsse vor der brisanten Rückrunde eben alle Aufmerksamkeit dem knallharten Überlebenskampf widmen, so der HSV-Boss. Er sagte sinngemäß, seine Personalie wäre ein „Nebenkriegsschauplatz“ geworden, wenn sie nicht so frühzeitig geklärt worden wäre.

Das muss man sich mal reinziehen!

Der Mann, der hier den Hut auf hat, sagt das über sich selbst. Anstatt dem ganzen Verein vorzuleben, dass es jetzt für alle – vom Vorstandsboss bis zum Rasenmäher - zuallererst darauf ankommt, endlich seine Bringschuld zu erfüllen, Leistung und entsprechend Erfolge abzuliefern. Stattdessen sei es wichtig, seinen Vertrag zu verlängern. Frei nach dem Motto: Erst die Belohnung, dann kommt schon der Erfolg?

Nein, das kann ich nicht verstehen. Schlimmer noch. Das ist für mich genau das, was diesen HSV immer wieder zurückwirft: Hier sprechen öffentlich alle immer wieder von Bescheidenheit, Demut und von all dem Zeug, das die Fans gerade hören und lesen wollen. Gehandelt wird dennoch anders. Denn wie gesagt, der Klub steht über allem und allen – nur nicht über mir selbst. Und das Leistungsprinzip ist gerade im Profisport natürlich das wichtigste und höchste Gut – nur nicht an sich selbst angelegt. Dementsprechend darf sich auch niemand wundern, wenn die Protagonisten auf dem Platz für ihren Verbleib in Hamburg mehr Lohn verlangen. Denn wie heißt es schön? „Wie der Herr, so’s Gescherr...“

Nein, die Vertragsverlängerung von Heribert Bruchhagen hat für mich zu diesem Zeitpunkt einen Beigeschmack. Denn wenn man sich intern so einig ist, dass alles gut ist und man weiter zusammenarbeiten will (zumal Bruchhagen die einseitige Option zur Verlängerung hat!), dann hätte gerade er als Oberhaupt dieses HSV sagen müssen: „Okay, dann messe ich mich selbst an der Rückrunde. Dann warten wir ab, wie die Rückrunde verläuft und ob ich meine Aufgabe erfolgreich gestalten kann. Danach entscheiden wir dann gemeinsam und in aller Ruhe.“ Allein damit hätte er den bevorstehenden Vertragsgesprächen eine Richtung mitgegeben, die Sportchef Jens Todt und Co. sehr hätte helfen können. Vor allem aber hätte er allen signalisiert, dass der Verein wirklich wichtiger ist als jeder einzelne – sogar wichtiger als eben der wichtigste Mann im Klub...

„Wäre, wäre, Fahrradkette“ würde Lothar Matthäus jetzt sagen, denn es kam mal wieder anders. Nun ist es so und der HSV verkauft es als Konstanz. Und dagegen kann man ja hier nichts haben, oder? Ich schon...

Gar nichts habe ich indes gegen Gegenkandidaten. Egal auf welcher Position, wenn es mehrere Optionen gibt, ist das grundsätzlich erst einmal gut. Auch wenn es alte Bekannte sind wie jetzt Bernd Hoffmann, der für den Posten des e.V.-Präsidenten antreten will. Er ist eigentlich auch die logische Konsequenz der Inkonsequenz aller seiner Nachfolger. Denn die haben es im Gegensatz zu ihm geschafft, den HSV in eine Abhängigkeit zu einem Mäzen zu bringen, dem er damals – so galt es zumindest lange Zeit – mit seinem „Hoch3“-Konstrukt ein sehr kreativ Geld aus der Tasche gezogen hat, ohne dass der HSV dafür bluten musste. Er hat Kühne die Stirn geboten und gilt als Hardliner, als harter Geschäftsmann, der dem Erfolg alles unterordnet.

Also als genau das, was man hier seit vielen Jahren nicht mehr gehabt hat. Weder im Vorstand noch im Aufsichtsrat. Insofern ist sein Comeback nichts anderes als eine Blüte, die der HSV über Jahre mit sehr viel Missmanagement auf allen Ebenen selbst getrieben hat. Wer sich also darüber ärgert, dass Bernd Hoffmann seine Kandidatur erwägt, der sollte weniger ihn dafür verantwortlich machen, als die Gernandts, Jarchows, Kreuzers, Beiersdorfers, Ertels und jetzt auch Todts und Bruchhagens dieses Klubs. Gestern hatten mich meine Kollegen von Hamburg1 dazu befragt – und ich habe mich noch ein wenig zurückgehalten.

http://www.hamburg1.de/nachrichten/34027/Das_HSV_Comeback_des_Jahres.html

Aber ehrlich gesagt sehe ich gar keinen Grund dazu...

 

In diesem Sinne, das war es fürs Erste. Vielleicht ja noch mal bis später, sofern sich heute noch etwas tut.

Scholle

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