Marcus Scholz

23. September 2018

„Mein Hamburg lieb’ ich sehr“, stimmten die HSV-Fans in der 83. Minute lautstark an und feierten ihren HSV - obgleich es heute aber mal so gar nichts zu feiern gab. „Große Klasse von unseren Fans“ twitterte der HSV in diesem Moment - und das stimmte. Denn dieses 0:5 ging gegen den SSV Jahn Regensburg zeigte noch einmal deutlichst auf, was alles noch nicht stimmt und wie fragil diese Mannschaft trotz vier Siegen in Folge ebnen doch noch ist. Insbesondere defensiv. Mit Pfiffen wurde die Mannschaft von Trainer bei Abpfiff bedacht - um dann bei der „Ehrenrunde“ doch wieder zu applaudieren. Dabei waren die Unmutsbekundungen nach diesem denkwürdigen Debakel angebracht, obgleich man weiterhin als Tabellenzweiter auf einem Aufstiegsplatz rangiert.

Es gab personell viele offene Fragen vor diesem Spiel. Spielt Hunt? Wie wird sonst rotiert? Und während die erste Frage schnell mit Ja beantwortet war, musste die Antwort auf die zweite Frage lauten: schlecht! Sechs Umstellungen gegenüber dem Spiel in Dresden gab es. Bates, Narey, Janjicic, Moritz, Vagnoman und Lasogga blieben zunächst draußen. Und zum Glück, wie ich zunächst fand, spielte zumindest Abwehrchef Rick van Drongelen in der Abwehrmitte. Denn der Niederländer begann aggressiv, versuchte, seine Mitspieler zu stellen - und musste hilflos mit ansehen, wie seine Mannschaft trotzdem mit 0:1 in Rückstand geriet. Gotoku Sakai spielte den Ball auf Torwart Julian Pollersbeck zurück, der Zeit genug hatte, um den Ball zu schlagen - das aber nicht tat. Stattdessen ging er unnötig ins Dribbling gegen Regensburgs Sarges Adamyan und vertendelte den Ball kurz vor dem Sechzehner. Die Nummer 23 der Regensburger lief allein aufs leere Tor zu und hatte keine Probleme, einzuschieben. Das 0:1. Aus dem Nichts. Und Wasser auf die Mühlen derer, die Titz einen Strick aus seinem hohen Torwartspiel drehen wollen.

Erwähnt sei bis hierher, dass der HSV zwar wie immer mehr vom Spiel hatte, allerdings ohne echte Torchance in der Anfangsphase. Und: Regensburgs Aller hätte, nachdem er schon früh das erste Mal verwarnt worden war, in der 10. Minute mit Gelbrot vom Platz gemusst. Dass schnelle Ausführen eines Einwurfes verhinderte er, indem er einen Ball aufs Feld spielte. Allein Schiri Gräfe sah es anders (falsch!) und Regensburg konnte Saller noch schnell auswechseln (22.), bevor es zu spät war. Das wiederum schon beim Stand von 0:2. Wieder durch Adamyan. Der Torschütze zum 1:0 für Regensburg traf diesmal aus 13 Metern - wieder dank der HSV-Mithilfe, denn der Schuss wurde von Lacroix unglücklich und so unhaltbar für Pollersbeck abgefälscht. Das 0:2 in der 21. Minute.

Und der HSV reagierte, machte jetzt Druck. Auffällig: Immer, wenn sich Douglas Santos in die Offensive mit einschaltete (und auch gut bedient wurde), wurde es gefährlich (27., 31.). Allerdings fanden die Querpässe keinen Abnehmer in der Mitte. Lediglich eine Direktabnahme von Mangala, die am Tor vorbeiging, sprang dabei heraus. Kurzum: Der HSV blieb trotz der Einwechslung von Narey für Steinmann weitgehend ungefährlich und kam immer nur bis zum entscheidenden Pass - aber nicht weiter. Im Gegensatz zum Gast aus Regensburg, der hier brutal zuschlug. Nach einem Eckball verlor van Drongelen das Kopfballduell gegen Sörensen, dessen Ablage wieder Adamyan aus sechs Metern zum 3:0 für den SSV Jahn Regensburg einschob. Ein lupenreiner Hattrick für den schnellen Angreifer.

Und es war hammerhart, wie effektiv die Gäste hier ihre Möglichkeiten, die teilweise erst durch den HSV welche wurden, nutzten. Schlimmer war nur, wie der HSV dies zuließ. Und es wurde sogar noch schlimmer, weil der HSV nicht einmal einen geschenkten Foulelfmeter zu nutzen wusste. Hunt, der im Toraus „gefoult“ worden war, verschoss in der ihm eigenen lässigen Art (40.).  Und nachdem auch zwei  Minuten später ein Schuss von Hunt weder das Tor noch Mitspieler Narey fand (42.) ging es mit Pfiffen von den eigenen Fans in die Halbzeitpause. Ein ganz bitteres Spiel bis hierhin, das mal wieder demonstrierte, wie anfällig dieser HSV defensiv ist. Leo Lacroix … - obwohl, nein! Ich werde die Schuld bei so einem Spielverlauf nicht auf einen einzelnen laden. Dafür waren heute alle zusammen verantwortlich.

In der Halbzeitpause dürfte es beim HSV in der Kabine klare Worte gegeben haben. Und die waren auch zwingend nötig. Ebenso wie die Veränderung im Sturmzentrum, das der bei seiner Auswechslung  (79.) später von den eigenen Fans sogar ausgepfiffene Aaron Hunt nicht in Ansätzen ausfüllte - vor allem nicht als Vollstrecker. Also anders als Pierre Michel Lasogga. So hofften neben dem Trainer auch die 44.716 Zuschauer im Volksparkstadion, als der Toptorjäger des HSV zur zweiten Hälfte für den unfit wirkenden Lewis Holtby kam. Aber es verbesserte sich nichts. Im Gegenteil: Es fiel sogar das 0:4. Nachdem Adamyan in der 48. Minute den Pfosten getroffen hatte, hatte sein Teamkollege Marcel Correia fünf Minuten später keine Probleme, einen Freistoß aus dem Halbfeld in den Rücken der Abwehr einzuschieben. Hunt lief zwar neben ihm - aber kaum mehr als Staffage. Das 0:4 in der 53. Minute.

Die Entscheidung?

Ja. Mehr noch: Regensburg erhöhte in der 75. Minute auf 5:0. Jann George nutzte einen Konter und blieb  und animierte die knapp 1000 mitgereisten Anhänger zu ersten Schmähgesängen: „Einer geht noch - einer geht noch rein…“ Das passierte zum Glück nicht mehr. Aber es war auch so schon schlimm genug. In diesem Sinne, bis später. Dann mit ein paar Stimmen zum Spiel.

Scholle

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