Marcus Scholz

14. August 2018

Die To-Do-Liste von Sportvorstand Ralf Becker ist nie leer. Logisch. Denn Kaderplanungen haben nie Pause. Parallel zu den Planungen für diese Saison laufen schon Vorbereitungen zur neuen Saison und auch für die Winterpause. „Es sind viele Konjunktive im Spiel“, sagte Becker zu Beginn seiner Zeit beim HSV. Damals hatte er die Aufgabe zu übernommen, die vor ihm verschiedene Sportchefs nicht zu meistern wussten. Teure Spieler verkaufen und günstig Spieler dazuholen. Als erster HSV-Verantwortlicher überhaupt musste er dabei eine aufstiegsfähige Zweitligamannschaft planen und dabei von Beginn an auf die Unterstützung von Klaus Michael Kühne verzichten.

Heute, 77 Tage später, hat Becker seine Liste zu großen Teilen abgearbeitet. Und sobald Filip Kostic erwartungsgemäß den HSV verlässt, hätte seine erste Mission erfüllt. Denn heute verabschiedete sich Albin Ekdal endgültig. Der defensive Mittelfeldspieler wechselt wie erwartet zu Sampdoria Genua. Der HSV erhält für den Schweden eine Ablösesumme von 2,2 Millionen Euro plus möglicher Bonuszahlungen. In der schwedischen Tageszeitung „Expressen“ spricht Ekdal bereits über seinen Wechsel nach Italien: „Ich bin sehr glücklich, wieder in der Serie A zu spielen. Ich freue mich auf eine neue Saison und fühle mich sehr motiviert. Ich sehne mich nach diesem neuen Abenteuer. Danke an Sampdoria für diese Gelegenheit. Ein großes Dankeschön auch an den HSV und alle im Verein, die mich immer gut behandelt haben. Die Unterstützung der Fans war fantastisch.“

Nette Worte des Schweden, der dem HSV bereits im Mai mitgeteilt hatte, erstklassig bleiben und demnach den Verein verlassen zu wollen. Ebenso wie Filip Kostic damals. Der Serbe, der wie Ekdal mit guten Leistungen bei der WM auf sich aufmerksam machen wollte, hatte früh lose Anfragen vorliegen. Immer dabei: der VfL Wolfsburg mit Trainer Bruno Labbadia. Das Problem an der Sache für den HSV: Man ließ Kostic erst einmal sondieren. Bis heute. Denn nachdem Kostic aus der verlängerten Sommerpause zurück ist und sich gegen Sandhausen weigerte, mitzureisen, steht fest, dass eine Entscheidung her muss. Schnell.

Und deshalb macht Becker Druck. „In dem Moment, in dem er sagt, dass er nicht mehr für uns spielen kann, ändert sich die Ausgangslage natürlich gravierend. Dann brauchen wir eine rasche Entscheidung. Und dann ist es jetzt an ihm und seinen Beratern, eine Lösung zu präsentieren.“ Soll heißen: Bis zum Ligaspiel gegen Bielefeld erwartet der HSV vom Linksfuß eine Lösung. Am Freitag schließt nach dem englischen auch das Transferfenster in Italien. Von dort und aus der Bundesliga – wer das wohl ist...? – gibt es Interesse an dem Serben. Und so, wie ich Becker in dieser Transferperiode kennengelernt habe, wird sich auch seine letzte offene Baustelle sehr bald gelöst haben.

Entscheidend ist aber nicht allein, wer alles gegangen und wer gekommen ist. Letztlich geht es darum, Überschüsse zu erwirtschaften. Acht externe Zugänge hat sich Becker angeln können. Zwei davon auf Leihbasis (Mangala, Lacroix). Allein Khaled Narey hat Ablöse (1,7 Millionen Euro) gekostet, während die 15 abgegebenen Spieler knapp 18 Millionen Euro eingebracht haben - Kostic noch nicht mitgerechnet. Dass dabei Verlustgeschäfte gemacht wurden (wenn man gezahlte Ablöse gegen Erhaltene rechnet), logisch. Das ist zweifelsfrei ein „Verdienst“ der sportlich Verantwortlichen vor Becker. Walace, (-3 Mio.), Hahn (-3 Mio.) Ekdal (-2,3 Mio),Mathenia (-300.000), Mavrai (-300.000 Abfindung) und natürlich die Spieler, die man von der Gehaltsliste bekommen wollte wie Alen Halilovic (-4,5 Mio) und Batuhan Altintas (-300.000). 13,7 Millionen Euro Minus macht das in Summe. Die Spieler, die zwar Ablöse gekostet haben aber deren Verträge ausliefen und sie ablösefrei wechseln ließen nicht mit einberechnet.

Dazu kommt, dass ein Teil dieser Gelder (auch die ersten 12 Millionen bei einem Verkauf Kostics) an Anteilseigner Klaus Michael Kühne zurückgezahlt werden sollen. Zumindest hatte das Kühnes Büro vor einigen Wochen mitteilen lassen. Inzwischen hat sich das offenbar geändert: „Herr Kühne steht mit der HSV Fußball AG im Dialog und ist zuversichtlich, dass eine Regelung gefunden wird, die den wohlverstandenen Interessen aller Beteiligten gerecht wird“, ließ das Büro Kühnes auf schriftliche Nachfrage des Abendblatts ausrichten. Klingt gut.

Insofern kann man die Zahlen deuten, wie man es für richtig hält. Ich behaupte, dass Becker einen guten Job gemacht hat. Er hat die teuren und nicht mehr gebrauchten Spieler abgegeben und das Gehaltsniveau der Neuen sowie bei den Vertragsverlängerungen dem sportlichen Umfeld angepasst. Einzig bei Pierre Michel Lasogga war früh klar, dass dieser wohl ob seines Mondgehaltes von knapp vier Millionen Euro im Jahr nicht anderweitig unterzubringen war. Insofern würde die Abgabe von Kostic Beckers Liste auf der Abgabenseite ebenso komplettieren, wie es Lacroix auf der Seite der benötigten Zugänge letzte Woche gemacht hat. Zeit für Urlaub? „Sicher nicht“, lacht Becker, „vor Dezember sicher nicht. Es gibt noch viel vorzubereiten und nachzuarbeiten.“

Wobei, wenn ich schon über Transfers schreibe, noch eine beachtliche Nachricht von Batuhan Altintas, den man in seiner Wirkung beim HSV zweifelsfrei als fehleinkauf bezeichnen muss. Von Thomas von Heesen einst hoch angepriesen, brachte es der Angreifer auf 26 Einsatzminuten in der Bundesliga. Dennoch wählte der junge Türke heute erstaunliche Worte zum Abschied. Via soziale Medien schrieb er:

In Hamburg sagt man Tschüss....

... aber ich sage, wir sehen uns wieder. Mit einem weinendem Auge muss ich leider erst einmal Tschüss sagen. Mein HSV war der richtige Verein zur falschen Zeit. Leider habe ich mich nie so zeigen können wie ich bin. Leider konnte ich meinen Beastmode nur selten einsetzen, aber ich bin immer positiv eingestellt und sage jetzt Tschüss und werde alles dafür tun irgendwann wieder Hallo sagen zu dürfen. Ich werde die Raute immer in mir tragen, egal wo ich bin. Immer wenn ich das Trikot anziehen durfte, hatte ich eine Gänsehaut. Ich kann euch nicht beschreiben wie es sich angefühlt hat Tore für unseren HSV zu schießen. Pure Liebe! Ich möchte mich bei Euch allen für den Support bedanken. Auch wenn ich nicht allen Mails und Posts geantwortet habe (ich werde es nachholen!), haben mich alle Nachrichten immer aufgebaut an mir zu arbeiten. Ihr seid die Besten Fans die sich eine Mannschaft wünschen kann! Ich werde zurück kommen in die schönste Stadt der Welt. Nur der HSV! Beastmode_2.0_HSV

One Love, Batuhan

Währenddessen bereiten sich beim HSV alle auf das Testspiel gegen den FC Bayern vor. Trainer Christian Titz wird dabei zur Halbzeit fast komplett wechseln. Zumindest ist das der Plan. Heute gab es zudem Entwarnung bei Fiete Arp, der morgen spielen kann. „Wir reuen uns auf die Partie und werden sie genießen“, hatte uns Co-Trainer André Kilian gestern in der Sendung gesagt. Dass man „abgeschossen“ und mit einer hohen Niederlage das frisch gewonnene Selbstvertrauen einbüßt, glaubt er nicht. Wissend, dass diese Gefahr durchaus besteht. Zumindest hat das Supercup-Finale gezeigt, dass der FC Bayern nichts an seiner brutalen Überlegenheit eingebüßt hat. Und Fakt ist auch: Aus sportlicher Sicht macht dieser Test nur sehr wenig Sinn. Hier geht es allein um die Einnahmen. Und ich hoffe, dieser Wunsch wird sportlich nicht zum Boomerang.

 

Apropos Klian: Der Cotrainer von Christian Titz stand uns gestern eine Stunde lang Rede und Antwort. Wer die Sendung nicht gesehen hat, hier ist sie noch einmal:

Und dann noch ein paar Worte in eigener Sache: Mein Kompagnon Kevin hatte gestern die Regie und hat das fürs erste Mal hervorragend gelöst. Danke dafür, Kevin!! Dass dabei noch ein paar Kinderkrankheiten auftreten – ein Funk-Mikro war beispielsweise defekt – logisch. Aber das werden wir das nächste Mal sicher besser lösen können. Und darauf freue ich mich. Denn wir werden uns immer einen Tag nach dem jeweiligen HSV-Spiel bei Euch melden. Das Neue daran: Wer dachte, der Abstieg würde unser Engagement abschwächen, hat sich geirrt. Das Gegenteil ist der Fall, denn wir melden uns künftig auch nach den Heimspielen. Dabei werden wir auch die Interaktion mit Euch von Woche zu Woche weiter ausbauen wollen. Soll heißen: Ihr stellt Fragen an die Protagonisten der Sendung via Blog, Facebook und/oder Twitter, und wir geben sie an die jeweiligen Gäste weiter. Sicher nie alle, das ging auch gestern nicht. Aber immer ein paar.

In diesem Sinne, bis morgen! Da melde ich mich live vom Spielfeldrand via Sport1 um 17.20 Uhr. Knapp 20 Minuten nach Schlusspfiff melde ich  mich dann erst mit dem Blog zum Spiel, ehe es noch mal zum übertragenden Sender Sport1 an den Spielfeldrand geht.

Bis dahin!

Scholle 

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